Generation Y: Mehr Leichtigkeit im Arbeitsleben

Die Generation Y ist im Arbeitsleben angekommen – das Y steht dabei als Homonym für das englische Wort „Why“ (warum).

Vermutlich wurden keiner Generation vor ihr so viele Etiketten angeheftet: Die heute 25- bis 35-Jährigen gelten als Selbstverwirklicher und Facebook-Junkies, aber auch als Native Digitals, Teamplayer und versierte Multitasker. Fakt ist, dass diese Generation viele bisher gültige Paradigmen der Arbeitswelt grundsätzlich in Frage stellt. Gleichzeitig kommen aus ihr die Fach- und Führungskräfte der Zukunft, die angesichts des demografischen Wandels bereits heute rarer sind als in vergangenen Jahrzehnten.

Die junge ungarische Grafikdesignerin Orsolya Nemes hat auf der TEDx Youth Conference in Budapest eine faszinierende Präsentation gehalten, in der sie die Ansprüche ihrer Generation an den „perfekten Arbeitsplatz“ zusammenfasst. Die wichtigsten beruflichen Ziele früherer Generationen sind aus ihrer Sicht materielle Sicherheit, die möglichst lebenslange Bindung an ein Unternehmen sowie die klassische Karriere in hierarchischen Strukturen.

Die Generation Y wurde demgegenüber bereits in eine andere Welt hineingeboren. Ihre Vertreter wissen, dass sie bis zum 70. Lebensjahr oder darüber hinaus im Arbeitsleben stehen und dabei zahlreiche Stationen durchlaufen werden. Orsolyas Konsequenz daraus: Ihre Generation will arbeiten, aber sie will mehr als einen Job. Dabei ist Geld nicht alles, vielmehr gehe es um Selbstverwirklichung und Sinn, Inspiration, die Möglichkeit, die Welt zumindest ein wenig zum Besseren zu verändern, ein gutes Team und nicht zuletzt um Spaß.

Generation Y – mit hohem Potential für nachhaltige Veränderungen

Der Berliner Jugendforscher Klaus Hurrelmann definiert die Generation Y als die dritte große Generation seit 1945, welche die europäischen Gesellschaften verändert. Diejenigen, die in den Nachkriegsjahren jung waren, sind heute längst im Ruhestand, ihre Wünsche und Werte – harte Arbeit bei maximalen Sicherheiten – prägen viele Bereiche der Arbeitswelt bis heute.

Die darauf folgenden Babyboomer haben diese Strukturen zwar modernisiert, aber vom Grundsatz her nicht verändert – ihre Vertreter sind laut Hurrelmann konsumorientiert und kämpferisch, repräsentabel und vor allem „busy“. Die Generation Y hat dagegen von vornherein die Erfahrung machen dürfen, dass alles möglich, alles aber auch im Fluss ist. Ihren Vertretern stehen unzählige reale und auch digitale Optionen offen. Daran richten sie ihr Leben und ihre Werte aus.

Im Kern geht es dabei um Entgrenzung respektive die Vereinbarkeit ganz unterschiedlicher Sphären – Beruf und Familie, Arbeit und Privates, Sinn und das Leben persönlicher Werte. Von Unternehmen erwarten sie, dass diese ihren Wünschen nach Flexibilität und Selbstbestimmung entgegenkommen. Autoritäten stehen sie skeptisch gegenüber, außer ein Vorgesetzter beeindruckt sie persönlich. Persönliche Entwicklung und Kollegialität sind ihnen im Beruf ausgesprochen wichtig, Status und Prestige dagegen relativ egal.



Ihre markantesten Vertreter setzen Trends

Die Generation Y ist inzwischen Gegenstand intensiver sozialwissenschaftlicher Forschung, die ganz klar von wirtschaftlichen Interessen getrieben ist. Die Unternehmen wollen wissen, womit sie – angesichts von geburtenschwachen Jahrgängen und Fachkräftemangel – bei der nächsten Generation von Arbeitnehmern zu rechnen haben. Gleichzeitig ist auch die Generation Y ein theoretisches Konstrukt – unter Sozialwissenschaftlern ist das Generationenkonzept durchaus umstritten.

