Wer ist Aktionär? Ab und zu eine schwierige Frage ... (Teil 1)

Bei der Gründung einer Gesellschaft gehören umfassende Überlegungen zur optimalen Rechtsform (Personengesellschaft oder GmbH/AG) zum Standardrepertoire jedes guten Treuhänders. Eher wenig Beachtung findet hingegen die Frage, in welcher Form das Kapital einer Aktiengesellschaft gehalten werden soll.

Die rudimentären Überlegungen dazu basieren nur zu oft auf Illusionen aus längst vergangenen Zeiten. In der Praxis sind wir aber auch hier immer wieder mit tückischen Konstellationen und daraus resultierenden Streitigkeiten konfrontiert. Im Folg enden finden Sie deshalb die wichtigsten Gedanken dazu:


Dies ist ein Bericht in zwei Teilen:

Teil 1: Wer ist Aktionär? Ab und zu eine schwierige Frage …

Teil 2: Wer ist Aktionär? Ab und zu eine schwierige Frage …


  • Welche Formen von Aktien gibt es?

Das Aktienrecht sieht verschiedene Eigenkapitalform en vor, die sich hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit, ihrer Stimmrechte und ihrem Anteil am Nennkapital der Gesellschaft unterscheiden. Für KMU sind vor allem Inhaber- und Namenaktien relevant, die beide sowohl Stimmrecht verkörpern als auch einen Nennwert aufweisen.

Daneben erlaubt das Gesetz mehrere Titelkategorien, welche beispielsweise unterschiedliche Kapitalanteile, aber dasselbe Stimmrecht haben können. Hinzu kommen die stimmrechtlosen Partizipationsscheine (PS, mit Nennwert) und Genussscheine (GS, ohne Nennwert). Aus diesen Bausteinen lassen sich im Prinzip beliebig komplexe Eigenkapitalstrukturen bauen. In der KMU-Welt haben sich diese jedoch als zu kompliziert und unflexibel erwiesen, und spätestens bei einem zukünftigen Eigentümerwechsel werden solche Strukturen oft zu einem grossen Hindernis. Aus diesem Grund ist es bei KMU in der Regel empfehlenswert, nur eine einzige Aktienkategorie vorzusehen, und wir beschränken uns im Folgenden auf dieses Szenario.

Auch bei den grossen Publikumsgesellschaften hat sich in den letzten zwanzig Jahren weitgehend das Prinzip „one share one vote“ und damit eine einzige Titelkategorie durchgesetzt. Ausnahmen bestehen eigentlich nur noch aus historischen Gründen bei Unternehmen mit einer starken Gründerfamilie – so zum Beispiel bei der Hoffmann-La Roche AG (Inhaberaktien und Genussscheine) und bei der Swatch Group (Inhaber- und Namenaktien, letztere als Stimmrechtsaktien ausgestaltet).

  • Was ist der Unterschied zwischen Inhaber- und Namenaktien?

Bei Inhaberaktien verkörpert das Wertpapier die ganzen Aktionärsrechte, und der jeweilige Besitzer dieses Papiers ist Aktionär. Ein Eigentümerwechsel erfolgt durch blosse Übergabe des Aktienzertifikats. Die Gesellschaft selber führt nicht Buch über ihre Aktionäre, und als Folge davon kennt sie ihre aktuellen Aktionäre auch nicht. Namenaktien hingegen lauten auf den Namen eines bestimmten Aktionärs, und die Übertragung eines Titels umfasst neben der Übergabe des Wertpapiers immer eine Meldung an die Gesellschaft. Diese führt in ihrem Aktienbuch oder Aktienregister aktuelle Aufzeichnungen über die ausgegebenen Titel und ihre jeweiligen Eigentümer, und weiss somit jederzeit, wer Aktionär ist. Dieses System der Meldung und Eintragung erlaubt es der Gesellschaft, in ihren Statuten gewisse Eintragungsbeschränkungen, sog. Vinkulierungen, vorzusehen und somit innerhalb gesetzlicher Grenzen die Kontrolle über ihr Aktionariat zu behalten.


Bespiel einer Namensaktie der 1921 in Biel (Schweiz) gegründeten UVACHROM AG (Bild: Bernd Schwabe, Wikimedia, CC)


  • Was sind die Vor- und Nachteile von Inhaberaktien?

Der offensichtlichste Vorteil der Inhaberaktien ist ihre Anonymität. Da nicht einmal die Gesellschaft weiss, wer ihre Aktionäre sind, können diese völlig anonym bleiben. Dieses Merkmal ist natürlich den in- und vor allem ausländischen Behörden seit längerem ein Dorn im Auge, und die Tage dieses Vorteils dürften sehr bald gezählt sein:

Aktuell läuft die Vernehmlassung zu einer Revision der Geldwäschereigesetzgebung, die zwingend eine Meldepflicht der Aktionäre und eine Aufzeichnungspflicht der Gesellschaft auch über ihre Inhaberaktien vorsieht und Verstösse nicht nur mit drakonischen Strafen, sondern mit einem Verlust der Aktionärsrechte sanktionieren soll. Angesichts des riesigen Drucks der OECD in Fragen der Geldwäscherei und Steuerhinterziehung müssen wir davon ausgehen, dass eine entsprechende Bestimmung in dieser oder ähnlicher Form kommen wird. Damit werden die Inhaberaktien zwar formell beibehalten, faktisch aber wie Namenaktien behandelt.

Ein weiterer vermeintlicher Vorteil ist die leichte Übertragbarkeit, die nur die Übergabe des Aktienzertifikats verlangt. Allerdings werden die Aktien grosser Publikumsgesellschaft längst elektronisch geführt, und die Verwaltung physischer Zertifikate ist damit eher ein Umtrieb als ein Vorteil. Bei KMU wechseln die Eigentümer zu selten, als dass diese einfache Übertragbarkeit von Bedeutung wäre. Damit entpuppen sich die Vorteile der Inhaberaktien als Illusion. Ihre Nachteile sind aber durchaus real.

Artikel von: artax Fide Consult AG / Mitglied von Morison International / www.artax.ch

 

Oberstes Bild: Welche Formen von Aktien gibt es? (Bild: © sverker – Fotolia.com)

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