Ohne Angst ehrlich verkaufen

„Ich bin kein Verkäufertyp!“, sagt so mancher Unternehmer. Es gibt psychologische Gründe und Erklärungen, weshalb Mittelständler häufig einen erhöhten Puls haben, wenn sie verkaufen dürfen/müssen/sollen. Aber man kann auch etwas, dafür tun, damit das Verkaufen leichter von der Hand geht. Eines vorneweg: Ängste sind normal – nur kaum einer spricht darüber!

Würde ein „gestandener“ Mittelständler zu seinen Führungskräften frei heraus sagen, dass er Angst vor Preisverhandlungen hat, würden diese mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür wenig Verständnis zeigen. Leider. Darum ist es nur allzu natürlich, dass betroffene Unternehmer ihre Ängste überspielen.

Keiner stellt sich gerne infrage – und sucht offensiv nach Lösungen. Eher wird das Thema verdrängt. Andere nehmen aus falschem Stolz keine Hilfe an oder glauben, dass sich diese Ängste schon irgendwann von ganz alleine legen werden.

Die Angstspirale

Schon kleine Misserfolge können diese Angst zu versagen noch weiter steigern. Erfolgsdruck macht nervös und schürt die Angst vor dem Scheitern zusätzlich. Das Ganze schaukelt sich auf, da mit zunehmender Angst die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs zunimmt.

Ein schlechtes Selbstwertgefühl lässt Unternehmer als Bittsteller auftreten und vorschnell Rabatte geben. Oft setzen sich Mittelständler selbst unter Druck. Eine Lösung ist das nicht und wenig hilfreich, da Druck immer zum Rückfall führt: Entweder zu Vorgehensweisen, die – weil man es ja schon immer so gemacht hat – nicht zum Erfolg führen. Oder zur Flucht in Richtung Ausreden und Alibimassnahmen.

Niemand kann vor der Angst weglaufen

Viele Ängste, die Mittelständler in ihrem Verkaufsalltag durchleben, sind erlernt. Nicht nur Eltern (in Familienunternehmen ein ganz entscheidender Faktor!) und ältere Geschwister prägen Kinder, sondern auch andere Autoritäten wie Lehrer oder Medien.

Hat jemand Angst vor einer Gruppe zu sprechen, so kann dies vielleicht auf ein äusserst unangenehmes Erlebnis in der Schulzeit zurückzuführen sein. Da die Angst  im Menschen ist, kann niemand vor ihr weglaufen. Besser ist es sich ihr zu stellen. Im Sprachgebrauch wird die Angst oft verschoben: „Der macht mir Angst!“ Dabei ist „Ich habe Angst!“ ehrlicher, weil es ein eigenes Gefühl ist.

Diese Sichtweise hat positive Folgen: Wenn ein anderer etwas hat, dann kann nur dieser es beeinflussen. Wenn man es aber selbst hat, dann unterliegt es der eigenen Macht. Die Angst sollte nicht als etwas Böses empfunden werden, sondern als etwas Helfendes, da sie aufzeigt, wo noch Potentiale sind.

Wege zur starken Verkäuferpersönlichkeit

Statt „Ich kann NICHT akquirieren!“ ist es besser „Ich kann NOCH NICHT akquirieren!“ zu denken. Es gibt im Verkauf nämlich keine Fehler, sondern nur Feedback. Ist die Reaktion des Kunden nicht im Sinne des Unternehmers, sollte sich dieser damit auseinandersetzen. Betroffene müssen sich Zeit nehmen. So wie man Übergewicht nicht von heute auf morgen los wird, dauert es auch, Ängste zu reduzieren.

