Krise? Nutzen Sie Ihre Chance! – Jetzt!

Fundamente brechen ein – plötzlich und vollständig. Im Rückblick hätten wir es kommen sehen müssen. Das wissen wir jetzt, wo es dafür offensichtlich zu spät ist. So steht die Welt Kopf und unsere Emotionen spielen verrückt. Und in dem ganzen Chaos sollen wir unsere Chance erkennen können? Genau: So ist es!

Das chinesische Schriftzeichen für „Krise“ soll dasselbe sein wie jenes für „Chance“ – so lautet zumindest ein eine bekannte Weisheit, die gerne in Managementseminaren vermittelt wird. Ich selbst kann das nicht beurteilen. Aber dass das durchaus seinen Sinn macht, kann ich problemlos nachvollziehen.

Ein Lebenswerk bricht zusammen.

Max ist Geschäftsführer einer etablierten Unternehmensberatung. Oder besser gesagt: War es. Mehr als 15 seiner „besten Jahre“ hatte er Herzblut, Engagement und sein hervorragendes Gespür für die Anliegen seiner Kunden in den Aufbau dieser Organisation investiert – mit grossem Erfolg, weit über die Landesgrenze hinaus.

Doch alles hat seinen Preis: Seine immer häufigeren und immer längeren Geschäftsreisen forderten ihren Tribut und Max musste leiser treten. In der Folge kam es zu einem Umbau in der Geschäftsleitung, Gesellschaftsanteile wurden an neue Partner vergeben. Geschäftsfelder wurden neu aufgebaut und generierten ganz unterschiedliche Renditen. „Sein“ Unternehmen entwickelte sich von einem reinen Beratungsunternehmen immer stärker in Richtung Trainings- und Schulungseinrichtung für einige wenige grosse Kunden.

Der Frage nachzugehen, ob es denn wirklich so hat kommen müssen, ist an dieser Stelle wenig hilfreich. Jedenfalls kam es eines Tages zum Showdown zwischen den unterschiedlichen Interessen der Gesellschaftseigner und in der Folge zu einer konfliktreichen Trennung.

Da stand er nun: Ein Mann Mitte 50, psychisch und gesundheitlich angeschlagen, mit etwas Geld in der Tasche, einer nur vagen Idee, wie es weiter gehen sollte – und der grossen Frage: Sollte er tatsächlich nochmals wie von vorne beginnen? Unternehmensgründung, Positionierung, Markenaufbau,…?

Trotz seiner angespannten Situation entschied er sich für eine mehrmonatige Auszeit, in der er sich regelmässig von einer langjährigen Supervisorin coachen liess. In dieser Zeit reifte in ihm die Idee, sich trotz widrigster Rahmenbedingungen in einer bereits gut besetzten Nische zu positionieren – ganz einfach, weil er sich in diesem Segment inhaltlich und persönlich zu Hause fand. Mochten die Aussichten auch düster sein: Genau in diesem Bereich wollte er sich engagieren.


Durch Coaching zu neuen Ideen. (Bild: © docstockmedia – shutterstock.com)

Noch heute – drei Jahre nach seiner mutigen Entscheidung – merkt man ihm seine Betroffenheit an, wenn er auf diese Umbruchszeit zu sprechen kommt: „Die Trennung von meinen damaligen Partnern war alles andere als einfach, aber im Rückblick hat sie sich als grosser Glücksfall entpuppt.“

Zurück an den Start?

Monika ist es ähnlich ergangen – wenn auch unter anderen Vorzeichen. Als vitale Mittvierzigerin führte sie die Entwicklungsabteilung eines bekannten Industrieunternehmens – und das bereits seit Jahren mit grossem Erfolg: Ein stabiles Team, eine hervorragende Leistungskultur, stetiges, nachhaltiges Wachstum in einer boomenden Branche.

Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen des betreffenden Jahres brach für sie die Welt zusammen. Sie hatte mit ihrem Team gerade mehrere Grossprojekte parallel durch eine heisse Phase geführt und freute sich auf ein paar Tagen Ruhe über die Feiertage. Da eröffnete ihr ihr Mann, er sähe keine Zukunft mehr für sie als Paar…

Ein halbes Jahr später fand sie sich in einer Burnout-Klinik wieder. Ihren Job hatte sie inzwischen an den Nagel gehängt. Ihre Ehe stand auf Messers Schneide. Um den Alltag zu bestehen, griff sie inzwischen auf starke Psychopharmaka zurück.


