Ende der Zinserhöhungen: Das ist es für die Fed aber noch nicht gewesen

Der Finanzmarkt ist sich einig: Der Zinserhöhungszyklus der Fed in den USA ist zu Ende. Spätestens seit der Bemerkung von Fed-Präsident Powell, dass die Fed mit Geduld die wirtschaftliche Lage beurteilen wird, ist die Sache gelaufen. Der nächste Zinsschritt der Fed ist gemäss den Erwartungen eine erste Zinssenkung gegen Ende Jahr. Die Aktienmärkte haben mit einem Jubelschrei und höheren Kursen reagiert.

So einfach präsentiert sich die Welt der Fed aus meiner Sicht aber nicht.

Die kommunikative Kehrtwendung von Jerome Powell im Dezember war heftig. Hatte er zuvor noch davon gesprochen, dass die Fed die Zinsen rasch in den neutralen Bereich von knapp 3% anheben will, war plötzlich alles anders. Powell rückte die Risiken in den Vordergrund, legte die Latte für weitere Zinserhöhungen hoch und will auch den Abbau der Bilanz stoppen. Die Angst vor einer Rezession, die die Finanzmärkte im Dezember ins Trudeln brachte, scheint ihn beeindruckt zu haben.

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Solides US-Wirtschaftswachstum

Die US-Wirtschaft läuft nach wie vor gut. Es werden im grossen Stil neue Stellen geschaffen, auch für die Leute, die auf dem Arbeitsmarkt nicht zu den Privilegierten gehören. Vorausschauende Indikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes oder das Konsumentenvertrauen sind zwar schwächer geworden. Sie befinden sich aber auf einem Niveau, welches immer noch ein solides Wirtschaftswachstum anzeigt. Die negativen Auswirkungen der Strafzölle von Präsident Trump zeigen sich in den USA bisher nur punktuell. Die deutlich schwächere Wirtschaftsentwicklung in China und in der Eurozone wird mit der Zeit zwar auch die USA belasten. Anzeichen, dass die US-Wirtschaft in diesem oder im nächsten Jahr in eine Rezession fallen wird, sind aber nicht erkennbar.

Die US-Wirtschaft benötigt den geldpolitischen Stimulus nicht mehr. Die Zinsen sind mit 2.375% aber immer noch im expansiven Bereich, der die Konjunktur ankurbelt. Von einer Konjunkturbremse durch die gestiegenen Zinsen kann noch nicht gesprochen werden. Dabei sind die Kapazitätsreserven der Wirtschaft bei einer Arbeitslosenrate von 4% und einer Kapazitätsauslastung von 78.7% weitgehend ausgeschöpft. Der Anstieg des durchschnittlichen Stundenlohnes von 2.4% auf 3.2% in den letzten Monaten ist die Folge. Dass die Inflationsraten dennoch nur knapp über dem Zielwert der Fed von 2% notieren, erhöht jedoch deren Spielraum, vorerst mit weiteren Zinserhöhungen zuzuwarten.

Neue Zinserhöhungen im zweiten Semester 2019

Dass die Fed eine Zinspause einlegt, macht Sinn nach zwei Jahren mit acht Zinserhöhungen im Quartalsrhythmus. Weil die Inflationserwartungen nicht überschiessen, kann sie sich die Zeit auch nehmen. Sie muss aber aufpassen, dass sie die kommunikative Handlungsfreiheit nicht verliert. Sonst wird es schwierig, wieder zu einer restriktiveren Gangart mit weiteren Zinserhöhungen zurückzukehren, ohne an den Aktienmärkten unnötige Turbulenzen zu riskieren. Wenn sich die US-Wirtschaft an die Fed-eigenen Prognosen hält und nicht in eine Rezession abdriftet, dann wird die Fed im zweiten Halbjahr neue Zinserhöhungen beschliessen müssen, um die Kontrolle über die Lohnentwicklung und die Inflation zu behalten. Sonst könnte der Markt plötzlich aufschrecken und mit deutlich höheren Zinsen auf aufkommende Inflationsängste reagieren. Damit wäre niemandem gedient.

 

Titelbild: Felix Lipov – shutterstock.com

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Mehr zu Dr. Thomas Stucki

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

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