Expertenbeurteilung der geldpolitischen Lage - Fragen und Antworten

Weil die Europäische Zentralbank (EZB) an ihrem expansiven Kurs festhält, bleibt die Zinsdifferenz Euro/Franken historisch klein. Deshalb kann die SNB unmöglich vor der EZB ihren Libor-Zins erhöhen. Sie würde mit einem solchen Schritt ihre eigene Geldpolitik unterwandern.

Der Referenzzinssatz behält die SNB diesen Donnerstag darum im negativen Bereich bei -0.75%. Ebenfalls wird die SNB bei Bedarf die Deviseninterventionen fortführen, weil diese ein Stabilisator im Währungsgefüge sind.

Die SNB wird auch ihre Bilanzsumme nicht zur Diskussion stellen, da eine Reduktion der Bilanzsumme ebenfalls ihren geldpolitischen Zielen entgegenwirken würde. Sobald sie nämlich Devisenreserven verkauft, würde sie am Markt als Frankennachfragerin auftreten und eine Frankenaufwertung herbeiführen.

Sind die ausserordentlichen Massnahmen der SNB überhaupt noch nötig?

Der Euro hat seit April 2017 zum Franken um gut 6% aufgewertet. Folglich kann die SNB in Sachen Deviseninterventionen eine Verschnaufpause einlegen. Vor den Wahlen in Frankreich musste die SNB noch massiv am Devisenmarkt intervenieren, was ihre Bilanzsumme stark ansteigen liess. So notiert sie seither höher als die jährliche Wirtschaftsleistung der Schweiz.

Ist die SNB mit diesem „Ballast“ überhaupt noch handlungsfähig?

Ja, das ist sie. Denn die Bilanzsumme und die Liquidität im Wirtschaftssystem, welche die SNB für die Preisstabilität steuern muss, sind nicht identisch. Für die Handlungsfähigkeit der SNB ist entscheidend, dass sie die Liquidität im Wirtschaftssystem steuern kann und diese Instrumente stehen ihr unabhängig von der Höhe der Bilanzsumme zur Verfügung.

Geniesst die SNB weiterhin Vertrauen der Märkte?

Nur mit Hilfe von eindeutigem Vertrauen kann sie mit verbalen Massnahmen die Geldpolitik zusätzlich in die gewünschte Richtung bewegen. Das Vertrauen ist in diesem Zusammenhang der Knackpunkt, weil die höhere Bilanzsumme «Bewertungsrisiken» mit sich bringt. Diese werden sich in volatileren Gewinnausweisen zeigen. Das wiederum wird die SNB-Geldpolitik durchaus zur Diskussion stellen, aber die Kompetenz und Position der SNB nicht nachhaltig schwächen.

Für die SNB bleibt trotz aufgehellter Konjunkturaussichten mit einer expansiven Geldpolitik in der Eurozone vorerst alles beim Alten. Hier gibt die EZB über ihre geldpolitischen Entscheide weiterhin den Takt vor. Ich erwarte diese Woche also keine Überraschungen, sondern dass die SNB an ihren ausserordentlichen Massnahmen festhält.

 

Quelle: St. Galler Kantonalbank, Dr. Thomas Stucki
Artikelbild: Symbolbild © g0d4ather – shutterstock.com

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Mehr zu Dr. Thomas Stucki

Dr. Thomas Stucki ist CIO der St.Galler Kantonalbank. Herr Stucki hat einen Abschluss mit Doktorat in Volkswirtschaft von der Universität Bern und ist CFA Charterholder. Er führt bei der St.Galler Kantonalbank das Investment Center mit rund 30 Mitarbeitenden. Er ist verantwortlich für die Verwaltung von Kundenmandaten und Anlagefonds im Umfang von CHF 4,4 Milliarden. Zuvor war er als Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank verantwortlich für die Verwaltung der Devisenreserven.

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