Kick-off-Strategien für Geschäftsübernahmen

Ob Sie als Geschäftsführer oder Inhaber Ihres Familienunternehmens nachrücken, sich für die Übernahme einer Firma als Unternehmensnachfolger entschieden haben oder auch nur eine Zweigstelle oder grössere Abteilung neu leiten sollen:

Die ersten Monate nach dem Einstieg sind entscheidend, um Weichen zu stellen, das vorhandene Team für sich zu gewinnen und einen reibungslosen Übergang zu gestalten, der nach aussen weder an der Reputation noch am Markenwert des Unternehmens kratzt.

Gleichzeitig sind die ersten Monate nach der Übernahme oder dem Neuanfang oft die hektischsten: Prozesse müssen transparent gemacht und gegebenenfalls optimiert, Mitarbeiter kennengelernt und motiviert werden und die Dynamik als Ganzes muss sich den neuen Strukturen anpassen. Glücklicherweise gibt es ein paar nützliche Strategien, wie neue Geschäftsführer gerade die erste, entscheidende Zeit wesentlich stressfreier gestalten können – wir stellen drei besonders effektive vor.

  1. Bescheidenheit zeigen

Die Versuchung kann gross sein, die Ankunft als neuer Chef mit einer spürbaren Reviermarkierung einzuleiten. Das mag zwar Durchsetzungsvermögen und Autorität kommunizieren – nachhaltige Freunde macht man sich damit aber nicht. In gesunden, kleinen und mittelständischen Unternehmen sind Mitarbeiter oft seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten dabei – tatsächlich ist der neue Geschäftsführer nicht selten der Jüngste im Team.

Ein Top-down-Ansatz, egal aus wie viel Expertise er sich speist, wird da schnell als unangemessen und arrogant empfunden. Die Konsequenz: Mitarbeiter machen dicht und verschanzen sich in einer Abwartungshaltung, statt mit Elan, ihrem ganzen Know-how und ihrer wertvollen Erfahrung zum Neuanfang beizutragen.

Ein guter Chef scheut sich nicht, offen Lernbereitschaft und intellektuelle Neugierde zu zeigen. Dem Team sollte klar kommuniziert werden, dass der Wert und die überzeugende Unternehmenskultur, die ja schlussendlich ausschlaggebend für die Bereitschaft zur Übernahme waren, ganz klar von ihnen generiert werden – und dass die neue Geschäftsleitung dies weiss. An dieser deutlich ausgesprochenen Anerkennung sollte jede Abteilung, sollte jeder Mitarbeiter teilhaben.

Ein neuer Chef sollte sich auch nicht zu schade sein, sich selbst die Hände schmutzig zu machen im Bemühen, die Rolle jedes Mitarbeiters für das grosse Ganze zu verstehen. Denn der Schlüssel funktionierender Unternehmen ist immer (und oft hauptsächlich) die Basis. Wer diese nicht schnell und gründlich kennenzulernen bereit ist, stellt seinen Erfolg auf tönerne Füsse. Deshalb sollten die ersten Schritte auch in diese Richtung gelenkt werden. Ein Ziel der Anfangsphase ist die direkte oder indirekte Kontaktaufnahme mit allen Mitarbeitern – und die glaubwürdige Vermittlung des Respekts, der ihnen entgegengebracht wird.

Entscheidend ist auch, dass die neue Geschäftsleitung sich von Anfang an nahbar zeigt und immer ein offenes Ohr für Vorschläge und Wünsche hat. Natürlich ist das gerade in den stressigen ersten Monaten eine Herausforderung – aber eine, deren Umsetzung sich lohnt.


