Stopp! Sechs deutliche Zeichen, die gegen ein Jobangebot sprechen, Teil 1

Zum Jobinterview eingeladen zu werden oder einen neuen Job angeboten zu bekommen, ist immer mindestens ein Ego-Boost und kann oft existenziell sein. Vor allem nach einer längeren und von Absagen geprägten Suche ist die Versuchung gross, sofort und ohne weitere Nachfragen zuzusagen beziehungsweise sich im Interview kritische Fragen komplett zu verkneifen und den prospektiven neuen Arbeitgeber durch rosa getünchte Gläser zu betrachten.

Gerade in solchen Situationen allerdings ist Vorsicht geboten. Zwar mag es im Moment nicht so erscheinen, aber ein weiterer Monat ohne Arbeit wird aller Wahrscheinlichkeit nach wesentlich weniger katastrophale Folgen haben als eine neue Anstellung, in der sich innerhalb kürzester Zeit untragbare Umstände herauskristallisieren. Vor allem dann, wenn Letztere mit etwas weniger Panik und mehr analytischem Herangehen vorhersehbar gewesen wären.

Denn es gibt eine Reihe offensichtlicher Anzeichen dafür, dass ein zukünftiger Arbeitgeber hauptsächlich eines sein wird: eine nie versiegende Quelle der Frustration. Wenn Sie bereit sind, diese Zeichen zu lesen und die Konsequenzen daraus zu ziehen, wartet Ihr tatsächlicher Traumjob wahrscheinlich schon an der nächsten digitalen Ecke. Lassen Sie sich also nicht von Ihrem Umfeld zu einer falschen Entscheidung drängen, nur damit eine vermeintliche Sicherheit wiederhergestellt ist. Achten Sie stattdessen auf die folgenden Indizien dafür, dass Sie sich mit diesem neuen Job nur selber unglücklich machen würden.

1. Ihr direkter Vorgesetzter sucht eigentlich einen persönlichen Assistenten

Die Jobbeschreibung war spannend: Es ging darin klar um Projekte und Aufgaben, für die Sie sich inhaltlich interessieren und qualifiziert sind. Dann werden Sie zum Jobinterview eingeladen. Dieses wird nicht vom Personaler geführt, sondern von Ihrem direkten Vorgesetzten selbst (was ja in KMU an sich weder ungewöhnlich noch zunächst ein Grund für Skepsis ist). Im Gespräch allerdings scheint es, als würde Ihr Gegenüber mehr über sich und seine Bedürfnisse erzählen, als Ihnen die Projekte und Ihre mögliche Rolle darin zu erläutern.

Besonders aufhorchen sollten Sie, wenn klar wird, dass Ihr Gesprächspartner von Ihnen erwartet, dass Sie sich in Ihrer ganzen Herangehensweise seinem Ansatz, seinen Methoden und seinem zeitlichen Rahmen unterzuordnen haben. Dann ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass Ihr Vorgesetzter schlicht jemanden sucht, der die Dinge erledigen kann, zu denen er selbst nicht kommt oder die ihn, deutlich gesagt, langweilen. Anders gesagt, Sie würden zur Marionette verkümmern. Solange zur Jobbeschreibung die persönliche Assistenz nicht explizit gehört, sollten Sie das Weite suchen, sobald diese sich als die eigentliche Kernbeschäftigung herauskristallisiert.


Bewerbung. (Bild: racorn / Shutterstock.com)
Bewerbung. (Bild: racorn / Shutterstock.com)


2. Der Bewerbungsprozess geht zu schnell voran

Nichts ist schlimmer als das Warten auf Reaktionen nach der Bewerbung. Je schneller eine affirmative Antwort kommt, desto besser, oder? Leider nein. Natürlich kann eine sehr zügige positive Reaktion gerade bei kleinen Unternehmen bedeuten, dass Sie genau der Kandidat waren, auf den der Geschäftsführer gewartet hat. Bei Konzernen und grösseren Unternehmen allerdings dauert eine gewissenhaft geführte Bewerbungsauswertung nun mal ihre Zeit. Ein Monat bis zu sechs Wochen sind hier die Norm.

