Die BIZ – die mächtigste unbekannte Bank in der Schweiz

Mit dem Kürzel BIZ können nur wenige Eingeweihte etwas anfangen, und auch mit der vollständigen Namensbezeichnung des diskreten Instituts wissen in der Regel nur Experten Konkretes zu verbinden. Dabei handelt es sich bei der „Bank für Internationalen Zahlungsausgleich“ – so die Auflösung des Kürzels BIZ – um die älteste internationale Finanzeinrichtung der Welt.

Am 27. Februar 1930 – also ziemlich genau vor 85 Jahren – wurde die BIZ aus der Taufe gehoben. Der Gründungsort war ein ehemaliges Hotel am Basler Hauptbahnhof. Dort ist die Bank auch heute noch angesiedelt.

Im Umfeld des Basler Bahnhofs gegründet

Zugegeben – es gibt in Basel schönere Lagen als die am Centralbahnplatz. Und über die architektonische Ästhetik des Rundturms, in dem die Bank heute ihren Sitz hat, lässt sich trefflich streiten. Der Bau wurde in den 1970er-Jahren errichtet und präsentiert Besuchern eine Fassade aus Glas und Beton ganz im Stil der Zeit. Unumstritten ist aber, dass die BIZ nach wie vor eine der bedeutendsten internationalen Finanzinstitutionen ist. Mehrfach in ihrer Geschichte hat sie einen grundlegenden Bedeutungs- und Funktionswandel erlebt. Die BIZ war und ist eng in politische und wirtschaftliche Entwicklungen auf der Welt eingebunden. Veränderungen und Umbrüche im Weltgeschehen hatten daher immer unmittelbar Auswirkungen auf ihre Aufgaben.

Als die BIZ gegründet wurde, war ihr Hauptzweck die Abwicklung deutscher Reparationszahlungen. Deutschland musste nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg an zahlreiche Siegerstaaten grosse Reparationssummen leisten. Immer wieder wurden die Zahlungsbedingungen und -modalitäten geändert. Mit der BIZ wollte man eine ebenso verlässliche wie unabhängige Sammel- und Verteilstelle für die Reparationszahlungen schaffen. Neben dieser Zahlstellen-Funktion sollte die Bank aber auch von Anfang an weitergehende Aufgaben übernehmen. Dazu gehörten die Förderung des Welthandels und des internationales Kapitalaustauschs, die Wechselkursstabilisierung und die Unterstützung der Notenbanken-Zusammenarbeit.

Reparationen und Währungssicherung

Ihre eigentliche Aufgabe – die Reparationsabwicklung – hatte sich bereits nach kurzer Zeit erledigt. Noch unmittelbar vor Hitlers Machtantritt 1933 wurden die deutschen Reparationsverpflichtungen im sogenannten „Vertrag von Lausanne“ gegen eine Restzahlung gestrichen. Dennoch blieb die BIZ bestehen und geriet in der Zeit des „Dritten Reiches“ verstärkt unter nationalsozialistisch-deutschen Einfluss. Im Zweiten Weltkrieg wickelte die Bank fragwürdige Goldgeschäfte für das Deutsche Reich ab. Die Amerikaner wollten das Institut daher nach dem Kriegsende auflösen.

Es war ausgerechnet der berühmte britische Ökonom John Maynard Keynes, der sich für einen Erhalt der Bank starkmachte. Die BIZ blieb bestehen, doch wurden ihre Statuten verändert. Alle europäischen Notenbanken – mit Ausnahme der der Sowjetunion und der DDR – wurden Mitglieder. Heute wird die Bank von 60 Zentralbanken auf der ganzen Welt getragen.

Der Hauptschwerpunkt der Arbeit lag in den ersten Nachkriegsjahrzehnten in der Mitwirkung an der internationalen Währungsordnung. Die BIZ koordinierte in der Zeit des sogenannten Bretton-Woods-Systems die Reaktionen der Notenbanken auf Währungskrisen und nahm damit eine wichtige Stabilisierungsfunktion wahr. Zunehmende Bedeutung erlangte die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds IWF. Mit dem Ende des Bretton-Wood-Systems in den 1970er-Jahren stand ein Funktionswechsel an.


Die BIZ gehört zu den zentralen Institutionen der Weltwirtschaft (Bild: © Worldpics – shutterstock)

Geburtshilfe beim Euro

In der Folge setzte sich die BIZ nachhaltig für eine europäische Währungsordnung ein, nachdem die nunmehr frei floatenden Wechselkurse immer wieder zu ökonomischen Problemen und Verwerfungen geführt hatten. Die Bank diente europäischen Notenbankchefs häufig als Plattform zur Beratung von Fragen der Währungsunion. Sie war ausserdem Gastgeberin für viele Vorläufer-Institutionen der heutigen Europäischen Zentralbank. Alexandre Lamfalussy, bis 1993 Generaldirektor der BIZ, wurde 1994 selbst Präsident des Europäischen Währungsinstituts, des unmittelbaren Vorgängers der EZB. In dieser Funktion bereitete er die Einführung des Euro vor. Es mag wie eine Ironie wirken, dass ein Institut mit Sitz in einem Nicht-Euro-Land quasi zu den Geburtshelfern der europäischen Einheitswährung gehört.

