Selbstständig als Architekt - so gelingt der Einstieg

Sie studieren Architektur und tragen sich mit dem Gedanken, sich selbstständig zu machen? Oder Sie stehen vor der Entscheidung, Architektur oder etwas anderes zu studieren?

Sicher hilft da ein Blick auf die Realitäten im Berufsalltag eines Architekten. Im Folgenden soll es um den Architekten als Selbstständigen gehen. Hier gibt es illustre Gestalten wie Lord Norman Foster oder Buckminster Fuller, die mit ihren Entwürfen zu Multimillionären wurden – aber auch die Architekten, von denen die „Welt“ einst titelte: „Architekt – Fliessbandarbeit für wenig Lohn“. Welches Extrem ist nun näher an der Realität, und wie wird man überhaupt selbstständiger Architekt?

Selbstständig als Architekt – eine Bestandsaufnahme

Grundsätzlich birgt die Selbstständigkeit als Architekt die gleichen Vor- und Nachteile wie jede andere Selbstständigkeit auch. Fangen wir zunächst mit den Vorteilen an:

  • Freie Einteilung der Arbeitszeit, dadurch mehr Flexibilität z. B. für die Familie
  • Keine Weisungsgebundenheit, d. h. kein Vorgesetzter schreibt einem vor, was man zu tun hat
  • Freie Gewinnentnahme, keine Deckelung des Verdienstes durch Monatsgehalt
  • Höhere Eigenständigkeit in Sachen Kreativität, da die Aufträge selbst ausgewählt und an Land gezogen werden

Leider gibt es aber auch Schattenseiten:

  • Hohe Arbeitsbelastung: In Internetforen sprechen selbstständige Architekten von bestenfalls 50 Stunden die Woche, einige von bis zu 90. Das Mittelfeld bewegt sich bei ca. 70 Stunden pro Woche.
  • Volle Haftbarkeit für Fehler
  • Keine Einkommensgarantie
  • Hoher administrativer Aufwand in der Auftragsakquise sowie bei Baugenehmigungen etc.

Eine oft gestellte Frage ist die nach dem Einkommen eines selbstständigen Architekten. Thomas Welter, Wirtschaftsreferent der Bundesarchitektenkammer, sagt, dass die Hälfte der 40’000 freischaffenden Architekten in Deutschland weniger als 30’000 Euro brutto pro Jahre verdienten; die meisten lägen bei einem monatlichen Nettogehalt von 2500 Euro. Das verdient so mancher Hausmeister. Laut Welter könnten Ein-Mann-Betriebe mehr Erfolg haben, wenn sie sich zusammenschliessen, da die Grösse eines Architekturbüros für seinen wirtschaftlichen Erfolg entscheidend sei.


So stellt man sich Architekten häufig vor: mit einem erfolgsverwöhnten Lächeln beim Inspizieren der Baustelle. (Bild: © Andresr - shutterstock.com)
So stellt man sich Architekten häufig vor: mit einem erfolgsverwöhnten Lächeln beim Inspizieren der Baustelle. (Bild: © Andresr – shutterstock.com)

Voraussetzungen für die Selbstständigkeit in der Architektur

Zuerst einmal ist festzuhalten: Nicht jeder Architekt ist Architekt. Wie nun? Ganz einfach: Zumindest in Deutschland dürfen sich Studienabgänger nicht sofort „Architekt“ nennen. Dafür ist die Zugehörigkeit zu einer Architektenkammer erforderlich. Diese erhält man je nach Kammer erst ab einer bestimmten Berufserfahrung. Folge: Die meisten Jungarchitekten arbeiten nach dem Diplom erst einmal einige Jahre in Architekturbüros zu oft unwürdigen Salären, um den begehrten Titel führen zu dürfen, der ihnen in der Verhandlung mit Kunden erst das nötige Standing gibt.

Eher erschwerend kommt hinzu, dass das Architekturstudium inzwischen fast flächendeckend auf Bachelor/Master umgestellt wurde. Bachelorabsolventen werden laut einem Beschluss der Bundesarchitektenkammer nicht als Architekten anerkannt, erst der Masterabschluss ermöglicht dies. Nur wenige Unis in Deutschland bieten noch den „guten alten“ Diplomstudiengang an. Auch international hat man sich auf einen Standard von fünf Jahren Ausbildungszeit für Architekten geeinigt. Dies sollten Studienanfänger im Hinterkopf behalten, wenn sie mit dem kurzen Bachelorweg liebäugeln.

