Fintech-Konkurrenz macht es Banken schwer

Fintech-Anbieter verzeichnen beachtliche Fortschritte in der Kundenwahrnehmung. Ein Grossteil der Banken muss dabei zugeben, auf die wachsende Bedrohung durch sie nicht ausreichend vorbereitet zu sein. Zu diesem Resultat kommt der World Retail Banking Report (WRBR) von Capgemini und Efma.

Die Studie stellte fest, dass weltweit mittlerweile fast zwei Drittel (63 Prozent) aller Bankkunden Fintech-Produkte oder -Dienstleistungen nutzen. Gleichzeitig sind Kunden eher dazu bereit, Freunden und Familie ihren Fintech-Anbieter (55 Prozent) zu empfehlen, als ihre Bank (38 Prozent).

In der Schweiz nutzen fast 64 Prozent der Kunden Fintech-Produkte. Auch hier würden 54 Prozent eher ihren Fintech-Anbieter als ihre Bank (43 Prozent) weiterempfehlen.

Es stimmen 96 Prozent der Bankenmanager weltweit überein, dass sich der Sektor in Richtung eines digitalen Bankenökosystems entwickeln wird, in dem Fintechs eine bedeutend grössere Rolle spielen werden. Jedoch konnten nur 13 Prozent von ihnen bestätigen, ein entsprechendes System im Einsatz zu haben, das diese Entwicklung mitträgt.

Fintech-Anbieter sind besonders in den aufstrebenden Märkten und unter jüngeren Kunden verbreitet. Aus Kundensicht seien die Dienste leicht zu bedienen (82 Prozent), bieten einen schnellen Service (81 Prozent) und ein gutes Kundenerlebnis (80 Prozent). Banken hingegen haben eine andere Sicht auf diese von den Kunden genannten Vorteile.

So stimmen weniger als die Hälfte (40 Prozent) der Banken zu, dass Fintechs ein gutes Kundenerlebnis bieten (ein Unterschied von 40 Prozentpunkten). Dass sie einen schnellen Service liefern, bestätigen sogar nur 36 Prozent der Banken (ein Unterschied von 45 Prozentpunkten).

Kundenerlebnis bei Banken verbessert, Fintechs aber weiter auf der Überholspur

Weltweit machten die Kunden bessere Erfahrungen mit ihrer Bank – in über 85 Prozent der untersuchten Länder war das Kundenerlebnis im Gegensatz zum letzten Jahr besser. Dieses spiegelt sich auch im Capgemini Customer Experience Index (CEI) wider, wonach das Kundenerlebnis weltweit um 2,9 Punkte gestiegen ist.

In der Schweiz stieg der Wert um 6,3 Punkte auf 80 Punkte von 100 an. Da sich der Anteil der Bankkunden mit positiven Erfahrungen hier um 9,9 Prozentpunkte erhöht hat, konnte sich das Land in diesem Jahr von Platz 14 in 2015 auf Platz fünf unter den 32 Ländern im Index steigern.

Nichtsdestotrotz lässt sich dieser allgemeine Fortschritt nicht greifbar in gewinnbringendes Kundenverhalten, wie Kundenbindung, Weiterempfehlungen oder den Verkauf zusätzlicher Dienstleistungen, übertragen. So sind beispielsweise weltweit lediglich 16 Prozent und in der Schweiz nur 10 Prozent der Kunden gewillt, zusätzliche Dienstleistungen ihrer Bank in Anspruch zu nehmen.

Banken selbst sehen Vertrauen als ihre grösste Stärke (70 Prozent). Zwar sprechen mehr Kunden den Banken ihr volles Vertrauen aus, aber das Bild wendet sich, wenn man zum vollen Vertrauen den Anteil dazurechnet, der zu einem gewissen Mass Vertrauen hat.

Dementsprechend holen die Fintech-Unternehmen auf: Über alle untersuchten Regionen hinweg, geben mehr als 88 Prozent der befragten Kunden an, ihrem Fintech-Provider voll oder zumindest in einem gewissen Masse zu vertrauen. Während 90 Prozent der Bankenmanager registriert, dass die Geschwindigkeit des Wandels zunimmt, fühlt sich nur weniger als ein Viertel in Sachen Agilität und Innovationsfähigkeit den Fintechs überlegen.

„Wenn es den Banken nicht gelingt innovativer zu werden, werden Fintech-Anbieter diese Kunden gewinnen“, sagt Tobias Wolf, Leiter Bankenberatung Schweiz bei Capgemini Consulting. „Banken haben die Möglichkeit, kollaborativ mit den Fintechs zusammenzuarbeiten. Dafür müssen die Banken jedoch schneller werden und handeln, bevor sich das Zeitfenster im rasch entwickelnden Umfeld wieder schliesst.“

Partnerschaft statt Übernahme

Um auf die Bedrohung, die diese Unternehmen für traditionellere Modelle darstellen, reagieren zu können, sehen es fast zwei Drittel der Führungskräfte in Banken als notwendig an, Fintechs als Partner zu betrachten. Dabei geht die Mehrheit der Strategien zur Bankenentwicklung in Richtung Zusammenarbeit (46 Prozent) und Investment (44 Prozent). Weniger als ein Fünftel (18 Prozent) spricht von Plänen zur Akquisition einer Fintech-Firma oder ihrer Technologie.

„Die Bereitschaft sich mit Fintechs zusammenzuschliessen, ist ein Zeichen dafür, dass Banken selbst oft nicht in ausreichendem Masse auf eine digitale Zukunft vorbereitet sind“, sagt Vincent Bastid, Secretary General, Efma. „Partnerschaften mit diesen Unternehmen, liefern Banken die dringend benötigte Orientierungshilfe in Sachen Produktentwicklung, und helfen Ihnen dabei, ihre Rolle im aktuellen Bankenumfeld festzulegen.“

Banken und Fintechs besitzen komplementäre Stärken, die genutzt werden sollten, um das Kundenerlebnis im Finanzbereich zu verbessern. Während Fintechs sich in Agilität, Innovation und der Anwendung neuer Technologien auszeichnen, haben Banken Kapital, eine weitreichende Kundenbasis und Expertise im Umgang mit Regulatoren. Laut des Reports müssen Banken „umfassender denken“, wenn sie die sich wandelnden Kundenwünsche im digitalen Zeitalter erfüllen wollen.

Höchste Priorität wird sein, die Kernsysteme neuzugestalten und in der Application Programming Interface (API)-basierten Softwareentwicklung volle Kompetenzen aufzubauen. Banken werden ihr volles Wachstumspotenzial nur erreichen, wenn sie auch die wachsende Rolle der Fintechs akzeptieren und Kooperationswege finden, während sich das digitale Finanznetzwerk weiterentwickelt.



Der World Retail Banking Report 2016 beruht auf Daten von mehr als 16.000 Kunden aus 32 Ländern und ist damit eine der grössten Umfragen seiner Art zum Thema Kundenerlebnis. Neben den Ergebnissen der Kundenbefragung, basiert der Report auch qualitative Daten aus ausführlichen Interviews mit Bankenmanagern.

 

Artikel von: Capgemini
Artikelbild: © Rawpixel.com – shutterstock.com

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