Um den Alltag zu bestehen, greifen viele auf starke Psychopharmaka zurück. (Bild: © nito – shutterstock.com)

Ihre grosse Lebenskrise hat Monika inzwischen längst überwunden. Inzwischen arbeitet sie erfolgreich als Geschäftsführerin eines ehemaligen Zulieferers. Ihre private Krise hatte ihr den Anstoss gegeben, sich völlig aus den vermeintlichen Sachzwängen des Alltags heraus zu nehmen und sich ehrlich die Frage zu stellen, was sie selbst denn eigentlich aus ihrem Leben machen wolle. Wie sehr sie über Jahrzehnte in einem uralten Muster eingesperrt gewesen war.

„Ich bin heute nicht mehr die brave Tochter, die alle Anforderungen zur Zufriedenheit des Vaters erledigt.“ meint sie im Rückblick. „Erst jetzt kann ich meine Fähigkeiten und Ideen wirklich frei und aufrichtig einsetzen. Ich mache viel weniger Kompromisse, und das kommt in meinem Umfeld erstaunlich gut an – beruflich wie auch privat!“

Welche Chance habe ich denn noch?

Ganz anders bei Elisabeth. Nach einem abgebrochenen Studium der Betriebswirtschaft hatte sie sich im Sozialbereich engagiert bevor sie sich mit 30 mit Hilfe einer Erbschaft in ein Handelsunternehmen eingekauft und es wenig später ganz übernommen hatte. Ihr Unternehmen war zum Zeitpunkt der Übernahme profitabel und sie konnte mehrere Jahre gut vom Erlös ihres Engagements leben.

Dann kehrte die Routine ein. Angebote wurden nicht mehr ganz so rasch geschrieben, Fehler bei der Kalkulation schlichen sich ein, Reklamationen nahmen zu. Insgesamt blieb sie für ihre Kunden nach wie vor eine Top-Lieferantin, aber ihre weisse Weste bekam über die Jahre immer mehr Flecken.

Den aufkommenden Internethandel hat sie rechtzeitig kommen sehen. Aber darauf auch konsequent zu reagieren hatte sie verschlafen. Neue, hungrige Marktteilnehmer betraten die Bühne – mit ganz neuen Angeboten und zu vergleichsweise fantastischen Preisen. Ihre Deckungsbeiträge fielen ins Bodenlose.

Statt sich ernsthaft mit der Situation auseinander zu setzen, setzte sie auf die Vogel-Strauss-Taktik: Kopf in den Sand, es wird schon gutgehen.

„Welche Chance habe ich denn überhaupt noch?“ – meint sie heute verzagt. Es fehle ihr der finanzielle Spielraum, sich neu aufzustellen und der Mut, das bestehende Übernahmeangebot eines langjährigen Netzwerkpartners anzunehmen.


Die Vogel-Strauss-Taktik: Kopf in den Sand, es wird schon gutgehen. (Bild: © Johan Larson – shutterstock.com)

Eine Entscheidung ist eine Entscheidung.

Manche Krisen sind absehbar. Andere zumindest nicht erstaunlich. Wieder andere Krisen brechen aus heiterem Himmel auf uns nieder – zumindest erleben wir es dann so.

Wie risikobewusst wir unsere beruflichen wie privaten Angelegenheiten betreiben und wie mutig wir uns im Krisenfall verhalten ist mit Sicherheit eine höchst persönliche Geschichte.

Klug handelt jedenfalls, wer an wesentlichen Weggabelungen bei aufkommender Unsicherheit auf entsprechende Unterstützung zurückgreift. Denn zumeist um ein Vielfaches höher als die rechtzeitigen Aufwendungen an Zeit, Energie und Beratungshonoraren sind die menschlichen wie auch in harten Zahlen berechenbaren wirtschaftlichen Folgekosten einer Krise.



Von einer manifesten Krise unmittelbar betroffen scheint es mir müssig, sich allzu lange bei der Frage nach dem „warum“ aufzuhalten – viel spannender ist es, die Fühler nach dem „wofür“ auszustrecken: „Was könnte bestenfalls daraus entstehen?“ ist jedenfalls bedeutend hilfreicher als ein lamentierendes „Womit habe ich das verdient?“

Oder haben Sie damit andere Erfahrungen?

 

Oberstes Bild: © Syda Productions – shutterstock.com

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Mehr zu Michael A. Defranceschi

beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit dem Themenbereich „Mensch und Leistung“, seit 2005 als selbständiger Trainer, Berater und Coach.
Als nach internationalem Standard zertifizierter Business Coach und Business Trainer ist er Mitglied der Expertsgroup Wirtschaftstraining & Coaching.

Der von ihm entwickelte softwarebasierte Beratungsansatz Quod.X® - Fact Based Company Coaching zeichnet sich aus durch hohe Effizienz bei minimalem Zeitaufwand und bewährt sich insbesondere in der Teamentwicklung im Dienstleistungsbereich.

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