Die neue Geschäftsleitung sollte sich von Anfang an nahbar zeigen. (Bild: © Monkey Business Images – shutterstock.com)

  1. Schwerpunkte setzen

Idealerweise erklärt es sich von selbst, warum die neue Geschäftsführung die beste mögliche Option für das Unternehmen war – indem sie durch intelligente Entscheidungen und ein kluges Management zur gesunden Entwicklung der Firma beiträgt. Diese Wirkung zeigt sich jedoch meist erst mittel- und langfristig. Der kurzfristige Schlüssel zu bemerkenswerter Führung heisst deshalb: Kompetenz zeigen und dort den eigenen Tätigkeitsschwerpunkt setzen, wo man wirklich konstruktive Spuren hinterlassen kann.

Diese thematische Fokussierung bedeutet natürlich auch, von Anfang an delegieren und loslassen zu können. Es heisst aber wiederum nicht, nur den eigenen Bereich im Blick zu behalten – das Controlling muss sich natürlich weiterhin über die ganze Firma erstrecken. Liegt die Stärke der neuen Führung aber beispielsweise im Marketing oder Vertrieb, dann ergibt es Sinn, hier gleich zu Anfang eine oder zwei Projekte anzustossen oder Strategien zu implementieren, die wirkungsvoll sind, den operativen Ablauf erleichtern und den Umsatz anstossen.

Entscheidend ist, einerseits die eigenen Unique Selling Points herauszustellen und so unmissverständlich klarzumachen, dass das Unternehmen durch die neue Führung gewinnt. Andererseits gilt es aber auch zu kommunizieren, dass man die eigenen Stärken und Schwächen kennt und Letztere durch firmeninternes Know-how zu kompensieren bereit ist, während man aber gleichzeitig – selbstverständlich – die gesamte Kontrolle behält.

  1. Strukturen respektieren

Menschen sind Gewohnheitstiere – und die meisten brauchen eine Komfortzone, um sich wohlzufühlen. Anstehende Veränderungen am Arbeitsplatz führen immer zu Skepsis, auch wenn dazu objektiv eigentlich kein Anlass besteht. Es ist die Aufgabe des neuen Chefs, diese schnell zu zerstreuen. War der Grad der Identifikation des Teams mit der alten Leitung besonders hoch, hilft es, deren Unterstützung einzuholen – vielleicht sogar über einen gewissen Zeitraum Unternehmen oder Abteilung zusammen zu leiten. Dies gilt vor allem bei der Übernahme von Familienunternehmen durch die nächste Generation. Hier sollte der Senior allerdings nicht etwa kommunizieren, dass alles weiterlaufe wie bisher; sondern eher, dass die anstehenden Veränderungen gemeinsam erarbeitet wurden und von ihm (oder ihr) unterstützt werden.

Auch im Falle eines radikalen Schnitts ist es wichtig, zunächst einmal sichtbar Bestand dessen aufzunehmen, was gut läuft und den Mitarbeitern wichtig ist. Dies kann durchaus in Form von Umfragen oder bei kleineren Unternehmen oder Abteilungen durch ein eintägiges Event geschehen, bei dem die Erwartungen und Befürchtungen der Mitarbeiter aufgenommen und reflektiert werden.



Werte, Praktiken und auch Rituale, die sich dabei als Grundpfeiler des operativen Ablaufs herauskristallisieren, sollten (falls sie nicht direkt den Umsatz gefährden) intakt bleiben, bis sich das Vertrauen des Teams zur neuen Führung etabliert hat. Vor allem im IT-Bereich sollten nicht sofort neue Technologien eingeführt werden. Auch drastische personelle Umbesetzungen oder eine Neustrukturierung der Arbeitsräume sind in den ersten Monaten nur bedingt empfehlenswert.

 

Oberstes Bild: © Minerva Studio – shutterstock.com

author-profile-picture-150x150

Mehr zu Caroline Brunner

Caroline Brunner ist freiberufliche Online-Journalistin mit Fokus auf Arbeitspsychologie, Entrepreneurship, Kommunikation, Karriereplanung, Nachhaltigkeit und Verbraucherthemen.

website-24x24
jQuery(document).ready(function(){if(jQuery.fn.gslider) {jQuery('.g-22').gslider({groupid:22,speed:10000,repeat_impressions:'Y'});}});