Die Schweiz – das wettbewerbsfähigste Land Europas
VON Janine El-Saghir Allgemein Wissenschaft
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des International Institute for Management Development (IMD) Lausanne. Die Researcher der privaten Business School untersuchen für ihr globales Ranking der Wettbewerbsfähigkeit in jedem Jahr die Wirtschaftsdaten von insgesamt 60 Ländern. Im globalen Vergleich konnte die Schweiz ihren im Vorjahr erreichten zweiten Platz auch in der aktuellen Studie halten.
Dynamischer Arbeitsmarkt, starker Binnenkonsum, hohe Lebensqualität
Als Hauptgründe dafür benennen die Studienautoren den liberalen und sehr dynamischen Arbeitsmarkt sowie den starken Binnenkonsum der Schweiz. Weitere Pluspunkte bestehen in der wettbewerbsorientierten Mentalität der Eidgenossen, der hohen Lebensqualität sowie der Anpassungsfähigkeit der Schweizer Unternehmen an den Markt. In der IMD-Studie konnte sich im Übrigen kein anderes europäisches Land so weit vorn positionieren wie die Schweiz.
Die Plätze drei und vier belegen Hongkong und Singapur, denen die Forscher ein hervorragendes und stark exportorientiertes Geschäftsklima bescheinigt haben. In der Euro-Zone schaffte es lediglich Deutschland unter die Top Ten des Rankings und liegt – nach einem neunten Platz im Vorjahr – derzeit auf Platz sechs. Deutschland gilt aktuell als die treibende wirtschaftliche Kraft der Europäischen Union, an die Wirtschaftskraft der Schweiz reicht es jedoch bisher nicht heran. Trotzdem gehen von der guten ökonomischen Performance Deutschlands auch für die Schweiz wichtige Impulse aus, da das Nachbarland nach wie vor der wichtigste Handelspartner der Schweizer Wirtschaft ist.
Zunehmende Rechtsunsicherheit durch Einwanderungsvotum
Andere Entwicklungen in der Schweiz sieht die IMD-Studie dagegen kritisch. Ein Punkt ist hier der starke Franken, der sich auf die Wettbewerbschancen der Exportwirtschaft limitierend auswirkt. Vor allem hat jedoch der Volksentscheid vom 9. Februar 2014 über die Begrenzung der Masseneinwanderung für internationale Unternehmen eine wachsende Rechtsunsicherheit zur Folge, die bereits jetzt zu einem Rückgang der Investitionen führt. Die Studie fasst damit die Kritik zusammen, die seit dem Votum von vielen Seiten kommt. Das deutsche Logistikunternehmen Kühne & Nagel erwägt aus diesem Grund einen Teilabzug aus der Schweiz. Bei Weatherford International wurde die Entscheidung für die Aufgabe des Standorts Zug bereits getroffen.
Ob das entscheidende Moment für angekündigte Firmenwegzüge immer die Rechtsunsicherheit wegen der erfolgreichen Masseneinwanderungsinitiative ist, sei einmal dahingestellt – schwerer wiegt, dass sich die Beziehungen der Schweiz zur Europäischen Unnion stark verschlechtert haben. Ohne die Personenfreizügigkeit zur EU wird die Attraktivität der Schweiz als Wirtschaftsstandort nachhaltig leiden, da sie damit ihre Anziehungskraft für hochqualifizierte Einwanderer verliert. In diesem Teil des Rankings ist sie in der aktuellen IMD-Erhebung von Platz 5 auf Platz 16 abgerutscht.
Politische und rechtliche Stabilität als Garant für Zukunftsfähigkeit
Die Studie kommt hier zu einem eindeutigen Fazit: Die Schweiz muss ihre politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen in den Griff bekommen, wenn sie sich weiterhin gegenüber den grösseren europäischen Volkswirtschaften behaupten will. Ein harter Wettbewerber ist hier vor allem Deutschland, das laut einer aktuellen OECD-Erhebung inzwischen das weltweit beliebteste Einwanderungsland nach den Vereinigten Staaten ist und vor allem hochqualifizierte Immigranten anzieht, an denen auch die Schweizer Wirtschaft ein vitales Interesse hat.
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