Mitarbeitermotivation: Strategien gegen die innere Kündigung

Einmal pro Jahr erstellt das US-amerikanische Meinungsforschungsinstitut Gallup auf Basis einer telefonischen Befragung seinen „Engagement Index“. Bei der repräsentativen Studie geht es jeweils darum, den Grad der Bindung der Mitarbeiter an ihre Unternehmen zu messen. Die letzten veröffentlichten Gallup-Daten stammen aus dem Jahr 2012 und lieferten für Deutschland ein recht unerfreuliches Ergebnis.

Demnach fühlen sich nur 15 Prozent der Arbeitnehmer ihrem Unternehmen emotional verbunden und sind bereit, sich aktiv für dessen Ziele einzusetzen. Im Umkehrschluss betrachten sich 85 Prozent der Deutschen als ihrem Arbeitgeber nur wenig oder nicht verpflichtet, entsprechend mässig engagieren sie sich für die Unternehmensziele. In der Schweiz sieht es im Übrigen kaum besser aus – laut einer schon etwas älteren Studie leisten hier rund 78 Prozent aller Beschäftigten vor allem Dienst nach Vorschrift.

Besonders brisant ist der langfristige Trend der Mitarbeiterbindung. Im Jahr 2001 gaben lediglich 15 Prozent aller deutschen Arbeitnehmer an, keinerlei emotionale Bindung an ihr Unternehmen zu besitzen, inzwischen ist dieser Wert auf 24 Prozent angestiegen. Durch die innere Kündigung entgeht den Firmen ein beträchtliches Potential an Innovations- und Wirtschaftsleistung. Die Profiteure dieses Szenarios sind die Beratungsunternehmen.


Innere Kündigung ist die Folge von Fehlern auf der Führungsebene. (Bild: © Africa Studio – shutterstock.com)


Innere Kündigung resultiert aus Führungsfehlern

Personalverantwortliche sollten diese Ergebnisse nicht auf die leichte Schulter nehmen, auch Mitarbeiterbeschimpfungen sind nicht angebracht. Die Gallup-Studie belegt klar und deutlich, dass die Ursache für die fehlende Unternehmensbindung der Mitarbeiter in Führungsfehlern liegt. Besonders fatal wirken sich hier Führungsschwächen der direkten Vorgesetzten – also meist der mittleren Managementebene – aus.

Marco Nink, Strategic Consultant bei Gallup und einer der Studienautoren, fasst zusammen, dass viele Mitarbeiter hochmotiviert in ein Unternehmen kommen, später werden sie jedoch desillusioniert und verabschieden sich mental. Der Vorgesetzte ist in diesem Prozess präsent, bemerkt ihn jedoch in vielen Fällen nicht einmal. Die Düsseldorfer Personalberaterin Heike Cohausz fand dafür die prägnante Formel, dass Menschen zu Unternehmen kommen, am Ende jedoch Vorgesetzte verlassen.



Der hauptsächliche Grund dafür ist Ignoranz. Wenn ihre Bedürfnisse und Erwartungen permanent nicht ernst genommen werden, verwandeln sich motivierte Menschen zu irgendeinem Zeitpunkt in Verweigerer. Hier sind normalerweise die direkten Vorgesetzten in der Pflicht. Positives Feedback, konstruktive Rückmeldungen und die Botschaft, dass Mitarbeiter nicht nur als Produktivitätsfaktoren, sondern auch als Menschen zählen, sind wichtige Motivationsfaktoren. Weil diese fehlen, entscheiden sich 61 Prozent der Deutschen irgendwann für „Dienst nach Vorschrift“ – und zwar nicht, weil dies ihr persönliches Ideal von Arbeit ist oder sie schlicht zu faul sind, sondern weil sie die Erfahrung machen, dass sie so die wenigsten Probleme haben.

Der „Gallup Engagement Index“ macht die Generation 50+ als eine besonders stark vernachlässigte Arbeitnehmergruppe aus. Der Aufmerksamkeitsfokus der Unternehmen liegt auf den jungen High Potentials der Generation Y, die Generation der Babyboomer wird darüber nahezu vergessen. Paradox ist, dass das Management vieler Firmen exakt im selben Alter ist und diejenigen, die heute um die 50 sind, ebenfalls noch knapp 20 Arbeitsjahre vor sich haben.


