Was die Börse und eine Glühbirne gemeinsam haben
Generationen von Analysten, Mathematikern und Statistikern versuchen sich schon an Modellen, die die Entwicklungen an den Börsen treffsicher vorhersagen sollen – bisher ohne durchschlagenden Erfolg. Jetzt sind Physiker an der University of Adelaide auf eine besonders ausgefallene Idee gekommen.
Sie haben Parallelen zwischen den elektronischen Orders an der Börse und der Lebensdauer von Glühbirnen festgestellt. Beide Erscheinungen folgen der gleichen Wahrscheinlichkeitsverteilung, die sich damit auch für Vorhersagen des Börsengeschehens nutzen lässt.
Herausfiltern von Marktmanipulationen
Die Physiker haben in Zusammenarbeit mit deutschen Finanzexperten elektronische Kauf- und Verkaufsanweisungen an der Londoner Börse in einem Zeitraum von vier Monaten analysiert. Dabei haben sie sieben Aktien erfasst, die das Spektrum von schnell in grossen Mengen gehandelten Papieren (Rio Tinto) bis zu eher selten gehandelten Aktien (Yellow Pages) abdecken. Dabei hat das Team zwei wesentliche Beobachtungen gemacht, die einerseits potenzielle Marktmanipulationen und andererseits die Modellierbarkeit normaler Aktienbewegungen betreffen.
Elektronische Bestellungen, die in einem Abstand von weniger als zehn Millisekunden eintrafen, genügen Professor Anthony Thomas zufolge keinen erkennbaren rationalen Regeln. „Es scheint, als seien das versuchte Marktmanipulationen durch gefälschte Bestellungen“, meint er. Beim Herausfiltern dieser extrem dicht aufeinanderfolgenden Bestellungen wirkt der Markt dagegen extrem rational. „Die Abfolge des Platzierens und Löschens von Bestellungen genügt einer gut bekannten Wahrscheinlichkeitsverteilung, der Weibull-Verteilung“, erklärt der Physiker.
Die Weibull-Verteilung nutzen
Einer Weibull-Verteilung folgt beispielsweise die Lebensdauer einer Glühbirne, so die Physikerin Ayse Kizilersü. „Die Erkenntnis, dass Aktivität auf dem Aktienmarkt auf die gleiche Art beschrieben werden kann, könnte uns in die Lage versetzen einzuschätzen, wie wahrscheinlich dramatische Ereignisse wie Börsencrashes sind.“ Solche Informationen hätten das Potenzial, Risiken in den Griff zu bekommen. „Börsenaufsichten könnten beispielsweise Irregularitäten in den Bewegungen erkennen, die Kleininvestoren benachteiligen würden, wie Marktmissbrauch“, erklärt die Physikerin.
Artikel von: pressetext.redaktion
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