Auch unter den jungen Erwachsenen von heute wird es viele geben, die ebenso wie ihre Eltern auf Sicherheiten, geradlinige Lebensläufe und Karrieren setzen. Andererseits wurde bereits bei den „Achtundsechzigern“ deutlich, dass die markantesten Vertreter dieser heute fast archetypischen Generation fähig waren, einen Trend zu setzen, der unsere Gesellschaften nachhaltig verändert hat. Dieses Phänomen könnte sich heute wiederholen – im Übrigen nicht nur im Alltag oder im Arbeitsleben, sondern auch im politischen Bereich. Bewegungen wie „Occupy“ haben ihre Wurzeln sehr eindeutig in der Generation Y.

Zurück zur Arbeitswelt – aus Ludwigshafen kommt die aktuellste und im deutschsprachigen Raum wohl auch umfangreichste Studie zur Generation Y. Die Autorin und Leiterin des dortigen „Instituts für Beschäftigung und Employabilty“ hat dafür über 250 internationale Untersuchungen ausgewertet. Ihr Thema selbst stellt sie in den Kontext einer alternden Arbeitswelt.

Rumps Fazit daraus ist auf den ersten Blick sehr pragmatisch: Die junge Generation wisse, dass sie mindestens 40 Arbeitsjahre vor sich habe. Eine solche Zeitspanne halte nur durch, wer von seiner Aufgabe „hundertprozentig“ überzeugt ist. Historisch neu sind die Konsequenzen, die junge Menschen aus dieser Erkenntnis ziehen. Zwar wollen sie in ihrem Leben durchaus etwas erreichen, allerdings nicht um jeden Preis. Bei ihren Eltern haben sie gesehen, wohin die absolute Fokussierung auf die Arbeit führen kann – gescheiterte Ehen, Burnout, Distanz zu den Familien.

Viele Generation-Y-Vertreter nehmen laut Rump nur Arbeitsstellen an, die zu ihrer persönlichen Lebenssituation passen. Eine ausgewogene Work-Life-Balance sowie flexible Arbeitszeiten inklusive der Möglichkeit von Auszeiten – als Familienzeit oder Sabbatical – stehen in ihrer Prioritätenliste an erster Stelle. Die digitale Welt, in der sie groß geworden sind, hat sie generell Flexibilität und einen globalen Blick gelehrt. Andreas Lüdtke, ein 29-jähriger Rechnungsingenieur aus Köln, fasst zusammen, dass seine Generation „mehr Leichtigkeit ins Arbeitsleben“ bringt.

Spannungsfeld von Selbstbestimmung und prekärer Existenz

Für Unternehmen ergeben sich daraus Herausforderungen bisher unbekannter Art. Um für junge High-Potentials attraktiv zu sein, müssen sie den Anforderungen der Generation Y entgegenkommen. Bisher haben dabei große Konzerne sowie Start-ups die Nase vorn, viele andere Firmen tun sich mit der neuen generationsgebundenen Vision selbstbestimmter Arbeit noch schwer.

Allerdings können auch nicht alle Bewerber damit rechnen, dass die Unternehmen sie umwerben. Jutta Rump führt an, dass fähige Naturwissenschaftler, Ingenieure sowie Experten für Vertrieb, Controlling und Finanzen zu den begehrtesten Arbeitskräften überhaupt gehören und die Bedingungen ihres Arbeitsvertrages aufgrund des Fachkräftemangels in hohem Maß diktieren könnten. Auf Marketing- und Medienleute, Juristen ohne Prädikatsexamen und auch auf viele junge Wissenschaftler warte dagegen niemand. Status und Prestige werden sich in Zukunft möglicherweise vor allem anders definieren – im Spannungsfeld von Selbstbestimmung und prekärer Existenz.

 

Oberstes Bild: © kotoyamagami – Fotolia.com

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