Bain & Company: Jede vierte Bank kämpft ums Überleben

Kapitalerhöhungen, Teilverkäufe, Abbau von Risiken und Personal: Die europäischen Banken haben in den vergangenen zehn Jahren viele Register gezogen, um die Finanzkrise hinter sich zu lassen. Doch nur 38 Prozent der grösseren Institute in Europa stehen gut da.

Dagegen ist der Zustand von mehr als einem Viertel äusserst besorgniserregend. Das zeigt die Studie „Battle of the Banks: The Fight for Profitable Business Models in Europe“ der internationalen Managementberatung Bain & Company, für die insgesamt 111 Kreditinstitute analysiert wurden.

„Die Krise der europäischen Banken ist längst noch nicht ausgestanden“, erklärt Dr. Dirk Vater, Bain-Partner und Leiter der Praxisgruppe Banken in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er warnt jedoch davor, die Sorgenkinder der Branche vorschnell abzuschreiben: „Unsere Analyse zeigt, dass Banken mit einer klaren Strategie und mutigen Entscheidungen innerhalb von drei bis fünf Jahren gesunden können.“

Profitabilität deutscher Banken zu gering

Der bereits zum vierten Mal durchgeführte Gesundheitscheck von Bain ordnet die Banken in einem Scoring-Modell vier Kategorien zu: entlang der beiden Achsen Profitabilität und Effizienz sowie Bilanz und Finanzierung (Abb. 1). Genutzt werden dazu sowohl die Abschlüsse der Institute selbst als auch Daten von Anbietern wie SNL Financial und Moody’s. Folgende Ergebnisse sind in den einzelnen Kategorien zutage getreten:

  • Gewinner: Immerhin 38 Prozent der Banken befinden sich in einer komfortablen Position, darunter vor allem Institute aus Belgien, den Niederlanden und Skandinavien. Bei nahezu allen Kennzahlen lassen sie den Wettbewerb hinter sich.
  • Schwächen im Geschäftsmodell: Rund 17 Prozent haben zwar ihre Bilanz weitgehend in Ordnung gebracht, leiden aber noch unter Schwächen im Geschäftsmodell. Zu dieser Gruppe zählen fast alle an der Studie beteiligten deutschen Institute. Ihre Profitabilität und Effizienz bewegen sich auf dem niedrigen Niveau der griechischen Wettbewerber.
  • Schwächen in der Bilanz: Ebenfalls 17 Prozent hinken bei den Bilanzkennzahlen hinterher, vor vier Jahren waren es noch 21 Prozent. Solche Schwächen machen Banken verwundbar und sie nähern sich der Kategorie „Sorgenkinder“ an.
  • Sorgenkinder: Die Zahl der Banken in kritischem Zustand ist seit 2013 um zwei Prozentpunkte auf 28 Prozent gestiegen. Hier finden sich vor allem Institute aus Griechenland, Italien, Spanien und Portugal. Sämtliche gescheiterte Banken in den vergangenen zehn Jahren sowie zahlreiche Beteiligte an Zusammenschlüssen, dazu zählen die spanischen Sparkassen, waren zuvor in dieser Kategorie angesiedelt.

Der Kapitalmarkt straft diese Sorgenkinder ab. Ihr Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) liegt bei 0,31 und damit bei nicht einmal einem Viertel des Werts von Gewinnerbanken, die auf 1,31 kommen. Schwächen in der Bilanz führen zu einem durchschnittlichen KBV von 0,72. Schwächen im Geschäftsmodell haben einen KBV von 0,60 zur Folge. Nur mit einer klaren Strategie und entschlossenem Handeln können Banken diese Bewertungslücke schliessen.


Wie Europas Banken im Healthcheck abschneiden (Bild: obs/Bain & Company)
Wie Europas Banken im Healthcheck abschneiden (Bild: obs/Bain & Company)

Halbierung der risikogewichteten Aktiva und Erhöhung der Spareinlagen

Einigen europäischen Banken gelang in den vergangenen Jahren der Sprung in die Gewinnerkategorie. Aus ihrem Handeln lassen sich vier Stellhebel ableiten:

  1. Drastische Bilanzkürzung: Banken, die auf die Erfolgsspur zurückgekehrt sind, haben ihre risikogewichteten Aktiva um rund 50 Prozent reduziert, ihr Kreditvolumen um 25 bis 30 Prozent und das Volumen der sogenannten notleidenden Kredite um 70 bis 75 Prozent.
  2. Höhere Kundenloyalität im digitalen Zeitalter: Konzentrieren sich Banken auf zukunftsträchtige Geschäftsfelder und die konsequente Digitalisierung, können sie Privat- und Geschäftskunden begeistern und letztendlich ihre Nettozinsmarge bezogen auf die risikogewichteten Aktiva verdoppeln.
  3. Radikaler Neuanfang bei den Kosten: Die Erfolgsformel heisst „Zero-based Redesign“. Wer Jahr für Jahr seine Kosten von Grund auf neu plant und nicht nur fortschreibt, deckt Einsparpotenziale auf und schafft Freiräume für Investitionen in neue Geschäftsfelder.
  4. Veränderte Finanzierung: Die Passivseite von Banken, die zu den Gewinnern aufgeschlossen haben, veränderte sich grundlegend. Die Spareinlagen stiegen um 20 bis 25 Prozent, der Anteil der Wholesale-Finanzierung sank um 70 bis 80 Prozent.

„Grundsätzlich wissen die meisten Kreditinstitute, welche Themen sie angehen müssen“, stellt Bain-Partner Vater fest. „Doch viele agieren nach wie vor zu vorsichtig und scheuen den nötigen radikalen Wandel.“

Eine entschlossene Herangehensweise ist angesichts der veränderten Kundenerwartungen, des harten Wettbewerbs sowie der verschärften Regulierung unerlässlich. „Für die Banken gilt es jetzt zu handeln. Sie müssen vor allem die Schwächen in ihren Bilanzen ausmerzen und sich auf zukunfts- und margenträchtige Geschäftsfelder konzentrieren“, betont Vater.

 

Quelle: Bain & Company
Artikelbild: © Lightspring – shutterstock.com

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