In der Schweiz sind die Einstiegshürden zumindest formal niedriger. Es gibt hier kein Architektengesetz, weshalb die Berufsbezeichnung „Architekt“ auch nicht geschützt ist.

So kann der Einstieg in die Selbstständigkeit gelingen

Das Wichtigste vorab: Sie sind nicht allein. Architektenvereine und in Deutschland die zuständige Architektenkammer helfen gerne bei der Existenzgründung. Architekten, die in Deutschland tätig werden wollen, müssen sich mit der dortigen Kammer zwecks Anerkennung sowieso auseinandersetzen. Ebenfalls sehr interessant für deutsche Architekten: das Institut für Freie Berufe (IFB) in Nürnberg, das auf seiner Homepage viele Tipps und Anregungen rund um Rechte und Pflichten von Freiberuflern bereithält.

Wie schon erwähnt, berechtigt in Deutschland allein die Mitgliedschaft in einer Architektenkammer zur Führung der Berufsbezeichnung „Architekt“. Diese ist für selbstständige Architekten zwar nicht zwingend, aber höchst empfehlenswert. Denn ohne diese ist man nicht zur Unterschrift von Baugenehmigungsanträgen berechtigt, wird kaum Aufträge direkt von Bauherren bekommen und ist letztlich immer auf die Versorgung vonseiten anderer Büros angewiesen. Die Kammer vergibt die Berufsbezeichnung nur dann, wenn man eine mindestens zweijährige Planungstätigkeit unter Aufsicht von Architekten nachweisen kann.


So sieht meist der Architektenalltag aus: lange Arbeitszeiten, hoher Termindruck, karges Einkommen. (© Dean Drobot - shutterstock.com)
So sieht meist der Architektenalltag aus: lange Arbeitszeiten, hoher Termindruck, karges Einkommen. (© Dean Drobot – shutterstock.com)

So generieren selbstständige Architekten Aufträge

Natürlich ist es für einen jungen, selbstständigen Architekten erst einmal wichtig, Aufträge zu bekommen, um sich einen Namen erarbeiten zu können. Hier bieten sich wiederum Netzwerke an, wie Verbände freier Architekten. Eine funktionierende, suchmaschinenoptimierte Webseite gehört genauso zum Start-Portfolio.

Auch muss man nicht allein durchstarten; vielleicht haben ja ehemalige Angestellten-Kollegen die gleiche Idee und man kann sich zusammentun? Ein ähnlicher, von vielen kaum registrierter Weg ist der Einstieg in ein bestehendes Architekturbüro. In Deutschland wurden 2005 von 71’000 kleinen und mittelständischen Büros immerhin 5900 aus Mangeln an Nachfolgern stillgelegt. Vorteile bei einem solchen Einstieg sind ganz klar der bestehende Name und ein Kundenstamm.

Eine weitere, oft genutzte Möglichkeit ist die Arbeit in einem Architekturbüro als freier Mitarbeiter. Hier sollten allerdings ein paar Grundregeln beachtet werden.

Freiberuflich, selbstständig oder scheinselbstständig?

Eine wirkliche Selbstständigkeit bzw. Freiberuflichkeit liegt vor, wenn Sie ein eigenes unternehmerisches Risiko tragen, worin auch die Haftbarkeit für falsche Ergebnisse inkludiert ist. Zudem arbeitet ein Freiberufler für mehrere Kunden und ist nicht weisungsgebunden hinsichtlich Art, Dauer, Zeitpunkt Ort und Durchführung der Tätigkeit. Ein solches Arbeitsverhältnis ist z. B. dann gegeben, wenn zwischen Architekt und Büro ein Werkvertrag existiert.

Ein anderes Verhältnis wird durch einen Dienstvertrag begründet. Dann hat der freischaffende Architekt mehr den Status eines Angestellten, es müssen auch Sozialabgaben abgeführt werden. Um nicht „scheinselbstständig“ zu sein, sollten Sie die Fragen mit Ihrem Chef offen ansprechen und entsprechend sauber für beide Seiten regeln.

 

Titelbild: © baranq – shutterstock.com

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