Open-Source-Software in Unternehmen und die möglichen Kosteneinsparungen für die IT

Die IT zählt in modernen Unternehmen wohl zu den wichtigsten Sektoren überhaupt. Damit die Aufgaben dieser Abteilung auch in Zukunft kostensparend realisiert werden können, setzen immer mehr Betriebe und auch Regierungen auf Open-Source-Software – aber lohnt sich das tatsächlich oder geht die Rechnung nur auf dem Papier auf?

Das Beispiel Grossbritannien

England soll in diesem Artikel nur als eine Art Vorbild dienen, denn derartige Überlegungen finden auch in zahlreichen anderen Nationen und eben auch in unabhängigen Unternehmen statt – und zwar nicht erst seit gestern.

Francis Maude, Minister im britischen Parlament, schlägt beispielsweise vor, die überaus erfolgreiche und ebenso mächtige Office-Suite von Microsoft durch die – oft kostenlosen – Angebote anderer Anbieter zu ersetzen. Dazu legt er auch gleich einige Zahlen auf den Tisch: Maude lamentiert unter anderem, dass die Regierung für öffentliche Dienste allein seit 2010 ungefähr 304 Millionen Franken ausgegeben hat. Durch eine Umstellung auf Open-Source-Software sollen diese Kosten drastisch gesenkt werden können, Maude spricht von Einsparungen im sechsstelligen Bereich pro Jahr. Seine Kritik endet aber nicht bei den Kosten, denn auch die Sicherheit haben die britischen Parlamentarier im Visier.

Den Kleinen eine Chance?

So würde man sich bei der Regierung zu eng an einen einzigen IT-Dienstleister binden, welcher keinen tiefen Einblick in seine Programme zulassen würde – und das wäre ein Sicherheitsrisiko. So gut Microsoft Office auch wäre, der sogenannte Vendor-Lock-In sorge dafür, dass gewaltige Summen nur an ein einziges Unternehmen fliessen würden. Weiterhin moniert er die „Technik von gestern“, welche man im Austausch dafür bekomme. Ob Maude dafür das Sachverständnis fehlt, ist ungewiss, denn bei Microsoft Office handelt es sich anerkanntermassen um eine der besten und fortschrittlichsten Office-Suiten auf dem Markt.

Er und seine Vertreter befürchten jedoch, dass innovative lokale Unternehmen auf diese Weise komplett aus dem Wettbewerb ausgeschlossen werden. Ausschreibungen, welche die Regierung regelmässig hält, könnten nur in den seltensten Fällen von britischen Unternehmen gewonnen werden. Dass dadurch viel Geld gespart werden kann, belegt ein Beispiel in Verbindung mit einem Hosting-Vertrag für Daten der Regierung: Während der damalige Vertragspartner für das nächste Jahr Kosten in Höhe von 5,6 Millionen Franken voraussagte, landete der Zuschlag letztendlich bei einem lokalen und wesentlich kleineren Unternehmen – für nur 84.000 Franken.

Kann Open Source die Lösung für Unternehmen sein?

Die britische Regierung war bislang, wie bereits erwähnt, nur ein Beispiel. Die Arbeitsweise in Unternehmen in der Schweiz unterscheidet sich davon jedoch kaum: Auch hier werden grosse Summen in Produkte von Microsoft, SAP, Oracle, Adobe & Co. investiert – aber kann dieselbe Arbeit nicht auch von kleineren, aber vielleicht ebenso talentierten Unternehmen geleistet werden? Es gibt auch hier wie immer zwei Seiten einer Medaille.

Die Kosteneinsparung als Milchmädchenrechnung

Bei den Überlegungen, die IT zu modernisieren, werden zahlreiche Aspekte meist nicht beachtet. Dazu zählen unter anderem:

  • Die Mitarbeiter eines Unternehmens müssen im Umgang mit der neuen Software geschult werden. Wer sich bereits viele Jahre an Outlook & Co. gewöhnt hat, wird nur ungern auf eine alternative Lösung umsteigen wollen. Diese Kosten werden bei der Aufstellung der Ersparnisse meist nicht berücksichtigt.
  • Möglicherweise fallen Investitionen in eine neue Hardware-Umgebung an. Auch das wird, je nach Grösse des Unternehmens, mit hohen Kosten zu Buche schlagen. Da dieser Aspekt im Voraus häufig nicht abschätzbar ist, werden auch diese Aufwendungen häufig unbeachtet gelassen.
  • Wer die hohen Lizenzkosten für beispielsweise die Office-Suite von Microsoft bezahlt, erhält damit nicht nur die Programme selbst. Microsoft ist durch die Enterprise-Varianten der Produkte zu einem Höchstmass an Service verpflichtet. Diesen Kundensupport werden Nutzer von Open-Source-Produkten meist nicht erhalten, da den Entwicklern dahinter schlicht die finanziellen Möglichkeiten fehlen.
  • Zu guter Letzt kostet eine solche Umstellung natürlich je nach Umfang der IT-Abteilung eines Unternehmens auch viel Zeit – und die ist bekanntlich Geld.


Open-Source-Lösungen als letzter Ausweg? (Bild: Dirk Ercken / Shutterstock.com)


Open-Source-Lösungen als letzter Ausweg?

Nein, dieses Fazit wäre mit Sicherheit nicht richtig. Bei einer entsprechenden Umschulung der Mitarbeiter und durch Investitionen in diesem Bereich kann ein Unternehmen wahrscheinlich Kosten einsparen, wenn alle Aufgaben auch in demselben Mass von frei zugänglicher oder zumindest kostengünstigerer Software erledigt werden kann.

Auch darf nicht der Eindruck entstehen, dass damit „Billig-Software“ erworben wird: Die meisten günstigeren Applikationen sind etwa für den Briefverkehr ebenso gut geeignet wie Microsoft Word, welches nur als Bundle mit anderen Programmen für etwa 100 Franken erhältlich ist (oder im Rahmen eines jährlichen Abonnements). Die Stärken teurerer Software kommen hingegen vor allem dann zum Vorschein, wenn zahlreiche Komponenten miteinander verknüpft werden sollen: Sobald Outlook, Exchange, Access und Lync miteinander harmonieren, weiss das Unternehmen in der Regel, wohin die zusätzlichen Franken geflossen sind.

Wofür entscheide ich mich?

Leider kann Ihnen diese Frage niemand beantworten. Ob in Ihrem Unternehmen günstige Lösungen von anderen Anbietern funktionieren können oder ob Sie doch lieber bei den Dienstleistungen der Grossen bleiben sollen, hängt von Ihrer Unternehmensstruktur ab – und auch von Ihrer Abenteuerlust. Langfristig kann es jedoch garantiert nicht schaden, Informationen zu diesem Thema anzusammeln und auch Ihre Mitarbeiter im Hinblick auf eine mögliche Einführung von Open-Source-Software zu sensibilisieren.

 

Oberstes Bild: © Hermin / Shutterstock.com

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