Variable Vergütungssysteme gestalten

Höhere Produktivität? Schnellere Umsetzung von Projekten? Effizientere Prozesse? Niedrigere Kosten? Bessere Umsätze? Geringere Mitarbeiterfluktuation? Geschäftsführer, die monetäre Anreizsysteme in Betracht ziehen, haben zumeist klare Vorstellungen von den beabsichtigten Effekten.

Viele Geschäftsführungen denken derzeit über die Aktualisierung bestehender Vergütungs- und Anreizsysteme oder über deren erstmalige Einführung zum nächsten Geschäftsjahr nach. Doch der Anreizschuss kann auch nach hinten losgehen.

Manch einer der Mitarbeiter erkennt zwar hierin die Chance, sich durch zielgerichtetes Arbeiten finanziell zu verbessern – und nimmt diese Möglichkeit auch engagiert wahr. Andere aber befürchten, dass das Teamwork leidet, wenn sich alle künftig nur um ihre eigenen Ziele kümmern und die nicht vergütungsrelevanten Aufgaben vernachlässigen. Sind variable Vergütungssysteme ein Pulverfass, das Sie besser meiden sollten? Nein, denn für solche Befürchtungen gibt es längst wirksame Lösungen.

Anreiz ist gut – solange die Richtung stimmt

Zweifellos stellen Anreizsysteme ein hoch explosives Thema dar. Kaum eine unternehmerische Entscheidung stösst auf solch starke und auch kritische Aufmerksamkeit der Belegschaft wie eine Modifikation im Bereich der Entlohnung. Ein variables Vergütungssystem löst bereits Dynamiken, Erwartungen und Widerstände aus, selbst wenn es erst in der Planung ist. Genau dieser aufmerksamkeitsfördernde und dynamisierende Effekt ist es, der es als hoch wirksames Instrument der Unternehmens- und Mitarbeiterführung auszeichnet.

Wenn Sie variable Vergütungssysteme für die Mitarbeiterschaft motivierend gestalten und regelmässig aktualisieren, fördern Sie die Verwirklichung der unternehmerischen Strategien und Ziele. Variable Vergütungssysteme unterstützen Sie dabei, Erträge zu maximieren, Prozesse zu optimieren, Qualität zu verbessern und die besten Mitarbeiter fest an sich zu binden.

Unternehmensspezifische Gestaltung

Bei der Konzeption sollten Sie jedes Element des variablen Vergütungssystems unternehmensspezifisch gestalten, bevor Sie es mit den anderen zu einem Gesamtsystem verzahnen.


Vier Elemente eines Ziels

Als Leitschnur bei der Gestaltung des Systems können Ihnen die vier Elemente eines Ziels dienen: Zielrichtung, Messgrösse, Zielhöhe und Bezugswert.

Die Zielrichtung definieren

Die Zielrichtungen des Unternehmens für das nächste Geschäftsjahr werden stets auf Leitungsebene definiert. Dann werden sie entlang der Hierarchie top down weitergetragen und dabei funktionsorientiert aufgespalten – bis sie bei denjenigen Mitarbeitern ankommen, die die jeweiligen Teilziele operativ umzusetzen haben. Solche Zielrichtungen, die direkt aus den Unternehmenszielen abgeleitet sind, werden als Erfolgsziele bezeichnet. „Erfolg“ ist folglich zu verstehen als Output, als Ergebnis im Sinne der definierten Zielrichtung. „Leistung“ hingegen ist der hierfür erforderliche Arbeitseinsatz, somit ein Input-Faktor.

Die eigene Leistung kann der Arbeitnehmer direkt beeinflussen, der Erfolg hingegen hängt von mehr oder weniger starken, externen Einflüssen ab. Mitarbeiter bevorzugen daher Leistungsziele und werden durch diese auch stärker motiviert. Doch aus Arbeitgebersicht führen allein Erfolge zu einer Wertschaffung, die letztlich überhaupt erst das Ausschütten einer variablen Vergütung wirtschaftlich sinnvoll werden lässt. Empfehlenswert ist daher, Leistungs- mit Erfolgszielen sinnvoll zu kombinieren.

