Fitness für Mitarbeiter: Das richtige Bewegungsprogramm fürs Team finden
VON Robert Schumann Allgemein Selbstmanagement
Die Ernährung eines Mitarbeiters ist durchaus seine Privatangelegenheit. Dennoch sollte ein Vorgesetzter und Chef im Rahmen seiner Möglichkeiten aktiv werden, wenn er die fahrlässige Ernährungsweise eines Mitarbeiters beobachtet. Eine Keksdose in der Büroküche ist das eine. Tonnen von Süssigkeiten auf dem Tisch eines ohnehin übergewichtigen Mitarbeiters sind etwas völlig anderes. So etwas kann durchaus im Rahmen eines persönlichen Gesprächs thematisiert werden.
Die Brisanz von Zucker, Fetten und kurzkettigen Kohlenhydraten ist in den letzten Jahren gründlich erforscht worden. Die Bildung von Körperfett durch die Aufnahme von Süsswaren ist noch nicht einmal das Schlimmste. Zucker und Weissmehl sind reiner Dünger für Krankheitserreger, Pilze und letzten Endes sogar Tumore.
Aber letztendlich kann ein Mensch essen, was er will. Mit einem entsprechenden Bewegungsausgleich kann vieles kompensiert werden. Nur, genau darin liegt die Crux: Wie bekommt man völlig eingerostete Kollegen dazu, sich auf den Weg zu einem neuen Körpergefühl zu machen?
Die ideale Gelegenheit ist ein gut organisierter Betriebsausflug. Eine mittelschwere Strecke von maximal fünf bis acht Kilometern mit einigen kleineren Steigungen sollte für jeden zu schaffen sein. Die Mitarbeiter mit einer guten Kondition wird es nicht weiter anstrengen. Doch die Bewegungsabstinenzler werden denken, dass sie an ihre Grenzen stossen. Aber auch wenn sie Ihnen schwitzend, fluchend, keuchend und mit hochrotem Kopf böse Blicke zuwerfen – freuen Sie sich. Sie kommen Ihrer Fürsorgepflicht als Vorgesetzter nach, und darauf können Sie stolz sein.
Belohnen Sie ihre Mitarbeiter mit einem zünftigen Mahl am Zielort der Wanderung. Burgen mit ihren Restaurants sind zu diesem Zweck prädestiniert. Das Herabrollen vom Berg wird für die Bewegungsmuffel ihrer Mannschaft deutlich einfacher sein als der Hinweg.
Nun haben Sie den Grundstein gelegt. Idealerweise findet der Betriebsausflug an einem Freitag statt. Der Montag danach ist perfekt für ein Feedback. Fragen Sie ihre Mitarbeiter, wie das Wochenende war. Natürlich wird viele ein übler Muskelkater heimgesucht haben. Aber dennoch: Ein gewisser Stolz und ein äusserst angenehmes Körpergefühl werden sich auch beim hartnäckigsten Stubenhocker eingestellt haben. Darauf können Sie aufbauen.
Klären Sie jetzt ihre Mitarbeiter umfassend über die Wichtigkeit von Bewegung auf. Sie ist wichtig für Körper, Geist und Seele – Sie stärken also mit der Herstellung der körperlichen Gesundheit auch massiv die seelische Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter. Wenn Sie sich dazu entschliessen können, Ihren Mitarbeitern die Teilnahme an einem Programm zu subventionieren, dann ist das sehr lobenswert. Doch das Wichtigste ist dabei, dass Sie eine Auswahl anbieten.
Fitnessclubs sind zwar hervorragend dazu geeignet, den Körper umfassend zu trainieren. Es ist dennoch keine Sache für jeden. Viele Übergewichtige fühlen sich sehr unwohl, wenn sie von schwitzenden, gestählten und jungen Körpern umgeben sind. Vereine sind dagegen deutlich heterogener aufgestellt. Hier können ungewöhnliche Ideen bei Kollegen eine grosse Wirkung zeigen. Warum nicht einmal eine frustrierte Dame mittleren Alters in einen Boxkurs schicken?
Die Erkenntnis, längst nicht so schwach und wehrlos zu sein, wie man sich vielleicht selbst sieht, kann völlig neue Energien wecken. Ebenso kann sich ein Trauerkloss in einem Schwimmbecken plötzlich pudelwohl fühlen. Gerade im Aqua-Bereich ist das Angebot an Fitnessprogrammen inzwischen deutlich gewachsen. Mit Aqua-Jogging, Aqua-Cycling und vielen anderen Ideen ist der Wassersport inzwischen zu einer vollwertigen Alternative zum Fitnessclub geworden. Vielleicht ist aber bei manchem Stubenhocker auch die Lust auf die Natur geweckt worden. Hier stehen Lauf- und Wandervereine bereit, welche gerne neue Mitglieder aufnehmen.
Die Krankenkassen und Versicherungen bieten häufig besondere Unterstützung für betriebliche Bewegungsprogramme an. Dies können Rabattaktionen oder direkt geförderte Kurse sein. Letzten Endes müssen Sie die Frage nach der Bewegung Ihren Mitarbeitern überlassen. Sie mit dieser Frage aber nicht alleine zu lassen, gehört zu den Pflichten eines Vorgesetzten.
Man kann natürlich bis auf die zehnte Stelle hinter dem Komma ausrechnen, welche wirtschaftlichen Vorteile ein gesunder Staff mit sich bringt. Von buchhalterisch erfassbaren Krankenkosten bis zur Kalkulation der Produktivitätsminderung durch einen hohen Krankenstand ist alles machbar. Aber geht dieser Ansatz nicht am eigentlichen Problem vorbei?
Die Frage ist doch vielmehr: Mit welchen Mitarbeitern fühlt man sich wohler? Welchen Kollegen kann man mehr vertrauen? Wo hat man das Gefühl, dass die Mannschaft mit an einem Strang zieht? Ein Haufen eigenbrötlerischer Einzelkämpfer, denen die innere Kündigung schon auf die Stirn geschrieben steht – oder ein dynamisches Team von zuverlässigen Powertypen, die motiviert ihre Ziele erreichen wollen?
Bewegung ist bei allen gesundheitlichen Aspekten vor allem der Kontakt zum eigenen Körper. Direkter als durch brennende Muskeln, den wohlig aufgeheizten Körper und ordentlich beanspruchte Gelenke kann ein Mensch sein eigenes Selbst nicht wahrnehmen. Arbeit bedeutet – so angenehm sie auch sein mag – stets auch ein grosses Mass an Fremdbestimmtheit. Mit einem vernünftigen Bewegungsmanagement kann der drohenden Frustration aus der Erkenntnis dieser Fremdbestimmtheit wirkungsvoll entgegengearbeitet werden.
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