St.Galler Kantonalbank: Negativzinsen bleiben uns noch lange erhalten

Die Nationalbank kann die Zinsen in der Schweiz erst anheben, wenn die EZB ihrerseits die Zinsen in der Eurozone erhöht. Sonst nimmt die Zinsdifferenz zwischen der Schweiz und der Eurozone, die eh schon kleiner ist als in der Vergangenheit üblich, ab.

Das will die SNB nicht, da sonst die Anreize erhöht werden, Franken zu kaufen und Euros zu verkaufen.

Die Wirtschaft in Europa läuft gut. Dennoch lässt sich Mario Draghi Zeit, darauf mit höheren Zinsen zu reagieren. Er hat Angst, dass ein zu starker Euro die Exportindustrie in der Eurozone zu stark belastet. Zudem ist die Inflation tief und der Druck, rasch mit höheren Zinsen gegen eine hohe Teuerung zu reagieren, gering.

Ich gehe deshalb davon aus, dass die EZB erst in der zweiten Hälfte 2018 an der Zinsschraube drehen wird. Das heisst, die SNB wird frühestens im September oder wahrscheinlicher im Dezember 2018 eine erste Zinserhöhung auf -0.50% vornehmen können. Bis der Libor-Satz ins Positive dreht, dauert es bis in den Sommer 2019.

Gute Nachrichten für Halter von Libor-Hypotheken

Sie werden noch längere Zeit von sehr tiefen Zinssätzen profitieren können. Die Libor- Mechanik greift erst wieder, wenn der Libor im Plus steht. Früher werden die Zinssätze für Festhypotheken reagieren. Im Vorfeld von Zinserhöhungen der Zentralbanken wird die Zinskurve jeweils steiler, d.h. dass die Zinssätze für Anlagen mit langen Laufzeiten, beispielsweise für 10-jährige Festhypotheken, früher steigen als der Libor-Satz für Anlagen von drei Monaten.

Aktuell sind die Zinsen für lange Festhypotheken immer noch tief. Das Fenster wird sich aber langsam schliessen. Es lohnt sich daher, trotz negativem Libor bereits heute über eine längere Anbindung des aktuellen Zinssatzes nachzudenken.

Was für die Schuldner und Halter von Hypotheken gut ist, ist für die Anleger weniger gut. Bis auf dem Sparkonto wieder mehr als ein symbolischer Zins verdient werden kann, dauert es noch lange. Kassenobligationen und andere Anleihen werden auch im nächsten Jahr nur wenig Zins abwerfen. Wer etwas mehr verdienen will, kommt nicht darum herum, auch Risiken einzugehen.

Aktienengagement für Anleger im Vordergrund

Im Vordergrund steht dabei, einen Anteil Aktien ins Portfolio zu nehmen. Wie hoch dieser sein kann, hängt von der eigenen Risikofähigkeit ab. Bei einem Aktienanteil von 25% sollten aber die meisten Leute auch grössere Kursverluste gut verkraften können. Zudem sind die Aussichten für die Aktien trotz bereits stark gestiegenen Kursen gut, solange es der Weltwirtschaft so gut geht wie zurzeit und keine deutliche Abschwächung in Sicht ist.

Von Immobilienfonds als Alternative zu den Aktien ist momentan abzuraten. Die Prämie zwischen dem zu bezahlenden Kurs für den Fonds und dem effektiven Wert der Immobilien ist mit 30% zu hoch. Steigen die Zinsen dann doch einmal, fällt diese Prämie in sich zusammen und die Anleger in Immobilienfonds verlieren viel Geld, auch wenn die Immobilienpreise gar nicht sinken.

 

Quelle: GREGOR COMMUNICATIONS
Artikelbild: © NAPA – shutterstock.com

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Mehr zu Dr. Thomas Stucki

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

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