Warum kreative Unternehmen anders funktionieren (müssen)

Die Standards der Personalarbeit in Industriebetreiben der alten Klasse stehen fest. Dienst- und Schichtpläne, an den Gesetzestext gezwungenermassen dicht angelehnte Arbeitszeiten, geregelte freie Tage und jede Menge andere Auswüchse einer wirtschaftsrechtlichen Regelungswut bringen auf den Tisch, was klassisch aufgebaute Unternehmen brauchen – nämlich Ruhe und Ordnung. Anders ist das bei den Newcomern der kreativen Unternehmerschaft.

Kreativität lebt von Abweichung und einer gewissen Unordnung, und so präsentiert sich hier die klassische Personalarbeit als alles andere als hilfreich. Wie kreative Unternehmen heute funktionieren müssen und was Entrepreneure daraus lernen könne, zeigt dieser Beitrag.

Was altbacken funktionierende Unternehmen brauchen

Was klassisch aufgebaute Unternehmen beispielsweise in der industriellen Produktion brauchen, sind tiefgehende Strukturen, am besten versammelt in einer unübersichtlichen Hierarchie, in der alles dort bleibt, wo es entsteht. Dazu kommt eine ganz klare Regelung, die Leistungen immer zu einem eindeutig definierten Zeitpunkt abrufbar macht und zugleich regelt, wann frei ist. In erster Linie geht es dabei um eine Struktur, die sich auch vom klassischen Personalwesen bestens bearbeiten lässt.

Weniger gefragt sind in dieser derart regulierten Wirtschaft irgendwelche Abweichungen. Abweichung wird hier immer als Fehler und damit letztlich auch als Mangel an Leistung oder Qualität betrachtet. Dabei wird schnell, gern und leicht vergessen, dass Innovation immer einer bestimmten Form von Abweichung bedarf, weil sonst wegweisende Veränderungen gar nicht möglich sind. Deshalb bremst beispielsweise die Personalarbeit nach dem alten Modell die wahre Innovation aus. Bis hin zur Unmöglichkeit.

Warum kreative Unternehmen das nicht brauchen

Kreative Unternehmen brauchen keine klassisch funktionierende Personalarbeit. Diese würde nämlich, wie schon bemerkt, alles ausbremsen, was eine kreative Firma ausmacht. Kreativität ist nicht im Schichtbetrieb abrufbar und funktioniert auch nicht an jedem Tag gleich gut. Manchmal gibt es einen wahren Überschuss an kreativen Ideen und Arbeitstechniken, an anderen Tagen hingegen scheint Kreativität überhaupt nicht zu funktionieren. Deshalb zeigen sich Kreativunternehmen auch in der Regelung von Arbeitszeit und Freizeit völlig anders als klassische Produktionsunternehmen.

Kreative Unternehmen brauchen deshalb keine klassische Personalarbeit, weil diese jeden Ansatz von Veränderung, Innovation und echter Kreativität von Beginn an unmöglich macht. Kreative Arbeit ist Projektarbeit, die eben immer auch projektbezogen erfasst und abgerechnet werden muss. Hier geht es nicht um einfache Planungskennziffern, sondern um echte Erfolge, die nur in durchweg kreativer Arbeit möglich sind.

Arbeit zu ungünstigen Zeiten oder am Wochenende gehört da genauso dazu wie vielleicht der einwöchige Famtrip zwischendurch oder 48 Stunden durchgängiger intensiver Arbeit, gefolgt von drei Tagen Freizeit. Wo in der geregelten Produktivindustrie geht das schon? In der Kreativwirtschaft muss das gehen, weil sonst schon strukturell keine Innovationen mit echtem Ausmass möglich sind.



Wie kreative Unternehmen Arbeit verstehen

Kreative Unternehmen verstehen Arbeit als Herausforderung an die schöpferischen Fähigkeiten eines Menschen. Arbeit ist hier nicht Selbstzweck zum Erreichen eines klar umrissenen Stundenlohnes, wenn eine ebenso fest umrissene Leistung erbracht wird. Kreativarbeit verbindet Schöpfertum mit einem Leistungsdenken, das sich kaum in Zahlen festhalten lässt.

Kreative Unternehmen arbeiten (zumindest teilweise) an Projekten, die in dieser Form noch nicht dagewesen sind. Schon aus diesem Grund verbietet sich geradezu ein technokratisches Herangehen an die Arbeit in den kreativen Abteilungen. Mitarbeiter müssen hier dann arbeiten, wenn sie es können. Das hat nichts damit zu tun, dass sie sich ihre Arbeitszeiten frei auswählen, wohl aber den Rhythmus derselben und genauso die konkreten Inhalte der Arbeit. Dazu braucht es eine professionelle Projektsteuerung, die selbst die Grenzen des klassischen Projektmanagements weitgehend durchbricht.

Arbeit in kreativen Unternehmen ist geprägt vom Leistungswillen und der Schöpferkraft des Einzelnen, weniger von Planarbeit mit jederzeit abrechenbaren Ergebnissen. Gerade das macht die Arbeit in kreativen Unternehmen so anders, zukunftsweisend, aber auch fordernd. Menschen, die Arbeit lediglich als den Teil ihres Lebens verstehen, in dem sie ihren Lebensunterhalt verdienen, sind hier an der falschen Stelle.

Deshalb ist Personalarbeit hier auch völlig anders zu verstehen als in den Unternehmen, die sich im Zuge der Industrialisierung der Wirtschaft entwickelt haben. Für Unternehmen, die den Schritt von klassischer Leistungserbringung zu wahrer Kreativarbeit schaffen wollen, stellt dies erhebliche Herausforderungen in der Gestaltung der Veränderungsprozesse dar.

Warum Kreativunternehmen anders arbeiten

Warum kreative Unternehmen anders arbeiten, ergibt sich aus ihrem Anspruch auf Innovation. Innovation, das habe ich hier bereits erwähnt, verlangt immer nach mehr oder weniger grossen Abweichungen von der Norm. Solche Normabweichungen sind aber im klassischen produzierenden Bereich immer auch Abweichungen, die durchaus Fehler beinhalten können. Und solche Abweichungen sind in normativ ausgerichteten Zweigen der Wirtschaft weder erwünscht noch möglich.

Kreativunternehmen müssen anders arbeiten, wenn sie wirkliche Innovationen hervorbringen wollen. Dass dabei manche Innovationen auch zu einer weiteren Technisierung bekannter Abläufe führen können, hat bereits Henry Ford mit der Einführung der Fliessbandarbeit unter Beweis gestellt.

Aussicht auf Erfolg

Wie hoch die Aussicht auf Erfolg für kreative Unternehmen ist, hängt wesentlich davon ab, wie dort Kreativität verstanden wird. Wer Kreativität als Freiräume für futuristische Spinnereien versteht, irrt. Kreative Unternehmen arbeiten an der Perfektion der Abweichung und damit an wahrer Innovation. Genau hier liegt auch das grösste Unterpfand für den Erfolg kreativer Unternehmen, wenn sie in der Lage sind, den oftmals langen Weg von der Idee bis zur Durchsetzung von Neuem und Ungewohntem auch wirklich durchzuhalten. Mit altbacken klassischer Personalarbeit wird das nicht gehen.

 

Oberstes Bild: © Peshkova – Shutterstock.com

author-profile-picture-150x150

Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

website-24x24
jQuery(document).ready(function(){if(jQuery.fn.gslider) {jQuery('.g-22').gslider({groupid:22,speed:10000,repeat_impressions:'Y'});}});