Zuhören – die vernachlässigte Kunst beim Verkaufen

Je präsenter die Werbung der Wettbewerber und je weniger Zeit, das eigene Produkt zu präsentieren, desto grösser die Versuchung für jeden Verkäufer, noch mehr noch lauter mitteilen zu wollen. Mit anderen Worten: Effektive Kundengewinnung wird gleichgesetzt mit dem Unterbringen möglichst vieler Informationen in der kurzen Zeitspanne, die für den Erstkontakt vermeintlich zur Verfügung steht.

Dabei vergessen auch die motiviertesten Kundenberater schnell, dass auch das Verkaufsgespräch ein zwischenmenschliches Moment ist, dessen Erfolg von gelungener Kommunikation abhängt. Diese ist immer interaktiv, ein Austausch von Daten, Meinungen, vor allem aber Bedürfnissen. Wirklich durchgängig erfolgreiche Vertriebler verbieten sich deshalb den Impuls, zu reden. Stattdessen hören sie zu. Wir zeigen in diesem Beitrag die vier erfolgreichsten Strategien des Zuhörens und wie sie eingesetzt werden.

Wenn Verkaufsprofis nach den Geheimnissen ergebnisorientierter Kundenkommunikation gefragt werden, steht nicht ein selbstsicheres Auftreten oder rhetorisches Geschick ganz oben auf der Liste. Das Geheimnis verbesserter Kundenkontakte liegt für sie vielmehr in der Empathiefähigkeit des Verkäufers und der Qualität seiner Fragen – also in ebenjenen Eigenschaften, die aktives Zuhören ausmachen.

Richtig angewandt, ist aktives Zuhören ein extrem effektives Verkaufs- und Beratungsinstrument. Es unterscheidet den Zuhörenden angenehm von all den Verkäufern, die die Bedürfnisse des Kunden besser zu kennen glauben als er selbst, bevor sie überhaupt danach gefragt haben.

Doch wie wird man zum guten Zuhörer von Menschen, die man nicht kennt? Denn Zuhören ist schliesslich etwas anderes, als einfach passiv stumm zu bleiben. Aktives Zuhören bedeutet ultimativ Verstehen, also einen tiefen Rundum-Einblick in die Bedarfsstruktur des Kunden zu gewinnen. Hierfür gibt es eine Reihe sofort umsetzbarer Strategien, die am Point-of-Sale genauso funktionieren wie bei der Telefonakquise.


Aktives Zuhören führt zu intensiveren, bleibenden Kundenkontakten. (Bild: Dmitry Kalinovsky / Shutterstock.com)


  1. Grossartige Fragen stellen

Je besser die Fragen, desto aussagekräftiger und zielführender die Antworten. Das bedeutet im Umkehrschluss: keine Suggestivfragen, die nur zum Transport der eigenen Inhalte dienen – und nur wenige geschlossene Fragen, auch wenn reflektierende Fragen, Entscheidungsfragen und Alternativfragen vor allem kurz vor und nach der Kaufentscheidung des Kunden unabdingbar werden können.

Eine gute Formel für die Ratio von Fragen und Antworten sieht so aus: Von 100 % des Redens im idealen Verkaufsgespräch sollte der Kunde 75 und der Verkäufer nur 25 übernehmen. Umgekehrt gilt fürs Zuhören, dass der Verkäufer zu 75 % der Zeit nichts sagt, aber dennoch achtsam und konzentriert präsent ist.

Diese Verteilung entspricht auch in etwa dem Verhältnis von Emotion und Intellekt beim Kauf: Drei Viertel des Kaufentscheids werden emotional und unbewusst getroffen, das letzte Drittel bewusst über den Verstand und durch den Empfang und die Verarbeitung von Fakten und Informationen gerechtfertigt. Positive Emotionen aber entstehen nachweislich dann, wenn sich der Kunde aufgehoben, verstanden und bei seinen Bedürfnissen abgeholt fühlt; ein psychischer Zustand, der von einem aktiven Zuhörer essenziell gefördert wird.

  1. Teilnehmend zuhören

Gerade bei Zielvorgaben sind Verkaufsgespräche häufig von Zeitdruck geprägt. Doch diese Art von Stress ist der natürliche Feind gelungener Kommunikation und aktiven Zuhörens. Es muss immer Zeit genug da sein, um die momentane Bedürfnislage und emotionale Verfassung des Kunden zu begreifen.

Wie schon erwähnt: Zuhören ist nicht gleich Stillsein, bloss um abzuwarten, bis der Kunde lang genug Atem holt, um sofort mit den eigenen Argumenten einzufallen. Auf gar keinen Fall sollte der Kunde unterbrochen werden, selbst wenn er zum Produkt oder Service etwas sagt, das offensichtlich falsch ist. Natürlich ist die Versuchung in diesem Moment gross, gleich dazwischenzupreschen, um den Fehler richtigzustellen. Das wirkt aber eher wie eine bemühte Rechtfertigung denn wie ein überzeugendes Argument.

Dies gilt essenziell auch im Beschwerdemanagement. Ein unzufriedener Kunde muss mit Verständnis und offensichtlicher Anteilnahme angehört werden. Dann baut das nachfolgende Gespräch spürbar auf den ganz spezifischen, soeben beschriebenen Kundenerfahrungen auf und hebt sich so wohltuend von den Plattitüden des Wettbewerbs ab. So kann sich sogar aus der Beschwerde selbst ein wertvoller Folgekontakt entwickeln.

  1. Paraphrasieren

Der einfachste Weg, dem Kunden ein umfassendes Verständnis seiner Bedürfnisse zu signalisieren, ist die Umformulierung seiner Anliegen mit anderen Worten. Diese Feedbacksätze können eingeleitet werden mit „Wenn ich Sie richtig verstanden habe …“ oder „Lassen Sie mich kurz sehen, ob ich hierbei richtig liege …“. Die Paraphrasierung ist die Zusammenfassung der Antworten des Kunden auf die grossartigen Fragen.



  1. Zusammenfassen

Hat der Verkäufer das Gefühl, der Kunde hätte seine Bedürfnisse zur eigenen Zufriedenheit formuliert und seine Ausführungen zu einem selbst gewählten Zeitpunkt beendet, dann muss er keinesfalls sofort in die hektische Bestätigung verfallen, dass das Produkt oder der Service exakt dem soeben Beschriebenen entspreche. Stattdessen sollte das tatsächliche Verkaufen mit einer kurzen Zusammenfassung der Kundenwünsche beginnen.

Oft wissen Kunden nur eher nebulös, was sie eigentlich brauchen. Die eigenen Bedürfnisse klar und präzise reflektiert zu bekommen wirkt Wunder. Vor allem etabliert es genau die Mischung aus Respekt, Vertrauen und Interesse, aus der heraus der Kunde am wahrscheinlichsten zum Konsumentscheid findet. Wer sich verstanden fühlt, entspannt – und ein entspannter Kunde ist die ideale Basis für jede Konversion.

 

Oberstes Bild: Aktives Zuhören steigert Ihre Glaubwürdigkeit im Verkaufsgespräch. (© wavebreakmedia / Shutterstock.com)

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Mehr zu Caroline Brunner

Caroline Brunner ist freiberufliche Online-Journalistin mit Fokus auf Arbeitspsychologie, Entrepreneurship, Kommunikation, Karriereplanung, Nachhaltigkeit und Verbraucherthemen.

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