Die Messgrössen bestimmen

Unmittelbar aus der Zielrichtung wird die jeweilige Messgrösse abgeleitet. Ihre Führungskräfte sollten dabei auf eine eindeutige und klare Definition achten, die auch die Masseinheit und das Messverfahren enthält. Für qualitative Ziele kennt das Controlling diverse Messmethoden. So kann etwa die Messung der Kundenzufriedenheit und der Servicequalität durch Befragungen der Kunden erfolgen.


Checkliste Eignung von Messgrössen

Die vom Mitarbeiter zu erreichende Zielhöhe wird mithilfe dieser Messgrösse festgelegt. Sie wird oftmals relativ definiert, also mithilfe eines Bezugs- oder Vergleichswerts. Gängig sind „gegenüber Vorjahr“ oder „gegenüber Planung“. Aber auch der Vergleich mit anderen Niederlassungen oder einem Durchschnittswert kann einen geeigneten und dazu noch den internen Wettbewerb anregenden Bezugswert darstellen.

Zusammenarbeit mit Teamzielen fördern

Es ist für Ihre Führungskräfte von hohem Nutzen, wenn sie in dem variablen Vergütungs- und Anreizsystem sowohl Individual- als auch Teamziele einsetzen können. Individuelle Ziele beziehen sich auf die Leistungs- bzw. Erfolgsbeiträge des einzelnen Mitarbeiters, Teamziele auf die der Schicht, der Arbeitsgruppe oder der Niederlassung. Üblicherweise verfolgt ein Mitarbeiter bei seiner Arbeit sowohl individuelle Ziele als auch Teamziele, zusammen mit seinen Kollegen. Gut, wenn sich diese Arbeitswirklichkeit auch in dem variablen Vergütungssystem widerspiegelt.

Für die Beibehaltung und weitere Steigerung des Leistungsniveaus der Hoch- und Höchstleistungsträger ist deren relative Besserstellung entscheidend, somit eine höhere variable Vergütung gegenüber den Niedrig- und Mittelperformern. Es ist daher wenig motivierend, bei Teamzielen die Anteile gleich zu verteilen („nach Köpfen“). Sinnvoller ist es, diese wiederum an den Erfolgsbeiträgen der einzelnen Team-Mitglieder zu orientieren.

Ziele durchdacht verknüpfen

Durch derartiges Verknüpfen von Individual- und Teamzielen können sämtliche Vorteile genutzt und mögliche Nachteile nivelliert werden. Gleiches gilt für die Kombination von Leistungs- und Erfolgszielen. Die vorherrschende additive Verknüpfung der variablen Vergütung hat einen gewichtiger Nachteil: Je mehr Ziele, desto geringer ist die mögliche Höhe der variablen Vergütung pro Ziel.

Bei der multiplikativen Verknüpfung hingegen ist die Höhe der variablen Vergütung für jedes einzelne Ziel nur in Abhängigkeit von der Zielerreichung bei den anderen Zielen einzuschätzen.

Die Hebesatz-Verknüpfung als Sonderform der multiplikativen Verknüpfung ist sinnvoll, wenn Sie einen die gesamte variable Vergütung limitierenden oder steigernden Faktor einsetzen möchten. Bei der Berechnung wird die individuell erzielte variable Vergütung mit dem Hebesatz-Faktor multipliziert. Dies wird häufig genutzt, um eine vom Unternehmensergebnis abhängige Vergütungskomponente einzubauen. Das Unternehmen verschafft sich auf diese Weise einen Automatismus, der in konjunkturellen Schwächeperioden unweigerlich zu geringeren Personalkosten führt. Der Preis der Personalkostenflexibilität: Die Unternehmensleitung muss bereit sein, die Belegschaft in guten Zeiten entsprechend am Erfolg zu beteiligen.