Bekommen Sie sehr viel schneller einen positiven Bescheid und eine Einladung, ist etwas Vorsicht geboten. Vielleicht ist die HR-Abteilung einfach besonders effizient. Oder sind Sie tatsächlich die verzweifelt gesuchte Fachkraft, auf die KMU nur warten? Vielleicht ist die Beschleunigung aber auch Zeichen dafür, dass das Unternehmen eine extrem hohe Fluktuation an Mitarbeitern hat. Der Bewerbungsprozess ist dann keine sorgfältige Auswahl eines neuen Teammitglieds, die auf langfristige Zusammenarbeit angelegt ist.

Stattdessen, um es sehr deutlich auszudrücken, geht es um die Akquise unverbrauchter „Human Resources“, die schnell wieder einmal vakant gewordene Positionen besetzen müssen. Ob der Mitarbeiter sich bewährt oder ob er lediglich bleibt, bis sich eine bessere (oder preiswertere) Kraft findet, soll dann die Praxis erweisen – der Bewerbungsprozess ist nur auf Ressourcenauffüllung angelegt.

Wenn sich dieser Eindruck im Interview bestätigt, weil es extrem kurz angesetzt ist und Ihr Gesprächspartner sich offensichtlich nicht intensiv mit Ihnen auseinandersetzen möchte, dann sollten Sie erst einmal weitere, externe Informationen zur Personalpolitik des Unternehmens einholen, bevor Sie zusagen und verbrannt werden. Eine sorgsames Personalrecruiting ist immer auch ein Spiegel der Unternehmensphilosophie.

3. Keiner kann Ihnen genau sagen, welchen Job Sie eigentlich machen sollen

Natürlich sind auch Stellenausschreibungen nicht immer zu 100 % zutreffend, weil Unternehmen Organismen sind und verschiedene Menschen verschiedene Vorstellungen haben. Häufig würden Geschäftsführer, HR-Verantwortlicher und Projekt- oder Abteilungsleiter ein und dieselbe Position verschieden beschreiben. Anlass zur Sorge besteht aber dann, wenn niemand Ihnen wirklich exakt und ausführlich beschreiben kann, was Ihre zukünftigen Aufgaben und Zuständigkeiten sein sollen.

Häufig wird dies beim ersten Gespräch, ob am Telefon oder in Person, klar. Dann weicht die Definition Ihrer Tätigkeit in der Beschreibung des Abteilungsleiters plötzlich signifikant von der des Anzeigentextes ab. Vielleicht ist auch noch ein Projektverantwortlicher anwesend, der die auf Sie zukommenden Verantwortlichkeiten noch um völlig neue Aspekte ergänzt. Sie fühlen sich zunehmend verwirrt und denken zunächst, Sie hätten einfach nicht begriffen, was von Ihnen erwartet wird.

Tatsache ist aber: Die Verantwortlichen wissen es selber nicht – eventuell weil diverse Mitarbeiter Sie tatsächlich gerne für sich beziehungsweise ihr Projekt einspannen würden. Stellen Sie in so einem Fall klar, dass Sie eine genaue, präzise Aufgabenbeschreibung benötigen. Das bedeutet nicht, dass Sie nicht flexibel wären. Es heisst nur, dass Sie sich nicht zum Spielball einer mangelhaften Personalplanung machen lassen. Das zerreisst Sie und hinterher sind Sie dann auch noch schuld, wenn Sie allen Ansprüchen nicht gleichmässig gut genügen.

 

Oberstes Bild: © Kostenko Maxim – Shutterstock.com

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Mehr zu Caroline Brunner

Caroline Brunner ist freiberufliche Online-Journalistin mit Fokus auf Arbeitspsychologie, Entrepreneurship, Kommunikation, Karriereplanung, Nachhaltigkeit und Verbraucherthemen.

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