Die Formel für Sieger: Souverän + Gelassen = Erfolg

Alles wird immer hektischer, fordernder, die Ziele immer ehrgeiziger. Wir müssen ständig Vollgas geben, der Leistungsdruck steigt unaufhaltsam, der Erfolgsstress tobt. Neulich sagte ein Manager: „Ich bin doch kein Zehnkämpfer bei der Olympiade! Diesen Erfolgsdruck hält kein Mensch aus!“ Gutes Argument. Stellen wir es auf den Kopf.

Fit wie ein Olympionike

Wie wird eigentlich ein Spitzensportler mit diesem Druck fertig? Und erzielt dabei noch Spitzenleistung? Ist er einfach nur voll durchtrainiert? Ja, aber eben nicht nur physisch. Er ist auch mental Spitzensportler.

Bestes Beispiel sind die Biathleten. Das sind jene Spitzensportler, die mit rasendem Puls auf ihren Langlaufskiern in den Schiessstand rauschen, völlig ausser Atem, am Ende ihrer Kräfte – und doch ziehen sie fünf Sekunden später absolut ruhig, souverän und gelassen den Abzug durch und treffen fünfmal ins Schwarze. Klingt wie das Anforderungsprofil eines Managers oder Arztes, einer Mutter, eines Lehrers…diese Trefferzahl schaffen jedoch mehr Biathleten als Manager. Was können Biathleten besser?

Spitzenmanager trainieren wie Spitzenathleten

Champions aller Sportarten sind nicht nur körperlich, sie sind auch mental fit.

Ein Champion kann noch so gestresst, ausser Atem und am Ende seiner Kräfte sein – in wenigen Sekunden holt er seinen Puls von der Zimmerdecke, kriegt den Stress in den Griff, schöpft neue Energie und stellt seinen Fokus scharf. Wenn er dann abdrückt, trifft er. Weil er nicht hektisch und gestresst agiert, sondern souverän und gelassen. Das ist die Formel für Erfolg.

Wo der Laie irrt

Der Stress-Laie meint: „Wenn ich Erfolg habe, werde ich souverän und gelassen!“ Das ist ein Irrtum. Dann müsste ein Olympionike erst Olympia gewinnen, um gelassen genug zu sein, damit er Olympia gewinnt – das ist offensichtlicher Unfug. Es ist umgekehrt: Wer die Nerven verliert, verliert. Wer souverän bleibt, gewinnt. Wer von vornherein souverän und gelassen bleibt, trifft eher und besser – fragen Sie jeden Elfmeterschützen. Er muss vor dem Schuss ruhig Blut bewahren – hinterher bringt das nichts. Die Kunst liegt darin, es vor dem Schuss zu sein. Das kann man trainieren und das trainieren zum Beispiel auch die NBA-Strafwurfschützen. Wie?

Autosuggestion hilft nicht wirklich

Wenn die Nerven flattern, wenn es darauf ankommt, sagen sich viele Menschen: „Ganz ruhig bleiben! Du packst das!“ Vielleicht haben Sie es auch schon bemerkt: Das kann man sich hundert Mal sagen, das hilft nur wenig oder überhaupt nicht. Wenn das funktionieren würde, könnte jede(r) Olympiasieger werden. Wenn es nicht funktioniert, schieben wir die Schuld meist auf uns: „Ich mache das noch nicht richtig!“ Anstatt zu erkennen: Dieses Rezept kann nicht funktionieren. Es ist ein Verlierer-Rezept. Spitzensportler haben das erkannt.


Souverän und gelassen. Das ist die Formel für Erfolg. (Bild: © g-stockstudio – shutterstock.com)

Was Sieger tun

Der Biathlon-Olympiasieger sagt sich vor dem letzten, entscheidenden Schiessen nicht „Du schaffst das!“. Was macht er dann? Wenn Sie genau hinschauen, können Sie das am Fernsehbildschirm erkennen, vor allem bei Wintersportarten: Er atmet. Nicht ein, sondern vor allem aus. Das ist das berühmte „Schschsch“, das aktive Ausstossen des Atems im Vorstartzustand. Ohne jetzt die physiologischen Wirkzusammenhänge zu strapazieren: Beim Einatmen schaltet sich der Sympathikus, der „Stressnerv“ ein, beim tiefen Ausatmen wird der Parasympathikus, der Nerv für Gelassenheit und Souveränität aktiviert. Wer genau in sich reinhört, merkt, wie sich beim bewussten, tiefen Ausatmen der Körper entspannt. Diese unbewusste Reaktion unterstützen Champions bewusst.