Unternehmensergebnisbezogene Hebesatz-Verknüpfung

Einen Bonus-Malus einbauen

Den Umstand, dass ein drohender Malus stärkeres Engagement und höhere Handlungsrelevanz entwickelt als ein möglicher Bonus, macht sich die Wenn-Dann-Verknüpfung zunutze: Sie empfiehlt sich insbesondere für Ziele der Gattung „Selbstverständlichkeiten“: Mindest-Qualitätsanforderungen, Sauberkeit, Ordentlichkeit, Pünktlichkeit etc. Zudem können Sie hiermit der Vernachlässigung der mit dem Festgehalt abgegoltenen Aufgaben konsequent entgegenwirken.

Sie wird der eigentlichen variablen Vergütung vorgeschaltet. Die Nichterfüllung dieser „Wenns“ führt zu empfindlichen Abzügen bei der variablen Vergütung bis hin zum Totalverlust. So beziehen Sie Aspekte in das Anreizsystem ein, ohne dass Sie für diese eine zusätzliche Prämie ausschütten. Der drohende Malus sorgt für zuverlässige Erledigung dieser Tätigkeiten und wird von Führungskräften geschätzt.

In Ihrem künftigen variablen Vergütungs- und Anreizsystem können Sie durchaus mehrere Verknüpfungsformen einsetzen. Lassen Sie sich dabei primär von der Frage leiten, inwiefern die Bedürfnisse der Führungskräfte erfüllt werden und ob die Grundstruktur zum betreffenden Mitarbeiterkreis passt.


Beispiel für eine Grundstruktur mit Wenn-Dann-, additiver und Hebesatz-Verknüpfung (hier mit insgesamt 10 Zielen)

Dies gilt auch für die Entscheidung über die Periodendauer. Ist ein Jahr ein für die Beteiligten nicht absehbarer und im Hinblick auf die Realisierbarkeit von Zielen kaum einschätzbarer Zeithorizont, sollte Ihr neues Anreizsystem die Möglichkeit bieten, Quartals- oder sogar Monatsziele festzulegen.

Akzeptanzsichernd einführen, kontinuierlich pflegen

Akzeptanz ist eine existentielle Bedingung für jedes Anreizsystem. Machen Sie Betroffene zu Beteiligten und beziehen Sie diese bei der Gestaltung des variablen Vergütungssystems in die Problemdefinition und deren Lösung ein. Vernachlässigen sie keinesfalls die Schulung der Führungskräfte: Sie sind es, die das System im vorgesehenen Sinne umzusetzen haben.

Thematisieren Sie auch nach der erfolgreichen Einführung das neu geschaffene Anreizsystem kontinuierlich. Sprechen Sie über laufende Prozesse, Erfolge, Veränderungen und Neuigkeiten. Damit betreiben Sie interne wie externe Imagepflege für Ihr Unternehmen, das sich mit dem von Ihnen geschaffenen variablen Vergütungssystem als attraktiver Arbeitgeber gerade für die gefragten, erfolgsorientierten Mitarbeiter präsentiert.

Weiterführende Informationen im Internet

Literatur zum Thema

4. neu bearbeitete, aktualisierte und erweiterte Auflage.

Hamburg: Dashöfer Verlag 2014.

ISBN 978-3931832650 (E-Book) bzw. 978-3931832674 (Print).

 

Oberstes Bild: © Adam Gregor – shutterstock.com

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Mehr zu Gunther Wolf

Gunther Wolf, Experte für Performance Management, ist Autor mehrerer Management-Fachbücher sowie ein gefragter Referent und Key Note Speaker für aktuelle Management-Themen. Seine wegweisenden Innovationen wie etwa die Kundenkarte, die Erlebnis-Gutscheine oder die Zieloptimierung haben die Wirtschaft der letzten Jahrzehnte entscheidend mitgeprägt.

Der Diplom-Ökonom und Diplom-Psychologe ist seit 30 Jahren als zertifizierter Management- und Strategieberater national und international tätig. Zu seinen Kunden zählen international operierende Konzerne wie die Telekom, 3M oder General Motors, aber auch unzählige mittelständische Unternehmen jeder Branche.

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