Manchmal ist es gut, gewisse verkäuferische Dinge gemeinsam im Team anzugehen. Aber nicht unter Druck. Denn nur wer Verkaufen – gerade  wenn es schwer fällt – ehrlich und unverkrampft angeht, hat langfristig Erfolg. Angstfreies und ehrliches Verkaufen ist keine Methode, sondern eine Lebenseinstellung. Folgende zwanzig Punkte sorgen für die richtige Haltung, damit ehrliches Verkaufen gelingt:

Das 20-Punkte-Programm für eine angstfreie Verkaufshaltung

1. Sei neugierig und gehe auf Menschen zu

Zeigen Sie mehr Präsenz, indem Sie sich dort aufhalten, wo interessante Menschen sind. Nicht, um zu verkaufen, sondern um das eigene Netzwerk auszubauen und Kontakte mit Menschen zu knüpfen, die beruflich und/oder privat interessant sein könnten.

2. Interessiere dich für dein Gegenüber

Menschen reden gerne von sich selbst und freuen sich, wenn man sich ernsthaft für sie interessiert. Jeder kann mit seinen Erfahrungen für jeden eine wertvolle Bereicherung sein, um etwas zu lernen oder um andere besser zu verstehen.

3. Hinterfrage, was du nicht verstehst

Verkäufer sollten so reden, dass ihr Gegenüber sie auch verstehen kann. Aus natürlichem Respekt für den Kunden fragen Verkäufer nach, wenn sie etwas nicht verstehen – denn sie wollen ihn wirklich verstehen.

4. Denke nicht für den Kunden, sondern mit ihm

Kein Verkäufer kann wissen, was der Kunde wirklich will oder braucht und weshalb. Verkäufer müssen helfen, die für den Kunden beste Lösung zu finden, indem sie gute Fragen stellen.

5. Biete zuerst die beste Lösung an

Um einen schnellen Abschluss zu machen, bieten Verkäufer  oft nicht die beste Lösung an, sondern die, bei welcher sie am wenigsten Widerstände erwarten. Wichtiger als möglichst wenig Stress sind aber langfristig zufriedene Kunden.

6. Langweile Kunden nicht

Viel zu oft macht es Kunden wenig Spass zu kaufen, weil sie sich wie eine anonyme Nummer oder als Mittel zum Zweck fühlen. Durch Mitdenken, Engagement und Originalität können sich Verkäufer wohltuend von der Masse abheben.

7. Rede nichts schön, sei ehrlich

Verkäufer, die nur ihre eigene Provision und Karriere im Fokus haben, tragen zum schlechten gesellschaftlichen Stellenwert bei. Ein Anbieter ohne geeignete Lösung für den Kunden muss den Auftrag ablehnen.

8. Hilf bei der Entscheidung, aber drängle nicht

Der Verkäufer kennt sein Angebot, doch für den Kunden ist es womöglich eine hochkomplexe Entscheidung. Die optimale Balance zwischen Aufdringlichkeit und Gleichgültigkeit hilft dem Kunden zu einem klaren Ja oder Nein.

9. Sprich an, was zwischen euch steht

Viele Menschen sind höflich und sagen ihre Meinung nicht immer frei heraus. Ein ehrlicher Verkäufer ist sich seiner Verantwortung bewusst und spricht von sich aus mögliche Einwände an.

10. Sieh Einwände als Interessenssignale

Zu viele Einwände stellen den Gesprächsaufbau infrage. Ein paar Einwände hingegen sind normal. Kunden wollen die Sicherheit haben, ihr Geld für die richtige Sache auszugeben.

11. Achte auf den Nutzen, dann ist der Preis zweitrangig

Kunden sparen gerne Geld. Trotzdem müssen Verkäufer nicht die billigste Lösung anbieten, sondern die für den Kunden beste. Erreicht der Kunde mit dem Kauf seine Ziele sicherer, ist das Geld zweitrangig.

12. Mache keine falschen Versprechungen

Wer offen von sich aus mögliche Probleme anspricht, tut nicht nur seinem Gewissen einen Gefallen, sondern auch seinem Kunden. Denn dieser braucht einen Partner, der ihn zuverlässig begleitet.