Bewusstes Loslassen

Loslassen funktioniert nicht oder nicht gut, wenn man sich das autosuggestiv vorsagt: „Lass einfach los!“ Es funktioniert jedoch tadellos, wenn Sie es sich vorsagen, während Sie tief ausatmen. Oft können Sie auch das im TV sehen: Atmet der Athlet zum Beispiel beim stehenden Anschlag aus, senken sich seine Schultern. Das macht er bewusst: Ausatmen, Loslassen. Natürlich nur jene Muskeln, die er nicht zum Schuss braucht. Das ist der Unterschied zwischen Hochleistern und Amateuren: Der Amateur ist im Wettkampf am ganzen Körper angespannt, behindert sich so selbst und verliert ungeheuer schnell Energie. Der Champion spannt nur das an, was angespannt sein muss – zum Beispiel den Finger am Abzug. Alles andere bleibt locker. So ist das auch im Business.

Gezielt loslassen

Da muss meine Konzentration auf den Deal, den schwierigen Kunden, das Projekt, die Aufgabe „angespannt“ sein – und nicht mein ganzer Körper und mein Geist. Diese gezielte Anspannung schaffe ich nur, wenn ich die ganzen anderen An- und Verspannungen wegen Zweifeln, Ängste und Sorgen gezielt loslassen kann. Indem ich bewusst und tief ausatme. Und dabei alle gedanklichen und körperlichen Verkrampfungen bewusst loslasse. Immer wieder. So oft bis sich die gewünschte Wirkung einstellt. In einem Führungskräftetraining fragte einmal ein Teilnehmer in die Runde: „Wie lange schafft ihr die Konzentration auf Atmung und Loslassen? 20 Minuten, 40, 50 pro Stunde?“ Worauf ein erfahrener Manager sagte: „60. Denn wenn ich auch nur eine Minute zu atmen vergesse, verkrampfe ich – und das merken meine Verhandlungspartner. Die warten nur darauf!“


Beruhigt sich der Körper, beruhigt sich der Geist. (Bild: © sportler-J. Quendag – shutterstock.com)

Embodiment

Was die Champions da machen, ist nicht nur eine Technik. Da steht eine ganze Methode dahinter: Embodiment. Sie sagt: Einen gestressten Geist können wir nicht mit demselben Geist zur Ruhe bringen – denn er ist ja gestresst. Sehr viel schneller und leichter gelingt das über den Körper. Beruhigt sich der Körper, beruhigt sich der Geist. Das bekannteste Beispiel für dieses Wirkprinzip ist die Becker-Faust: Nach dem erfolgreichen Ballwechsel triumphierend die Faust geballt – und schon ist der Geist bereit und auf Trab gebracht für einen 220 km/h-Aufschlag. Diese Methode ist so einfach, dass sie einen Haken haben muss.

Der Haken

Viele Manager sagen mir: „Och, das weiss ich doch alles schon!“ Und dann ertappe ich sie doch wieder in Situationen, wo sie die Nerven verlieren. Warum? Weil es nicht reicht, wenn man weiss, wie Embodiment funktioniert. Genauso wenig reicht es, zu wissen, dass man fünfmal ins Schwarze treffen muss. Jeder Olympionike weiss: Wissen ist nichts, Training ist alles. Spitzensportler trainieren das stundenlang. Nicht nur das Schiessen, Springen oder Fahren, sondern auch das Ausatmen und Loslassen davor. Deshalb heisst es auch Mentales Training und nicht Mentales Wissen. Dieser feine Unterschied ist inzwischen auch im Management angekommen. Einige Spitzenmanager trainieren neuerdings so wie Spitzenathleten. Ob man mit oder ohne Trainer, mit einem Buch, im Internet oder mit App trainiert, ist dabei nicht so wichtig. Hauptsache, Sie trainieren: Training macht den Champion.

 

Oberstes Bild: © rangizzz – shutterstock.com

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Mehr zu Matthias Wölkner

Matthias Wölkner macht Manager, Unternehmer, Führungskräfte und ihre Mitarbeiter sozusagen „Olympia-fit“, indem er sie in die Kunst der Gelassenheit und Souveränität einweist. Früher selber Topmanager auf Geschäftsführungsebene ist er heute der Coach, der den Menschen und Organisationen hilft, Dauerhöchstleistung zu bringen, ohne vor die Wand zu fahren.

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