Ungetreue Geschäftsführung: Neuer, strafbegründender Eigentumsbegriff

Das Basler Strafgericht hat im Rahmen seiner Rechtsprechung zur ungetreuen Geschäftsführung den Eigentumsbegriff in problematischer Weise erweitert. Neben dem „herkömmlichen“ Eigentum, Miteigentum und Gesamteigentum wird jetzt auch zwischen wirtschaftlichem und juristischem Eigentum differenziert. Vermögensdelikte können dabei auch gegenüber dem wirtschaftlichen Eigentümer begangen werden, auch wenn ihm juristisch das Vermögen gar nicht gehört.

Die ungetreue Geschäftsführung ist in diesem Zusammenhang ein besonders heikler Straftatbestand. Der ist in Art. 158 Abs. 1 StGB wie folgt geregelt:

„Wer aufgrund des Gesetzes, eines behördlichen Auftrages oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten oder eine solche Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, und dabei unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere am Vermögen geschädigt wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.“

Ein Beispiel aus dem praktischen Leben

Nehmen wir an, Ihr Nachbar bittet sie während seiner zweiwöchigen Ferienabwesenheit die Blumen und Pflanzen zu spritzen und gelegentlich, zwei bis drei Mal pro Woche, einen Rundgang im Haus zu machen. Er übergibt Ihnen am Freitag den Schlüssel. Am Sonntag erhalten Sie von einem Familienmitglied einen Anruf mit der Aufforderung ins Tessin zu kommen. Die ganze Familie sei dort und das Wetter sei prächtig.

Kurzentschlossen packen Sie die Koffer und verbringen zwei schöne Wochen in der Sonnenstube der Schweiz. Als Sie zurückkommen, treffen Sie auf einen genervten Nachbarn. All seine Pflanzen sind verdorrt, an einem Gewittertag hat sich ein Fenster durch den Wind geöffnet und leider hat das verregnete Wetter nördlich der Alpen zu einem intensiven Wasserschaden geführt.

Die versprochenen, unterbliebenen Kontrollrundgänge haben zu Schäden geführt und Ihr Nachbar ist enttäuscht. Sie haben Ihre Pflichten, das Haus zu beaufsichtigen verletzt und damit Ihren Nachbarn am Vermögen geschädigt.

Was banal klingt, ist strafrechtlich problematisch und kann den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsführung erfüllen. Durch den Straftatbestand wird im Ergebnis eine zivilrechtliche Haftung zu einer Straftat und daher dem Strafrecht zugewiesen. Ob dann ein solches Ereignis verfolgt wird, hängt von den konkreten Verhältnissen und vom gesunden Menschenverstand ab.

Zwei problematische Urteile

In einem neueren Entscheid hat nun das Strafgericht Basel-Stadt die unscharfen Rahmenbedingungen der ungetreuen Geschäftsbedingung nochmals erweitert. Konkret ging es um die Geschäftsführung durch einen Alleinaktionär. Ihm gehörte die Gesellschaft und er war alleiniger zivilrechtlicher Eigentümer. Der Aktionär hatte unter verschiedenen Rechtstiteln wie persönliches Salär, Salär für seine Ehefrau, Spesen, Geschäftsfahrzeuge, Lizenzgebühren, etc. insgesamt pro Jahr gegen CHF 500‘000 bezogen.

Ein ehemaliger Mitarbeiter – entlassen wegen verschiedenen Vorkommnissen – behauptete nun Aktionär zu sein – und zwar aufgrund einer Zahlung an den Alleinaktionär. Weder war diese Person als Aktionär eingetragen noch im Besitze eines Aktienzertifikates. Der Ex-Mitarbeiter machte auch nie zivilrechtliche Aktionärsrechte geltend und versteuerte auch nie ihren vermeintlichen Aktienbesitz.

Dennoch verlangte sie vom Geschäftsführer Schadenersatz und stellte anschliessend Strafanzeige. Die Staatsanwaltschaft ist darauf eingetreten und das Strafgericht verurteilte nun den Geschäftsführer mit der Begründung, dass der Alleinaktionär wohl juristischer Alleinaktionär ist, dass aber die andere Person an einem Teil der Aktien als wirtschaftlich berechtigter Eigentümer geschädigt sei  und damit eine ungetreue Geschäftsführung vorliegt.

Dass die Einführung des Doppeleigentums durch das Strafgericht systematisch ist, zeigt ein zweites Urteil der Richter. Der Aktionär war Eigentümer einer im Markenregister eingetragenen Marke und liess sich dafür Lizenzgebühren im üblichen Rahmen entrichten.

Auch hier beurteilte das Gericht, dass die Marke wohl im juristischen Eigentum des Alleinaktionärs war (mit Eintrag im Markenregister), dass aber die Marke wirtschaftlich im Eigentum der Aktiengesellschaft sei und deshalb eine Lizenzentschädigung zu einer unzulässigen Entreicherung der Gesellschaft führe und damit zu einer ungetreuen Geschäftsführung. Unbeachtlich bleibt die Rechtstatsache, dass eine Marke kraft Markengesetz nur durch einen schriftlichen Vertrag übertragen werden kann.

Der Prozessteilnehmer hatte über die Lizenzzahlungen mit der Steuerverwaltung des damals zuständigen Kantons ein Ruling (Vereinbarung mit der Steuerverwaltung über einen Sachverhalt) vereinbart. Die Lizenzgebühren für die Marke waren als Geschäftsaufwand zugelassen und die Lizenzeinnahmen wurden zum persönlichen Einkommen. Trotz versteuerter Einnahmen beim Alleinaktionär nutzte das Ruling nichts. Aufgrund des wirtschaftlichen Aktionärs und des wirtschaftlichen Eigentümers der Marke wurde die Lizenzzahlung nicht als Geschäftsaufwand akzeptiert und es erfolgte eine Verurteilung wegen Steuerbetrug.

Hoffnung auf Revision

Durch dieses Urteil des Basler Strafgerichts wird die „Ungetreue Geschäftsführung“ – an und für sich schon problematisch – durch den doppelten Eigentumsbegriff dramatisch erweitert. Zukünftig muss sich jeder fragen, wer ist juristischer Eigentümer und wer ist wirtschaftlicher Eigentümer. Diese müssen nicht identisch sein.

Im Steuerrecht gibt es die wirtschaftliche Betrachtungsweise. Dies führt dazu, dass Tatsachen besteuert werden, ohne Rücksicht auf die juristische Form. Nun wird die Strafbarkeit von wirtschaftlicher Interpretation eingeführt, ohne Rücksicht auf die juristische Form. Der Fall ist vor dem Kantonsgericht anhängig und auf eine Korrektur ist zu hoffen.

 

Artikel von: Fide Consult AG / Mitglied von Morison International / www.artax.ch
Artikelbild: © Jirsak – shutterstock.com

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Mehr zu Dr. iur. Bernhard Madörin

Seit 2000 ist Dr. iur. Madörin Partner und langjähriges Mitglied des Verwaltungsrates der artax Fide Consult AG. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer hat er als Steuer- und Treuhandexperte die Gesamtverantwortung für die Bereiche Steuern, Recht und Unternehmungsberatung inne und kann heute auf rund 30 Jahre Berufserfahrung als Treuhänder und selbständiger Unternehmer zurückblicken.

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