Frauen in Führungspositionen - nach wie vor auf einer Minderheitenposition

In Bezug auf Frauen in Führungspositionen sprechen die Statistiken eine klare Sprache – sie belegen bisher nur eine Minderheitenposition. In einer internationalen Studie in 28 europäischen Ländern kam die Schweiz mit 25 Prozent Frauenanteil in den Chefetagen auf den 25. Platz. Schlusslichter der Erhebung sind mit 20 respektive 19 Prozent Deutschland und die Niederlande.

Unstrittig ist, dass sich Unternehmen einen derart niedrigen Frauenanteil im Management auf Dauer nicht mehr leisten können. Für die Schweiz wird angesichts der demografischen Entwicklung ab 2015 bereits ein akuter Fach- und Führungskräftemangel prognostiziert. Eine andere Frage ist die von vielen – auch von vielen qualifizierten Frauen – ungeliebte Frauenquote, die bis 2020 zumindest in bundesnahen Unternehmen den Anteil von Frauen in den Verwaltungsräten auf 30 Prozent erhöhen soll.

Weit spannender ist, warum Frauen bisher mehrheitlich an der „gläsernen Decke“ auf dem Weg nach oben scheitern und was sie selber dafür tun können, um eine Spitzenposition zu erreichen.

Für Beförderungen müssen Frauen mehr leisten als Männer

Dass in den Chefetagen bis auf Weiteres die Männer dominieren, hat mehr als einen Grund. Von Politik und Öffentlichkeit wird vor allem kritisiert, dass sich Familie und ein fordernder Beruf meist nur schwer verbinden lassen. Die Karriere-Experten empfehlen Frauen, sich bereits bei der Wahl des Studiums verstärkt für wirtschaftsnahe oder ingenieurwissenschaftliche Fächer zu entscheiden. Auch die Personalentscheider in den Unternehmen stehen immer öfter in der öffentlichen Kritik, da viele von ihnen im Einstellungsverfahren Männern nach wie vor den Vorzug geben.

So berechtigt diese Argumente sind – Tatsache ist auch, dass Frauen, die diese Hürden nehmen, es in den meisten Branchen schwerer haben, es auf eine Top-Management-Position zu schaffen. In der Regel müssen sie für Beförderungen deutlich mehr tun als ein Mann. Die New Yorker Organisationspsychologin Karen Lyness hat dies vor einigen Jahren in einer Langzeitstudie auch wissenschaftlich nachgewiesen.

Dafür begleitete sie knapp 500 Managerinnen und Manager eines US-amerikanischen Finanzkonzern in ihrer beruflichen Karriere, analysierte die schriftlichen Leistungsbewertungen der Probanden und vor allem, welchen Einfluss diese auf Beförderungen hatten. Ihr Fazit: Frauen, die befördert worden waren, hatten zuvor deutlich bessere Bewertungen bekommen als ihre männlichen Kollegen für vergleichbare Karriereschritte brauchten. Für eine Stufe auf der Karriereleiter mussten sie also mehr leisten als ein Mann.

Falsche Bescheidenheit und männerfokussierte Business-Netzwerke

Eine Studie der Universität Bielefeld weist aus, dass sich viele Frauen in Verhandlungen oft zu bescheiden geben. Der Soziologe Stefan Liebig hat dafür 10’000 deutsche Arbeitnehmer dazu befragt, ob sie ihr aktuelles Gehalt als gerecht empfinden und welche Bezahlung in ihren Augen angemessen wäre. Etwa ein Drittel der Befragten war mit seinem Einkommen unzufrieden. Allerdings lagen die Gehälter, die Frauen als gerecht empfanden, noch unter den realen Einkommen der Männer – und zwar sowohl bei Akademikerinnen als auch bei Frauen in eher einfachen Berufen.

Ein weiterer Faktor ist, dass es auch heute noch berufliche Bereiche gelten, in denen für Männer andere Regeln gelten als für Frauen. Viele Business-Netzwerke sind in den oberen Etagen vor allem Männerbünde, deren Mitglieder sich nicht nur bei der Arbeit und bei Geschäftsterminen persönlich kennenlernen, sondern auch informell – bei einem Dinner, an der Bar oder auf dem Golfplatz – Kontakte pflegen. Schon eine einzige Frau kann die Regeln, die in einem solchen Netzwerk gelten empfindlich stören, im ungünstigsten Fall leidet ihre eigene Reputation darunter.

Alte Rollenbilder – verhaltensprägend und Bewertungsmassstab für Frauen im Beruf

Als gravierend wirkt sich aus, dass viele Frauen dazu neigen, sich selbst die Schuld für Misserfolge zu geben, Erfolge jedoch auf andere Faktoren – den Chef, das Team, glückliche Umstände – zu transferieren. Zum einen agieren Frauen oft perfektionistisch, setzen sich jedoch zu hohe Ziele. Vor allem aber haben sie zu wenig Selbstvertrauen.

Besonders ambitionierte und für Führungspositionen hervorragend qualifizierte Frauen hegen insgeheim nicht selten Zweifel an der eigenen Kompetenz. Falls sie scheitern, fühlen sie sich darin bestätigt und akzeptieren im Gegenzug bei Erfolgen die Bedeutung ihrer eigenen Fähigkeiten nicht.

In die gleiche Kategorie fallen alte Rollenmuster, welche sich auch in der Arbeitswelt hartnäckig halten. In einer Umfrage vom April 2013 wollte die Personalberatung Intersearch Executive Consultants von insgesamt 1’000 Deutschen wissen, welche Eigenschaften sie mit Top-Managern verbinden. Die Beschreibungen von – und eben auch die Erwartungen an – Managerinnen und Manager unterschieden sich beträchtlich. Managerinnen galten als diplomatisch, kommunikativ und diszipliniert, zum Teil – und vor allem in den Aussagen von männlichen Befragten – auch als emotional und sensibel.

Die Manager wurden dagegen als durchsetzungsstark, autoritär, selbst- und machtbewusst sowie als statusorientiert beschrieben. Bei der Besetzung von Führungspositionen spielen solche Bewertungen immanent oft eine entscheidende Rolle. Die andere Seite ist: Auch viele Frauen auf dem Weg nach oben richten sich danach – und werden von ihren Vorgesetzten auch deshalb als Kandidatinnen für eine echte Führungsposition überhaupt nicht wahrgenommen.



Möglicherweise löst sich das Problem von Frauen in den Chefetagen aber nicht nur durch den demografischen Wandel, sondern vor allem durch einen Generationenwechsel. Viele junge Frauen wünschen sich heute explizit Karriere – allerdings nicht im Rahmen einer Frauenquote sowie zu anderen Konditionen und unter anderen Bedingungen als ältere Generationen, was sie mit ihren männlichen Altersgenossen teilen.

Diesen Anspruch kommunizieren sie mit Selbstbewusstsein. Auf lange Sicht dürften sie damit erfolgreich sein. Zudem haben sich in den letzten Jahren zahlreiche frauenspezifische Business-Netzwerke entwickelt, in denen sich Frauen erfolgreich gegenseitig unterstützen. Entsprechende Mentoring-Programme, in denen erfahrene Managerinnen, Wissenschaftlerinnen und Unternehmerinnen jüngeren Frauen mit Rat und Tat zur Seite stehen, erweisen sich in diesem Kontext als besonders wirkungsvoll.

 

Oberstes Bild: Frauen in belegen bisher nur eine Minderheitenposition (Bild: © Syda Productions – Fotolia.com)

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