Hierarchien begründen eine Struktur, bewerten aber nicht die Menschen

Je grösser ein Unternehmen oder eine Organisation, desto tiefer strukturiert sind die Hierarchien. Das gilt in der grossen Masse der Fälle, in denen sich Unternehmensstrukturen über Hierarchien definieren. Und genau dafür sind die Hierarchien auch da. Sie strukturieren ein Unternehmen, treffen jedoch keine Aussage über die Qualität und Wertvorstellungen der Menschen, die sich innerhalb dieser Struktur bewegen.

Es gilt also, gedanklich wegzukommen von der Hierarchie als Werteeinordnung für Menschen, hin zu einer Denkweise, in der eine Hierarchie lediglich Verantwortungen klärt, ohne Menschen zu bewerten.

Von oben herab

Hierarchien sind in der Regel von oben nach unten gegliedert. Ganz oben steht der Aufsichtsrat mit seinem Vorsitzenden oder die Geschäftsleitung mit dem Geschäftsführer, nach unten hin gliedert sich das Unternehmen dann in unterschiedliche Bereiche, Abteilungen und letztlich die Teams. In dieser groben Struktur einer Hierarchie finden sich oftmals noch eine Menge weiterer Unterteilungen, die zwar die Struktur feiner definieren, oftmals aber auch für fehlende Transparenz und verlustanfällige Informationswege sorgen.

Im klassischen Hierarchiemodell werden die Strukturen mit verantwortlichen Leitungspersönlichkeiten verbunden, die entsprechend ihrer Stellung in der Hierarchie eines Unternehmens die Über- und Unterordnung umsetzen. Wird dieses klassische System aufgelöst, dann verteilen sich Verantwortlichkeiten nicht mehr nur nach der Struktur im Unternehmen, sondern nach individuellen Wertvorstellungen der Mitarbeiter an ihrer jeweiligen Position im Unternehmen.

Falsch verstandene Hierarchien teilen die Mitarbeiter in ein Oben und Unten auf und erzeugen damit eine gewollte oder unbewusste Bewertung der Menschen entsprechend ihrer Position in der klassischen Hierarchie. Diese fehlerhafte Betrachtungsweise von Hierarchien sorgt in der Folge für eine Form der Unterordnung und Überordnung im Unternehmen, die aufgrund ihrer Abwertungs- oder Aufwertungsmechanismen für ein meist ungesundes Betriebsklima sorgen.

Moderne Hierarchien hingegen verstehen sich als Unternehmensstrukturen, die losgelöst von jeglicher Bewertung den Mitarbeitern einen Platz im Unternehmen zuweisen, an dem sie verantwortlich mitwirken an der Schaffung von Werten. Dementsprechend spielt in einer modern gestalteten Hierarchie Wertschätzung eine weitaus grössere Rolle als Lob und Tadel. Wertschätzung orientiert sich nämlich in erster Linie an den Wertvorstellungen von Individuen, Unternehmen und Gesellschaften und nicht an erwünschtem oder unerwünschtem Verhalten im Rahmen von Überordnung oder Unterordnung.

Ein solch modernes Hierarchieverständnis erfordert eine grosse soziale Reife der Führungspersonen in den Unternehmen und grenzt sich von einer Struktur ab, die lediglich wegen der erfüllungsorientierten Abwicklung von Anweisungen und Aufträgen funktioniert.

Moderne Hierarchien sind so gestaltet, dass sie möglichst flach bleiben und nicht zu breit und tief gefächert sind. Damit bleiben auch für die Mitarbeiter in der vermeintlich unteren Stufe genügend Mitgestaltungs- und Mitspracherechte offen, um werteorientiert und schöpferisch an der Entwicklung des Gesamtunternehmens teilzunehmen.

Klingt theoretisch kompliziert, funktioniert aber recht einfach

Was hier theoretisch etwas kompliziert klingt, heisst weiter nichts, als dass Hierarchien nicht als Unter- oder Überordnungsebenen verstanden werden, sondern lediglich als die grundlegende organisatorische Struktur eines Unternehmens. Prinzipiell erfordert eine solche flache Hierarchie nur drei Ebenen. Die Ebene der verantwortlichen Unternehmensleitung wird unterteilt in Abteilungen für bestimmte Leistungsbereiche. Diese wiederum gliedern sich dann in Teams, die ausschlaggebend an der Erbringung der Leistungen arbeiten. Die Koordination der Teams wird von den jeweiligen Abteilungen gesichert, diese wiederum führen ihre Arbeit zusammen und liefern die Ergebnisse der Unternehmensleitung ab.

Dabei ist der Weg von der Unternehmensspitze hin zur Ebene der konkreten Leistungserbringung sehr kurz, so dass auch differenziertere Prozesse der Wertschöpfung quasi direkt steuerbar und kontrollierbar sind. Überflüssige Umwege über zig Führungskader und Verantwortliche werden eingespart, was auch den reibungs- und verlustarmen Informationsfluss von unten nach oben sichert.


Selbst global agierende Konzerne entdecken klarere Hierarchien für sich. (Bild: Pressmaster / Shutterstock.com)
Selbst global agierende Konzerne entdecken klarere Hierarchien für sich. (Bild: Pressmaster / Shutterstock.com)


Selbst global agierende Konzerne entdecken klarere Hierarchien für sich

In der Entwicklung global agierender Grosskonzerne hat sich über die Jahre hinweg oftmals eine Politik der Posten, Pöstchen und Subverantwortlichkeiten herausgebildet. Ein nahezu undurchdringliches Netz unterschiedlichster Strukturen verwehrt den einfachen Arbeitern oftmals den informellen Weg in die oberen Verantwortungsstrukturen. Dazwischen liegen Teamleiter, Bereichsleiter, Abteilungsleiter, Gruppenleitungen, einzelne Betriebsleitungen, und erst viel später kommen die eigentlichen Verantwortungsträger der Leitung des Gesamtunternehmens ins Spiel. Das führt dazu, dass eine Menge Leute nur dafür bezahlt werden, dass sie eine Position mit Pseudoverantwortung besetzen und dort ein Stück vom Kuchen Macht geniessen.

Viele grosse Konzerne haben die Fehleranfälligkeit dieses Systems mittlerweile erkannt und arbeiten an einem Umbau der Strukturen. Dabei sehen sie sich einer Heerschar von Bedenkenträgern gegenüber, die eigentlich nur ihre eigene Position in der bestehenden Hierarchie verteidigen wollen. Diese Verteidiger verstehen die vorhandene Hierarchie als Aufteilung von Macht und Einfluss, nicht aber als Klärung der Struktur eines Unternehmens.

Wer sich breit aufgestellte Hierarchien genauer ansieht, stellt fest, dass es hier Hierarchieebenen und einzelne Stellen gibt, die über keinerlei tatsächliche Funktion verfügen und lediglich aus traditionellen Gründen noch bestehen. Hier gilt es, den Sinn alter Strukturen infrage zu stellen und verkrustete Systeme aufzubrechen. Damit gelingt auch grossen Traditionsunternehmen der Schritt in die Moderne, in der flache Hierarchien für einen vereinfachten und klaren Informationsfluss sorgen sowie Verantwortlichkeiten auf breite Schultern verteilen, so dass diese Unternehmen letztlich deutlich agiler am Markt auftreten können.

 

Oberstes Bild: © bloomua – Shutterstock.com

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Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

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