Bain-Studie: Deutschlands Banken hinken hinterher

Deutschlands Banken bewegen sich in einem schwierigen Umfeld. Die Internet-Welt, anhaltende Niedrigzinsen und zunehmende Konkurrenz durch Fintechs stellen klassische Geschäftsmodelle zunehmend in Frage, bei der Suche nach Ersatz ist man bislang nicht wirklich fündig geworden.

Stattdessen hält man lieber an gewohnten Strukturen fest und scheut den Wandel. Die internationale Management- und Unternehmensberatung Bain hat sich in einer Studie näher mit der Lage und den Herausforderungen des deutschen Bankensektors befasst. Hier die wesentlichen Erkenntnisse der Untersuchung „Deutschlands Banken 2016: Die Stunde der Entscheider“ im Überblick.

Eigenkapitalrendite mehr als bescheiden

Die Eigenkapitalrendite deutscher Banken lag 2015 im Schnitt bei 2.3 Prozent und war damit nur 0.2 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre verdienten die deutschen Institute erheblich weniger als ihre Wettbewerber im zweitgrössten Euroland Frankreich sowie in den vier weiteren führenden Währungsräumen USA, Japan, Grossbritannien und der Schweiz (Abb. 1).

Insbesondere die US-amerikanischen Banken schafften es, an ihre Renditen aus Vorkrisenzeiten anzuknüpfen. Auch beim Wachstum hinken die deutschen Anbieter deutlich hinterher. Seit 2004 konnten sie ihre Bilanzsumme durchschnittlich nur um 1 Prozent pro Jahr steigern, 2015 schrumpfte sie sogar. Im gleichen Zeitraum wuchsen die japanischen Institute pro Jahr um rund 3 Prozent, die britischen um 4 und die französischen, Schweizer sowie US-Banken gar um 5 Prozent und mehr.

„Der deutsche Bankensektor steckt in einer tiefen strukturellen Krise“, betont Walter Sinn, Bain-Deutschlandchef und Koautor der Studie. „Das ist eine gefährliche Entwicklung für die Exportnation Deutschland. Ein florierender Exportstandort ist auf einen starken Finanzsektor angewiesen.“

Gravierende strukturelle Defizite

Doch davon sind die Institute in Deutschland derzeit weit entfernt. Sie leiden vor allem unter strukturellen Defiziten im operativen Geschäft. Der Zinsüberschuss trägt mit 73 Prozent signifikant mehr zu den Einnahmen der Banken bei als in anderen Ländern. Die weltweite Niedrigzinspolitik belastet die deutschen Häuser damit besonders stark. Höhere Provisionseinnahmen scheitern unter anderem am harten Wettbewerb in einem unverändert stark fragmentierten Markt.

In Frankreich etwa vereinen die fünf grössten Banken mit 85 Prozent einen nahezu doppelt so hohen Anteil der kumulierten Bilanzsumme auf sich wie in Deutschland (44 Prozent). Trotz aller Sparanstrengungen stagniert auch deshalb die Cost-Income-Ratio, das Verhältnis von Kosten und Erträgen, im Durchschnitt der letzten vier Jahre in Deutschland bei 69 Prozent. In Frankreich liegt dieser Wert bei 65, in den USA bei 62 Prozent.

Zwischen den verschiedenen Institutsgruppen gibt es grosse Unterschiede. Spezialisten wie Automobil- und Direktbanken erwirtschaften mit mehr als 6 Prozent überdurchschnittliche Eigenkapitalrenditen. Die mehr als 1000 Volks- und Raiffeisenbanken kommen im Schnitt auf 2.9 Prozent, die 415 Sparkassen auf lediglich 1.7 Prozent. Zusammen mit den vier deutschen Grossbanken und den Bausparkassen bilden sie das Schlusslicht des Bain-Rendite-Rankings (Abb. 2). Insgesamt verdienen nur 5 Prozent der mehr als 1700 untersuchten Banken ihre Eigenkapitalkosten.

Drastische Kosteneinsparungen möglich

Bereits in der letztjährigen Studie hatte Bain gezeigt, dass im deutschen Bankensektor Kostensenkungen von bis zu 30 Prozent oder 25 Milliarden Euro möglich sind – und damit verbunden die Schliessung von 10‘000 Filialen sowie der Abbau von 115‘000 Arbeitsplätzen. Einsparungen in diesen Dimensionen setzen indes voraus, dass Grössenvorteile konsequent genutzt werden. Die Zahl der Banken in Deutschland könnte auch aus diesem Grund bis 2025 um ein Drittel auf rund 1‘200 sinken.

Ein wichtiger Treiber für die seit Langem diskutierte Konsolidierung dürfte die verschärfte Regulierung sein. „Vielerorts ist nicht mehr ,too big to fail‘ der Massstab, sondern ,too small to comply‘“, erklärt Bain-Bankexperte Schmundt. „Die neuen Regelwerke fordern umfassende Investitionen in Personal und IT, die aber vor allem kleinere Banken kaum stemmen können.“ Tatsächlich fehlt zahlreichen deutschen Banken im internationalen Wettbewerb die nötige Grösse, um auf Dauer erfolgreich zu sein.


Renditen nachhaltig unter internationalem Niveau / Weiterer Text über ots und www.presseportal.de/nr/19104 / Die Verwendung dieses Bildes ist für redaktionelle Zwecke honorarfrei. Veröffentlichung bitte unter Quellenangabe: "obs/Bain & Company/Bain & Company Germany"
Renditen nachhaltig unter internationalem Niveau (Grafik: © obs/Bain & Company/Bain & Company Germany)

Genossenschaftliche Zentralbanken erwirtschaften die höchste Rendite / Weiterer Text über ots und www.presseportal.de/nr/19104 / Die Verwendung dieses Bildes ist für redaktionelle Zwecke honorarfrei. Veröffentlichung bitte unter Quellenangabe: "obs/Bain & Company/Bain & Company Germany"
Genossenschaftliche Zentralbanken erwirtschaften die höchste Rendite (Grafik: © obs/Bain & Company/Bain & Company Germany)

Neuausrichtung der Geschäftsmodelle notwendig

Dreh- und Angelpunkt für den zukünftigen Erfolg ist die Neuausrichtung der Geschäftsmodelle vieler Banken – und das in der Geschwindigkeit des digitalen Zeitalters. Für die Spezialisten geht es hierbei vor allem um die Schärfung ihrer Positionierung in der Nische. Regionalbanken wie Sparkassen und Volksbanken hingegen müssen sich auf ihre Rolle als Kunden- und Vertriebsbank konzentrieren. Bei den national und international tätigen Universalbanken wiederum steht die Fokussierung auf profitable Geschäftsfelder im Mittelpunkt.

Gleichzeitig müssen alle Institutsgruppen sämtliche Möglichkeiten ergreifen, ihr Geschäft weiterzuentwickeln. Dies bedeutet neue digitale Angebote und Services, Cross-Selling in den Filialen oder eine Vorwärtsintegration der Beratung in das Geschäft ihrer Kunden hinein. „Die Digitalisierung eröffnet den Banken völlig neue Geschäftschancen“, so Bankexperte Sinn. „Dabei muss der Wettbewerb etablierter Institute mit Fintechs nicht unweigerlich zu einer Konfrontation führen. Vielerorts mündet er in ein Miteinander im Rahmen von Kooperationen.“

 

Quelle: Bain & Company
Artikelbild: © Kevin George – shutterstock.com (Symbolbild)

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