13. Hilf dem Kunden, mit dir Erfolg zu haben

Die Verantwortung endet nicht mit der der Unterschrift des Auftrags. Der Kunde hat unterschrieben, weil er dem Verkäufer vertraut und in diesem auch den Ansprechpartner bei einer etwaigen Reklamation sieht.

14. Halte Kontakt zu interessanten Menschen

Viele Geschäfte kommen nicht zustande, weil potentielle Kunden interessante Geschäftspartner aufgrund der Reizüberflutung vergessen. Halten Sie den Kontakt – auch wenn sie einen Auftrag nicht bekommen.

15. Hab Spass am Tun

Wer im Verkaufen eine Last oder gar ein notwendiges Übel sieht, tut damit niemandem einen gefallen. Weder sich selbst und seiner Lebensqualität, noch seinem Unternehmen, das auf den Verkauf angewiesen ist, noch seinen Kunden, die Macher brauchen und keine „Trantüten“.

16. Sei offen für Neues – und lerne

Verkäufer möchten gerne, dass sich ihre Kunden öffnen und auch mal etwas Neues ausprobieren. Doch Verkäufer selbst sind manchmal so verschlossen wie eine Muschel, und suchen immer woanders die Fehler, statt bei sich selbst. Wer regelmässig dazulernt, wird automatisch seine Persönlichkeit entwickeln – und leichter seine Ziele erreichen.

17. Verkaufe nur etwas, hinter dem Du stehst

Es gibt manchmal Tage, da klappt es einfach nicht. Das gehört leider zum Leben dazu. Doch wer etwas verkauft, was er selbst nicht liebt, wird als Verkäufer niemals den durchschlagenden Erfolg haben.

18. Bleibe am Ball – angemessen

Verkäufer müssen die Balance zwischen Aufdringlichkeit und Desinteresse beherrschen. Jeder Kunde tickt anders. Aus Kundensicht wirken Verkäufer leider oft eher passiv. Darum ist der beste Weg, stets einen konkreten Verbleib zu treffen, wie nach dem Gespräch gemeinsam weiter vorgegangen wird.

19. Wenn es nicht passt, dann klammere nicht

Verkäufer – und erst recht Unternehmer – haben auch die Pflicht, loszulassen. Beispielsweise Nörgler, anstrengende Kleinstkunden oder schlecht zahlende Kunden. Das können sie am besten, wenn sie sich ihrer Zeit- und Energiediebe erst einmal bewusst werden.

20. Ergreife stets neue Chancen

Chancen bekommt nur der, der Chancen eine Chance gibt – und diese dann auch nutzt. Darum suchen Verkäufer stets nach neuen Kunden und interessanten Ideen, wie sie nicht nur selbst ihr Leben besser gestalten können, sondern auch das ihrer Geschäftspartner.

Unternehmer sollten diese Verkaufsgrundsätze regelmässig reflektieren: Mache ich das? Was könnte ich noch besser machen? Was will ich jetzt konsequent neu ausprobieren? Denn letztlich kaufen Menschen von Menschen – und gerade das wird zu oft vergessen.

Wer als Unternehmer mit Herzblut ehrliches Verkaufen lebt, erreicht ohne Angst interessante Menschen und hat mit diesen gemeinsam Erfolg.



 

Artikelbild: © goodluz – Shutterstock.com

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Mehr zu Oliver Schumacher

Oliver Schumacher steht für Ehrlichkeit im Verkauf. Der fünffache Buchautor ist exklusiv für Vertriebsabteilungen tätig, die sich bei ihren Kunden mit allen Mitteln dafür einsetzen, dass die vor Vertragsschluss in Aussicht gestellten Ziele auch realisiert werden. Die Mission des Sprechwissenschaftlers und Betriebswirts ist es, dafür zu sorgen, dass die berufliche Tätigkeit des Verkaufens in Deutschland endlich einen besseren gesellschaftlichen Stellenwert geniesst. Der Mittvierziger hält motivierende Vorträge und gibt wirksame Verkaufstrainings. https://www.oliver-schumacher.de

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