Espirito-Bank: Ein Konkurs und viele offene Fragen

Dass die Banken in der Schweiz nach den Kapriolen der jüngeren Vergangenheit mächtig an Kredit eingebüsst haben, ist nicht weiter verwunderlich. Dass der Beruf des Bankers einen Imageschaden hinnehmen musste, liegt ebenfalls auf der Hand. Dass der gesamte Finanzstandort Schweiz mit den wichtigen Finanzplätzen Zürich und Basel Boden gegenüber anderen internationalen Finanzschauplätzen wie zum Beispiel London verloren hat, kann konsequenterweise nur als folgerichtig angesehen werden. Dass aber immer mehr internationale Verstrickungen bekannt werden, an denen massgeblich eidgenössische Banken oder Zweigstellen internationaler Bankhäuser in der Schweiz beteiligt sind, verwundert dann doch.

Und frustet zugleich. Schliesslich will die Schweizer Finanzbranche ab 2015 wieder zur Attacke blasen und sich im Bereich der Vermögensverwaltung und -beratung neu aufstellen. Dabei soll der Weltöffentlichkeit quasi dokumentiert werden, dass in der Schweiz innerhalb des Finanzsektors Seriosität, Professionalität und Vertrauen stets Priorität geniessen. Dumm nur, wenn eidgenössische Finanzunternehmen immer wieder als Hauptakteure in kaum zu durchschauenden Finanzaffären ausgemacht werden. Wie zum Beispiel die Schweizer Espirito-Bank, die zum Ende des Jahres 2014 eine durchaus undurchsichtige Rolle in einem Konkursfall, der mit vielen Fragezeichen und noch mehr Unbekannten versehen ist, spielt …

Verzwickte Besitzverhältnisse und Konkursverfahren geben Fragezeichen auf

Hauptakteure sind in diesem Fall die Espirito Santo Bankers Dubai sowie die Banque Privée Espirito Suisse, die ihren Sitz in Pully VD hat. Beide Banken haben ihr Leistungsportfolio vor allem auf das Private Banking abgestellt und waren beratend für vermögende Privatkunden in Bezug auf rentable Anlagemöglichkeiten tätig. Die Espirito Santo Bankers Dubai gehört dabei einer Zwischenholding aus Luxemburg, die wiederum der Besitzerfamilie der in Portugal beheimateten Grossbank Espirito Santo zugerechnet wird. Da die portugiesische Grossbank quasi mit Pauken und Trompeten pleitegegangen ist und Insolvenz anmelden musste, sezierten der Liquidator sowie die Revisionsfirma Deloitte die entsprechenden Geschäftsvorfälle. Dabei zeigte sich, dass die geschäftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem boomenden Wüstenparadies Dubai weitaus umfangreicher sind als bislang angenommen.

Diesbezüglich heisst es in einem von den Liquidatoren der Espirito Dubai verfassten Schreiben, dass die Kundenvermögen, die von der Dubai-Bank betreut wurden, bei den beiden eidgenössischen Privatbanken Reyl und Espirito Santo liegen. Möglich gemacht wurde dies mittels eines explizit geschlossenen Depotvertrags. Die Sachlage stellt sich nunmehr so dar, dass die Reyl im Grunde genommen die dort gelagerten Wertpapiere jederzeit auf eine Drittbank transferieren könnte. Demgegenüber ist dies bei den Assets der Espirito Schweiz in dieser Form nur schwer möglich, da das Institut erst kürzlich in Konkurs gegangen ist. Das letzte Wort wird diesbezüglich der eingesetzte Liquidator haben.

Sitzen rund 60 % der Schweizer Espirito-Kunden auf illiquiden Papieren fest?

Die Revisionsexperten von Deloitte weisen in diesem Zusammenhang denn auch darauf hin, dass der Liquidator bereits den 1. September als verbindlichen Tag der Überschuldung bestimmt hat. Dies bedeutet, dass Wertpapiere sowie anderweitige Vermögenswerte, die vor diesem Stichtag käuflich erworben wurden, ohne Probleme von den jeweiligen Kunden in andere Depotstellen umgelagert werden können. Spätere Käufe werde der Liquidator fallbezogen überprüfen und die entsprechenden Werte dann entweder in die Konkursmasse einfliessen lassen oder sie an den jeweiligen Kunden weitergeben, ist von den Deloitte-Experten zu hören.

Die Dauer dieser analytischen Vorgehensweise sei dabei in keiner Form abschätzbar. Zudem offenbart sich hier noch ein weiteres Problem. Insider berichten nämlich davon, dass die verbrieften Schuldpapiere der Espiritio-Familie für die Überwälzung der Schulden eingesetzt wurden und mehrheitlich in den Depots der Espirito-Kunden aus der Schweiz liegen. Angeblich sollen rund 60 % der Kundenvermögen in illiquiden Papieren dieser Art angelegt sein. Um diese Gegebenheiten transparent zu machen, müssten alle Beteiligten die jeweilige Vorgehensweise erläutern. Dies wird aber kaum der Fall sein, da sich kaum einer der beteiligten Banker selbst belasten möchte. Hier wäre durchaus ein Modell wie in Holland empfehlenswert, bei dem die Banker einen Schwur ableisten, dass sie grundsätzlich zum Wohle des Kunden agieren und ihren Beruf prinzipiell ehrlich ausüben.


Was ist da zwischen den Espirito-Niederlassungen in Dubai und der Schweiz gelaufen? Der Konkurs wirft jedenfalls reichlich Fragen auf. (Bild: Minerva Studio / Shutterstock.com)
Was ist da zwischen den Espirito-Niederlassungen in Dubai und der Schweiz gelaufen? Der Konkurs wirft jedenfalls reichlich Fragen auf. (Bild: Minerva Studio / Shutterstock.com)


Der Konkurs der Espirito-Niederlassung in der Schweiz entpuppt sich als Albtraum

Auch sämtliche Cashkonten in der Dubai-Bank sind vom Konkurs direkt betroffen. Kunden haben keinen Zugriff mehr auf ihre Guthaben, da diese jetzt erst einmal zum Fremdkapital zählen. Über die spätere Ausschüttungshöhe kann zudem nur spekuliert werden, denn in Dubai gibt es keine Staatsgarantien für Bankkonten. So entwickelt sich also der Konkurs der Espirito-Bank in der Schweiz zu einem wahren Albtraum für die Klientel der Espirito Dubai. Und jetzt wird es richtig verzwickt.

Diese mehr als unangenehme Situation ist nämlich entstanden, da hier ein nicht transparentes Konstrukt künstlich errichtet wurde. Demnach agierte die Espirito Dubai quasi wie ein externer Vermögensverwalter, der Gelder verwaltete und auch Kunden akquirierte, aber zu keiner Zeit entsprechende Buchungen tätigte. Stattdessen soll der buchhalterische Abgleich von der Schweizer Espirito-Bank und der Bank Reyl über Sammelkonten vorgenommen worden sein. Das berichten zumindest einschlägige Quellen aus Dubai.

Also müssen die Dubai-Kunden letztendlich das Schweizer Konkursverfahren abwarten. Und wie hoch dann ein etwaiger Liquidationserlös ausfallen wird, steht sprichwörtlich noch in den Sternen. Vertrauen schafft man so nicht. Die Frage muss erlaubt sein: Was hat der Bankensektor eigentlich aus der Finanzkrise, die 2008 mit der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers begann, gelernt?

 

Oberstes Bild: © Felix Mizioznikov – Shutterstock.com

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