„Super Mario“ – das Bild des EZB-Präsidenten verblasst

Am kommenden Donnerstag schauen Finanz- und Wirtschaftsexperten wieder mit Spannung nach Frankfurt. Denn dann wird Mario Draghi die neuesten geldpolitischen Entscheidungen der EZB bekanntgeben. Doch im Vorfeld der EZB-Beschlüsse ist es diesmal auffallend ruhig.

Das war längst nicht immer so. Es gab Zeiten, da liessen ein paar Worte von Draghi den Euro und die Kurse an den Börsen heftig ausschlagen. Die EZB-Entscheidungen waren Ereignisse, die schon Wochen im Voraus die Schlagzeilen der Finanzmedien beherrschten.

Keine spektakulären Entscheidungen erwartet

„Mittlerweile hat Mario Draghi den ,Super Mario‘-Status verloren“, stellt Dr. Thomas Stucki, CIO der St. Galler Kantonalbank, fest. Weiter führt er aus: „Die Prognosen der Ökonomen und Analysten verlieren sich in technischen Details über Anpassungen im EZB-Anleihekaufprogramm. Der grosse Wurf wird am nächsten Donnerstag nicht mehr erwartet.

Die EZB hat viel gemacht, um die Wirtschaft in der Eurozone anzukurbeln. Banken können das Geld bei der EZB gratis holen, werden aber mit einem negativen Einlagesatz von -0.4% bestraft, wenn sie überflüssige Liquidität wieder bei der EZB platzieren. Damit sollen sie zur Vergabe von Krediten gezwungen werden. Mit monatlichen Käufen von 80 Mrd. Euro kauft die EZB den europäischen Obligationenmarkt leer und verhilft den Staaten der Eurozone sowie kapitalmarktfähigen Unternehmen und Organisationen zu billigem Geld. Ob sie ihre wirtschaftlichen Ziele damit erreichen wird, bleibt umstritten.

Ungleiches Wachstum in der Euro-Zone

Seit 2015 hat sich das Wachstum im Euro-Raum bei gut 1.6% stabilisiert. Dieses Wachstum lässt sich im Vergleich zu den anderen Industrieländern wie den USA oder Japan sehen. Anhaltend gross sind die Unterschiede innerhalb der Eurozone. Während Deutschland boomt und Spanien sich hochrappelt, kommt Italien nicht vom Fleck. Die Wirtschaft in Europa profitiert dabei nicht von neuen Bankkrediten oder von mehr Investitionen. Vielmehr profitiert sie von der Abschwächung des Euro gegenüber dem Dollar um mehr als 20%, welche ein nicht unerwünschter Nebeneffekt der EZB-Politik war.

Auf die EZB-Anstrengungen überhaupt nicht reagiert hat die Inflationsrate. Die Kernrate ohne den Einfluss der gesunkenen Energiepreise verharrt bei 0.8% und macht keine Anstalten, in die Zielregion der EZB von 2% zu steigen. Offensichtlich hilft das viele billige EZB-Geld nicht, die vorhandenen Überkapazitäten in der Wirtschaft abzubauen und den Firmen eine höhere Preissetzungsmacht zu geben. Angesichts einer Arbeitslosenrate von 10.1% ist dies nicht verwunderlich.

Vertrauen in EZB schwindet

Damit kommen wir zu einem wichtigen Problem der EZB-Geldpolitik. Die vorhandenen positiven Impulse äussern sich in wirtschaftlichen Wachstumsstatistiken. Sie sind für die grosse Mehrheit der Bürger in der Eurozone aber nicht spürbar. Deshalb verliert die EZB an Vertrauen und ihre Massnahmen werden zunehmend negativ beurteilt.

Fehlt das Vertrauen in die EZB, kann sie trotz grosser Anstrengungen keine positiven Signale mehr aussenden, welche die Unternehmen zu Investitionen und die Konsumenten zum Geld ausgeben animieren. Deshalb ist es wichtig und richtig, dass rund um die EZB etwas Ruhe einkehrt.“

 

Artikel von: St. Galler Kantonalbank AG
Artikelbild: Mario Draghi (© matthi – shutterstock.com)

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