Devisenreserven steigen weiter: Zieht die SNB die Zinskarte?

Die Devisenreserven der Nationalbank sind im März um 15 Mrd. Franken auf 683 Mrd. Franken gestiegen. Bereits im Vormonat wurde eine Zunahme um 25 Mrd. Franken registriert. Dies zeigt, dass der Aufwertungsdruck auf dem Franken ungebrochen hoch ist.

Die SNB muss regelmässig im Devisenmarkt mit Verkäufen von Franken intervenieren, um den Wechselkurs stabil zu halten. Die SNB beteuert, weiterhin bei Bedarf im Markt aktiv zu sein. Wie lange sie die Zunahme der Devisenreserven hinnehmen will und kann, ist eine andere Frage. Die naheliegende Alternative wäre eine weitere Zinssenkung.

Die aktuelle Geld- bzw. Währungspolitik der SNB beruht auf zwei Pfeilern, der negativen Zinsdifferenz zur Eurozone und den direkten Deviseninterventionen. Wichtig ist für die SNB die Differenz der Geldmarktzinsen und der Unterschied zwischen den Zinssätzen, zu denen die Banken bei der EZB und der SNB ihre Liquidität anlegen können.

Bis zur Finanzkrise waren die Zinsen in der Schweiz immer zwischen 1% und 1.5% tiefer als in der Eurozone. Während der Zeit der Euro-Untergrenze haben sich die Euro-Zinsen auf das Schweizer Niveau abgesenkt. Beide waren im Herbst 2014 bei 0%.

Aktuell ist der Franken Libor-Satz rund 0.4% tiefer als der vergleichbare Zins für den Euro. Da ist es für die SNB verlockend, durch eine Zinssenkung die Differenz auszuweiten und den Franken unattraktiver zu machen.

Nächster Test: Wahlen in Frankreich

Ich gehe nicht davon aus, dass die SNB ihr Libor-Ziel weiter senkt, solange sie das Gefühl hat, den Zustrom von Devisenreserven selber unter Kontrolle zu haben. Dieser wird im Vorfeld der Wahlen in Frankreich anhalten und kann je nach Ausgang des ersten Wahlgangs noch zunehmen.

Es gibt für mich deshalb ein Szenario, bei dem die SNB die Zinskarte ausspielen könnte. Sollte Marine Le Pen im zweiten Wahlgang Anfang Mai zur Präsidentin gewählt werden, werden die Finanzmärkte den Euro in Frage stellen.

Der Druck auf den Franken wäre dann so gross, dass die SNB versuchen könnte, mit einer deutlichen Zinssenkung von 0.5% ein Signal zu senden und Gegensteuer zu geben. Eine Wahlsieg von Frau Le Pen bleibt aber unwahrscheinlich. Die SNB wird deshalb ihre Währungspolitik weiter auf Interventionen abstützen.

Enger Handlungsspielraum

Die Hemmschwelle für eine weitere Zinssenkung ist gross. Es bleibt der SNB praktisch nur noch eine Zinskarte, die sie ausspielen kann. Der Druck auf das Bankensystem, welches bereits heute durch die Negativzinsen belastet wird, würde bei einer Zinssenkung noch stärker werden.

Einige Banken könnten dies zum Anlass nehmen, auf grösseren Konto-Beständen ihrer Kunden, beispielsweise über 100‘000 Franken, Negativzinsen zu belasten. Die Flucht ins Bargeld würde deutlich zunehmen. Im Devisenmarkt verpuffen Zinssignale zudem relativ rasch. Die durch die grössere Zinsdifferenz verstärkte Belastung von Franken-Anlagen im Vergleich zu Euro-Depositen wirkt nur langfristig.

Kurzfristig dominieren die Suche nach Sicherheit und die Spekulation auf Kursgewinne bei einem stärkeren Franken. Die SNB wäre bald wieder gezwungen, mit Interventionen den Franken zu steuern.

 

Quelle: St.Galler Kantonalbank AG
Artikelbild: © Valeri Potapova – shutterstock.com

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