Mit der Einführung des Euro schien die BIZ etwas in den Schatten der neuen, mächtigen Europäischen Zentralbank in Frankfurt zu geraten. Dies änderte sich mit der Finanzkrise 2007/2008. Sie hat die Risiko-Anfälligkeit des internationalen Finanz- und Bankensystems in erschreckender Weise deutlich gemacht. Damit geriet ein Arbeitsbereich der BIZ ins Blickfeld, der zwar bereits länger bestand, aber in der Krise grosse Aktualität erlangte – der der Bankenaufsicht und -regulierung.

Basler Ausschuss und Financial Stability Board

Ein wichtiges ständiges Gremium des Instituts ist der „Basler Ausschuss für Bankenaufsicht“. Ihm gehören Vertreter von Zentralbanken und Bankenaufsichtsbehörden der zehn wichtigsten Industrienationen an. Der Basler Ausschuss berät regelmässig über regulatorische Anforderungen an Finanzinstitute und hat – unter der Überschrift Basel I, Basel II und Basel III – mehrfach Normen zur Eigenkapitalausstattung der Banken entwickelt. Die Empfehlungen des Ausschusses fliessen in die nationale und internationale Gesetzgebung ein und haben damit einen globalen Einfluss.

Die BIZ ist auch Gastgeberin des sogenannten „Financial Stability Board“. Diese auf dem G20-Gipfel 2009 in London eingerichtete Organisation stellt ebenfalls eine unmittelbare Reaktion auf die Finanzkrise dar. Sie hat die Aufgabe, das weltweite Finanzsystem zu überwachen, im Sinne eines Frühwarnsystems Risiken frühzeitig zu erkennen und Gegenmassnahmen zu entwickeln. Die Empfehlungen des Finanzstabilitätsrats sind Grundlage für politische Entscheidungen.



Zentralbank der Zentralbanken

Neben dieser stark mit der Politik verzahnten Arbeit ist die BIZ aber auch als Bank im eigentlichen Sinne tätig. Sie stellt so etwas wie die Bank der Zentralbanken dar. Zu ihrem exklusiven Kundenkreis gehören rund 120 Zentralbanken rund um den Globus, die schätzungsweise 7 % der Weltwährungsreserven bei dem Institut in Basel halten. Die BIZ bietet dafür verschiedene verzinsliche Einlagen und Handelsinstrumente an, die geldmarktnah und daher hochliquide sind.

Ein weiteres Geschäftsfeld ist die Abwicklung von Devisen- und Goldtransaktionen. Die BIZ ist dabei sowohl im Kassa- als auch im Terminhandel tätig. In den letzten Jahren engagiert sich das Institut verstärkt in der Vermögensverwaltung für Zentralbanken. Es investiert dabei bevorzugt in Staatsanleihen, hochwertige Kredittitel und Fondsinstrumente. Unter bestimmten Bedingungen gewährt die BIZ auch kurzfristige Kredite an Notenbanken. Mit diesen Geschäftsfeldern erfüllt sie eine wichtige Funktion als jederzeit nutzbare Liquiditätsreserve für zentralbankpolitische Massnahmen.

Eine diskrete Macht

Diskretion gehört zum Geschäftsprinzip der BIZ. Es sind gerade die Vertraulichkeit und die geringe Publizität, die das Institut für Notenbankvertreter zu einem gerne genutzten Forum für hochrangigen Gedankenaustausch und Diskussionen machen. Diese „informelle“ Funktion ist vielleicht sogar manchmal wichtiger als die eigentliche Banktätigkeit. Sie verleiht dem Institut einen etwas geheimnisvollen, gelegentlich sogar verschwörerischen Nimbus, der gerne um Institutionen kreist, die mit viel Einfluss und Geld zu tun haben. Dazu mag auch beitragen, dass die BIZ-Räumlichkeiten beinahe exterritorialen Status geniessen. Schweizer Behörden haben hier keine Zugriffsbefugnisse. Funktionsträger der BIZ besitzen Immunität.

Dennoch sieht sich die Bank selbst als unpolitisch und daher eher einflussarm, am ehesten noch in einer Beratungs- und Meinungsbildungsfunktion. Nicht bestritten wird, dass diejenigen, die hier ein- und ausgehen, durchaus einflussreich sind. Und es steht fest, dass die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich seit der Finanzkrise wieder mehr denn je gebraucht wird.

 

Oberstes Bild: © Kyrien – shutterstock

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Mehr zu Stephan Gerhard

ist seit Jahren als freier Autor und Texter tätig und beschäftigt sich bevorzugt mit Themen rund um Finanzen, Geldanlagen und Versicherungen sowie Wirtschaft. Als langjähriger Mitarbeiter bei einem Bankenverband und einem großen Logistikkonzern verfügt er über umfassende Erfahrungen in diesen Gebieten.

Darüber hinaus deckt er eine Vielzahl an Themen im Bereich Reisen, Tourismus und Freizeitgestaltung ab. Er bietet seinen Kunden kompetente und schnelle Unterstützung bei der Erstellung von Texten und Präsentationen.

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