Beim Vermögenswachstum sieht die Schweiz die Rücklichter

Wie es aussieht, gehören die „fetten“ Jahre des Vermögenswachstums erst einmal der Vergangenheit an. Weltweit erzielte das Brutto-Geldvermögen der privaten Haushalte im Jahr 2015 mit 4,9 Prozent eine Zuwachsrate, die nur noch knapp über der Wachstumsrate der allgemeinen Wirtschaftstätigkeit lag.

Dagegen war in den drei Jahren zuvor das Vermögen mit durchschnittlich 9 Prozent noch rund doppelt so schnell gewachsen.

Das ist das Ergebnis der siebten Ausgabe des „Global Wealth Reports“ der Allianz, der die Vermögens- und Schuldenlage der privaten Haushalte in über 50 Ländern analysiert.

Das wirkt sich auch auf die Schweiz aus: Im Vergleich zum Euroraum hat sich das Vermögenswachstum deutlich verlangsamt, während Herr und Frau Schweizer mit 90’220 Euro (rund 98’340 Franken) gleichzeitig die weltweit höchste Pro-Kopf-Verschuldung aufweisen.

„Die globale Vermögensentwicklung ist an einem kritischen Punkt angekommen“, kommentiert Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz, die Entwicklung. „Offensichtlich verliert die extrem expansive Geldpolitik auch als Treiber der Vermögenspreise an Wirkung. Ein wichtiger Faktor des Vermögenswachstums der letzten Jahre fällt damit weg. Gleichzeitig rutschen die Zinsen immer tiefer, bis weit in den negativen Bereich. Für die Sparer sind das keine guten Aussichten.“

Verlangsamtes Vermögenswachstum in Industrieländern, Asien auf der Überholspur

Vom Rückgang des Vermögenswachstums waren vor allem Westeuropa, die USA und Japan betroffen; in Westeuropa (3,2 Prozent) und den USA (2,4 Prozent) reduzierte sich 2015 die Zuwachsrate gegenüber 2014 auf weniger als die Hälfte. Am anderen Ende der Skala steht die Region Asien (ohne Japan) mit einem Zuwachs von 14,8 Prozent. Der Abstand zum Rest der Welt wird dabei immer grösser.

Dies gilt auch im Verhältnis zu den beiden anderen aufstrebenden Regionen, Lateinamerika und Osteuropa, die im Mittel nur noch halb so schnell wie Asien wachsen. Die Zeiten, in denen sie in etwa mit dem Tempo der Asiaten mithalten konnten, sind lange vorbei. Von den insgesamt 155 Billionen Euro weltweiten Brutto-Geldvermögens entfallen inzwischen 18,5 Prozent auf die Region Asien (ohne Japan), die ihren Anteil damit seit Beginn des neuen Jahrtausends mehr als verdreifachen konnte und auch am Euroraum (14,2 Prozent) vorbeigezogen ist.

Schweiz beim Vermögenswachstum auf den hinteren Plätzen

In der Schweiz wuchs das Brutto-Geldvermögen im vergangenen Jahr um 1,7 Prozent, das Netto-Geldvermögen um 1,3 Prozent; beide Werte liegen deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Auch im langfristigen Vergleich landet die Schweiz auf einem der hinteren Plätze: Seit 2007, dem letzten Jahr vor Ausbruch der grossen Finanzkrise, legte das Netto-Geldvermögen pro Kopf in der Schweiz insgesamt nur um 4,5 Prozent zu; der europäische Durchschnitt liegt dagegen bei knapp 31 Prozent.

Zum Vergleich: Die niederländischen Haushalte konnten in diesem Zeitraum – trotz Finanz- und Eurokrise – ihr Pro-Kopf-Vermögen nahezu verdoppeln; auch Dänen und Schweden erzielten mit über 60 Prozent hohe Zuwächse. Ähnlich enttäuschend wie in der Schweiz war die Entwicklung nur noch in Italien, wo die Pro-Kopf-Vermögen stagnierten, und in Griechenland, wo sie sich nahezu halbierten.

Das langsame Wachstum der letzten Jahre ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass die Schweiz in der Rangliste der 20 reichsten Länder (Geldvermögen pro Kopf, s. Tabelle) mit einem Nettovermögen von 170’590 Euro (rund 185’943 Franken) weiterhin unangefochten auf Platz 1 steht. Der starke Franken spielt dabei natürlich auch eine Rolle. Dominiert wird die Rangliste – neben der Schweiz und dem „Ewigen Zweiten“ USA – in jüngster Zeit von skandinavischen und asiatischen Ländern. Die Euroländer, allen voran Italien und Frankreich, sind dagegen deutlich abgerutscht. Beim Brutto-Geldvermögen steht inzwischen sogar nur noch ein Euroland unter den Top 10: die Niederlande.

Schweiz bei der Pro-Kopf-Verschuldung einsam an der Spitze

Deutlich dynamischer verlief dagegen in der Schweiz im selben Zeitraum die Entwicklung der Verbindlichkeiten pro Kopf: Diese kletterten um knapp 20 Prozent, der europäische Durchschnitt liegt bei gut 10 Prozent. In absoluter Rechnung stehen die schweizerischen Haushalte sogar einsam an der Spitze – und das weltweit: Der Wert von 90.220 Euro (rund 98’340 Franken) pro Kopf wird von keinem anderen Land übertroffen.

Im Durchschnitt hat ein Schweizer so viele Schulden wie zwei Amerikaner, vier Deutsche oder 30 Chinesen. „Die Schuldenstandsquote liegt mit 127 Prozent mittlerweile extrem hoch. Ein Zinsanstieg könnte die schweizerischen Haushalte in arge Bedrängnis bringen“, betont Severin Moser, CEO der Allianz Suisse.

Die globale Vermögensverteilung zeigt zwiespältiges Bild

Die Analyse der Vermögensverteilung zeigt laut Global Wealth Report ein heterogenes Bild. Die Wachstumsstory der Schwellenländer lässt dort immer mehr Menschen am allgemeinen Wohlstand teilhaben und eine neue globale Mittelklasse bilden. Parallel dazu ist die Armut in den vergangenen Dekaden weltweit deutlich zurückgegangen.

Zwar gehört die überwiegende Mehrheit der fünf Milliarden Menschen in den von der Allianz untersuchten Ländern immer noch der globalen Vermögensunterklasse an. Statt 80 Prozent im Jahr 2000 zählen heute noch 69 Prozent der Gesamtbevölkerung dazu. In den zurückliegenden Jahren ist immer mehr Menschen der Aufstieg in die Mittelklasse gelungen, insgesamt nahezu 600 Millionen.

Die Zahl der Personen hat sich damit auf über eine Milliarde Menschen mehr als verdoppelt; der Anteil der Mittelklasse an der Gesamtbevölkerung kletterte von 10 Prozent auf rund 20 Prozent. Auch ihr Anteil am Weltvermögen hat sich gegenüber dem Beginn des Jahrtausends beinahe verdreifacht und erreichte Ende 2015 gut 18 Prozent. Die globale Mittelklasse wird also nicht nur immer grösser, sondern auch immer reicher.

Netto-Geld-Vermögen pro Kopf / Brutto-Geld-Vermögen pro Kopf (PDF)

Die Studie ist auf der Allianz Homepage unter der Rubrik Publikationen/Spezialthemen zu finden.

 

Artikel von: Allianz Suisse
Artikelbild: © Fer Gregory – shutterstock.com

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