Steuerrulings – "Teufelswerk" oder legitime Steuerplanung?

In den letzten Wochen war in den Medien einiges über die Ammann-Affäre zu lesen. Es ging um die Firma des heutigen Bundesrates Johann Schneider-Ammann, die rund CHF 250 Mio. steuergünstig in Offshore-Finanzplätzen parkiert haben soll. Soweit wir den Fall aus den Medien kennen, war die gewählte Konstruktion nicht nur legal, sondern auch in Form eines Rulings mit den Berner Steuerbehörden abgesprochen.

Und nun beginnt die Polemik: Aus linker Seite sind laute Rücktrittsforderungen zu hören, der Bundesrat ist „untragbar“ geworden, weil er es nicht nur gewagt hat, seine legalen Möglichkeiten zur Steueroptimierung zu nutzen, sondern sich vorher sogar noch bei den Steuerbehörde vergewissert hat, dass diese sein Rechtsverständnis teilen. Dabei kamen auch gleich Steuerrulings generell unter Beschuss, und am besten würde man dieses „Teufelswerk“ der Reichen und ihrer Treuhänder und Steueranwälte gleich ganz verbieten. Auf der Strecke blieb leider oft die Frage, was ein Steuerruling überhaupt ist, welche Möglichkeiten es bietet und wo seine Grenzen sind. Diese möchten wir hier beantworten.

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Was ist ein Steuerruling und wozu dient es?
Ein Steuerruling, auch Vorbescheid genannt,  ist eine vorgängig eingeholte verbindliche Auskunft der zuständigen Steuerbehörde, wie diese einen – in der Regel besonders komplexen oder nicht eindeutig zu beurteilenden – Sachverhalt steuerlich behandeln wird. Es dient dazu, dem Steuerpflichtigen Rechtssicherheit zu verschaffen und einen Konsens mit der Steuerbehörde zu finden, bevor dieser das Geschäft tatsächlich abschliesst und damit Kosten und Risiken eingeht ohne die Steuerfolgen genau zu kennen.

Was kann mit einem Steuerruling geregelt werden?
Im Prinzip kann alles, was im Rahmen der Steuererklärung und Veranlagung beurteilt werden muss, vorgängig in einem Ruling geregelt werden. Sehr häufig werden Verrechnungspreise zwischen Nahestehenden, also z.B. verschiedenen Gruppen­gesellschaften eines Konzerns, mit einem Ruling abgesichert. Daneben werden Steuerrulings oft bei Unternehmensverkäufen, Fusionen, und sonstigen Umstrukturierungen, aber auch für komplexe Liegenschaftsgeschäfte eingeholt. Bei diesen Geschäften geht es oft um grosse Beträge, und nach Abschluss ist dieses kaum mehr rückgängig zu machen.

Entsprechend besteht ein grosses Bedürfnis nach Rechtssicherheit. Es ist aber durchaus auch möglich, die Akzeptanz eines geschäftlichen Sportwagens zu Repräsentationszwecken und die korrekte Abrechnung von dessen Privatnutzung zum Thema eines Rulings zu machen. Zu den exotischeren Rulings, die wir für unsere Kunden abschliessen durften, gehörte die steuerliche Behandlung von Schadenersatzzahlungen aus einem Aktionärsstreit. Überall dort, wo Sie grössere Verpflichtungen eingehen und die steuerliche Behandlung nicht ganz klar ist, kann ein Ruling weiterhelfen. Keinen Sinn machen Steuerrulings aber bei Routinegeschäften, deren Steuerfolgen klar sind oder deren Tragweite klein ist.

Wie wird ein Steuerruling abgeschlossen?
In der Schweiz sind Steuerrulings sehr einfach und vor allem auch kostengünstig erhältlich, von Seite der Steuerverwaltung sogar ohne Gebühren. Im einfachsten Fall kann bereits eine schriftliche Anfrage an die Steuerverwaltung mit detaillierter Schilderung der konkreten Situation und Bitte um Auskunft zur steuerlichen Behandlung zu einer verbindlichen Antwort und damit zu einem Steuerruling führen. In professionell erarbeiten Rulinganfragen schildern wir zudem unsere eigene steuerliche Würdigung und die dahinter stehenden Überlegungen. Das spart der Steuerbehörde Arbeit, und wenn sie sich der steuerlichen Sichtweise anschliessen kann, wird die Anfrage mit Einverstanden abgestempelt und zurückgeschickt.


In der Schweiz sind Steuerrulings kostengünstig erhältlich (Bild: © rangizzz – shutterstock.com)

Kann ich in einem Steuerruling besondere Vorteile vereinbaren, die ohne Ruling illegal wären?
Entgegen der teilweise in den Medien verbreiteten Sicht ist die Antwort klar nein. Die Steuerbehörden sind bei der Beurteilung von Rulings an die gleichen Gesetze, Verordnungen und internen Weisungen gebunden wie bei der regulären Veranlagung, in der sie die im Ruling angefragten Sachverhalte ohnehin beurteilen müssten. Auch allgemeine rechtliche Prinzipien wie das Gebot der Gleichbehandlung und das Willkürverbot gelten uneingeschränkt auch für Steuerrulings. Selbstverständlich können die im Gesetz vorgesehenen Steuerprivilegien, z.B. die Besteuerung als Holding oder Domizilgesellschaft oder die privilegierte Dividendenbesteuerung, auch Teil eines Rulings sein, diese können jedoch ebenso auch ohne Ruling beansprucht werden.