Wenn Führungskräfte Innovationen ausbremsen, führt dies zu Frust bei den Mitarbeitern. (Bild: © Antonio Gravante – fotolia.com)


Schlechte Führung bremst Innovationen aus

Wie sich gute oder schlechte Führung auswirkt, zeigt sich anhand der Gallup-Studie am stärksten an der Innovationskultur. Von jenen Mitarbeitern, die sich mit ihrer Firma nur wenig identifizieren, finden nur neun Prozent, dass sich ihr Chef für neue Vorschläge und Ideen interessiert. Wenn Mitarbeiter mit ihren Ideen fortgesetzt auf taube Ohren stossen, resignieren sie und engagieren sich nicht mehr. Um dieses Potential zu aktivieren, müssten Führungskräfte offen und erreichbar sein sowie eine vertrauensvolle Atmosphäre schaffen.

Ihrem Unternehmen verbundene Arbeitnehmer machen im Schnitt 45 Prozent mehr Verbesserungsvorschläge als Mitarbeiter mit einer allenfalls formalen Bindung. In 89 Prozent der Fälle ergeben sich aus ihren Innovationsvorschlägen Einsparungen oder Effizienz- und Umsatzsteigerungen. Die Vorschläge der Mitarbeiter mit geringer Bindung erzielen dagegen nur zu 73 Prozent solche positiven Effekte. Um bahnbrechende Innovationen geht es laut Marco Nink dabei in den meisten Fällen nicht, oft aber um wichtige Beiträge zur Optimierung von Prozessen.


Ständiges Ablehnen neuer Ideen dämpft die Motivation von Mitarbeitern. (Bild: © St22 – shutterstock.com)


Bindungslosigkeit und hohe Fluktuation: Know-how-Verlust zugunsten der Beratungsbranche

Viele Unternehmen stehen letztlich vor der Entscheidung, welche Fluktuation aufgrund mangelnder Mitarbeiterbindung sie sich leisten wollen. 42 Prozent der emotional ungebundenen Mitarbeiter hoffen, dass sie nach einem Jahr einen anderen Arbeitsplatz gefunden haben, dagegen wollen 93 Prozent der emotional gebundenen Arbeitnehmer gern langfristig in ihrer Firma bleiben.

Mitarbeiter, die in grosser Anzahl aus der inneren in eine reale Kündigung wechseln, ziehen vermehrten Zeit- und Kostenaufwand für die Personalbeschaffung sowie den Verlust von Know-how und oft auch Kunden nach sich. Unter einer hohen Kündigungsrate leidet ausserdem die Motivation der verbleibenden Mitarbeiter.


Viele Mitarbeiter wünschen sich eine enge Bindung zu ihrem Unternehmen. (Bild: © stockyimages – shutterstock.com)


Personalberaterin Cohausz sieht einen weiteren Negativ-Effekt der Bindungslosigkeit: Um ihre Innovationskraft zu erhalten, sind viele Unternehmen auf externe Berater angewiesen. Die Beraterbranche profitiert damit direkt von deren internen Führungsfehlern. Wenn die Top-Entscheider emotionale Bindung und Mitarbeitermotivation als Teil der Unternehmensziele definieren und in die konkreten Zielvorgaben für das mittlere Management integrieren würden, könnten sie sich viele Führungsprobleme und oft auch teure Beratungsprojekte sparen.

Die zweite Führungsebene – also Projekt- oder Abteilungsleiter – wird sehr oft selber falsch geführt, gleichzeitig hat sie durch das operative Tagesgeschäft meist viel zu wenig Zeit für Mitarbeiterführung. Zudem arbeiten viele Mittelmanager intensiv an ihrer eigenen Karriere und haben wenig Interesse daran, dass auch ihre Mitarbeiter „glänzen“. Ein Bewusstseinswandel in den Firmen kann daher nur von den Unternehmensleitungen selber kommen.

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Oberstes Bild: © bluedesign – fotolia.com

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