Wie weit kann ich mich auf die getroffene Vereinbarung verlassen?
Sinn und Zweck von Steuerrulings ist, dass Sie als Steuerpflichtiger sich auf die Auskunft verlassen können. Dennoch sind ein paar Bedingungen für eine verbindliche Auskunft zu erfüllen: So muss die Anfrage einen konkreten Sachverhalt detailliert beschrieben und alle zur Beurteilung relevanten Fakten vollständig offenlegen, und auch die sich stellenden steuerlichen Fragestellungen müssen klar benannt werden. Ebenso müssen die betroffenen Steuerpflichtigen offengelegt werden. Anonyme Anfragen für eine nicht genannte Drittpartei sind, so sie denn überhaupt beantwortet werden, nicht bindend.

Auch nicht zulässig ist die Anfrage von Varianten, aus denen die Steuerverwaltung die steuergünstigste auswählen soll. Nach dem Ruling muss das geplante Vorhaben genauso umgesetzt werden wie in der Anfrage beschrieben. Wird davon in wesentlichen Punkte abgewichen, ist das Ruling nicht mehr bindend. Schliesslich bezieht sich ein Steuerruling immer auf die bei der Anfrage aktuelle Rechtslage. Bei späteren Gesetzesänderungen gehen diese den Auskünften im Ruling vor. Etwas komplexer ist die Situation, wenn der Steuerpflichtige korrekt anfrägt, aber die Steuerverwaltung sich irrt und eine unrichtige Auskunft gibt. Auch in diesem Fall gilt meist der Vertrauensschutz, allerdings sind hier ein paar zusätzliche Kriterien zu erfüllen.

Kennen auch andere Länder Steuerrulings?
Die Schweiz gehört sicher zu den Ländern, in denen Steuerrulings am einfachsten und kostengünstigsten erhältlich sind. Entsprechend weit verbreitet sind sie bei uns. Die Steuerbehörden vieler Länder, so z.B. Deutschland, sind überhaupt nicht bereit, steuerliche Sachverhalte im Voraus zu verbindlich zu beurteilen. Andere Länder wiederum kennen zwar Steuerrulings, aber die Hürden und Kosten dafür sind fast prohibitiv hoch und kommen wenn überhaupt nur für Grosskonzerne in Frage. In einem Fall sprachen unsere amerikanischen Partner von Gebühren ab USD 50‘000, damit die US-Steuerbehörde eine Anfrage zu Verrechnungspreisen zwischen schweizerischer Muttergesellschaft und US-Tochter überhaupt anschaut. Wenn keine Steuerrulings verfügbar sind, dann bleibt einem Steuerpflichtigen nur die Möglichkeit, von seinem Steuerberater für viel Geld umfangreiche Analysen und Dokumentationen erstellen zu lassen, um die getroffenen Entscheidungen falls nötig vor Gericht verteidigen zu können.

Soweit es um Verrechnungspreise zwischen Nahestehenden geht, gehören dazu sogenannte Benchmarkstudien, in denen recherchiert wird, welche Preise andere Unternehmen in vergleichbaren Situationen anwenden. Die dafür notwendigen spezialisierten Datenbanken sind extrem teuer. Anstelle der Absprache mit den Steuerbehörden, und damit der Rechtssicherheit, tritt die Möglichkeit, bei Fehlentscheiden den Steuerberater zur Verantwortung zu ziehen. Dieser wiederum sichert sich ab, indem er sich nicht auf die Äste herauslässt und nur von extremer Vorsicht geprägte, meist unkreative Lösungen vorschlägt und diese mit seitenlangen Haftungsausschlüssen versieht.

Fazit
Steuerrulings sind überhaupt kein „Teufelswerk“, und schon gar keine Möglichkeit, sich illegale Steuervorteile zulasten der Allgemeinheit zu verschaffen. Die einfache Verfügbarkeit von Rulings ist aber ein entscheidender Standortfaktor für die Schweiz und trägt massgeblich zur Rechtsicherheit und Verlässlichkeit, und zu einem konstruktiven und entspannten Umgang zwischen Steuerpflichtigen und Steuerbehörden bei. Und selbst wenn sich die Steuerbehörde im Einzelfall irrt und sich der Steuerpflichtige auf eine falsche Auskunft verlassen durfte, dann ist dies weder verwerflich noch ein Grund, Steuerrulings allgemein in Frage zu stellen.

Falls Sie bei Ihren unternehmerischen Plänen auf steuerliche Unsicherheiten stossen, dann sind Steuerrulings eine gute Möglichkeit, sich frühzeitig Gewissheit zu verschaffen. Gerne sind wir Ihnen dabei behilflich.

 

Artikel von: artax Fide Consult AG / Mitglied von Morison International / www.artax.ch

Autoren:

lic.rer.pol. Urs Fischer
Treuhänder / MWST-Spezialist STS
Zugelassener Revisor RAB

Michael Hasler
Treuhänder mit eidg. FA
Zugelassener Revisionsexperte RAB

Oberstes Bild: © Andrey_Popov – shutterstock.com

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Urs Fischer (Foto) ist MWST-Spezialist STS, Lohnadministrator STS und zugelassener Revisor RAB. Zu seinen fachlichen Schwerpunkten gehören die Steuern natürlicher und juristischer Personen mit internationalem Bezug sowie die Mehrwertsteuer.

Michael Hasler ist zugelassener Revisionsexperte RAB und in der artax Ansprechpartner für Steuern (Schwerpunkt internationale Steuern natürlicher Personen und Quellenbesteuerung), Revisionen und Konsolidierungen.

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