Devisenmarkt: Skandal um manipulierte Wechselkurse

Die Finanzwelt wird wieder einmal durch einen Skandal erschüttert. Die Devisenhändler diverser Banken sollen Wechselkurse manipuliert oder zumindest Manipulationsversuche unternommen haben. Die Vorwürfe betreffen mit der UBS auch eine Schweizer Bank.

Im Fokus der Ermittlungen standen der Devisenspothandel sowie die Devisenreferenzwerte der Europäischen Zentralbank und des WM/Reuters Benchmark. Die Manipulationsversuche gingen zumindest vordergründig von individuellen Devisenhändlern aus. Die Abwicklung des Devisenhandels erfolgt inzwischen vorwiegend automatisiert und auf digitalem Wege, was normalerweise nur wenige Möglichkeiten für Einflussnahmen zulässt. Laut Angaben der Finma wurden beispielsweise bei der UBS grössere Spotgeschäfte jedoch direkt durch die Händler abgewickelt.

Rekordbusse für fünf internationale Banken

In der Schweiz, Grossbritannien und den USA verhängten die Finanzaufsichtsbehörden gegen fünf Banken eine Rekordbusse in Höhe von insgesamt 3,4 Milliarden US-Dollar (knapp 3,29 Milliarden Franken). Mit einer Strafe von 1,1 Milliarden Britischen Pfund (1,7 Milliarden Franken) verhängte die britische Finanzaufsicht FCA den Hauptanteil der Strafe. Betroffen sind neben der Schweizer Grossbank UBS die britischen Institute HSBC und Royal Bank of Scotland sowie die beiden New Yorker Häuser JP Morgan Chase und Citibank. Ein absolutes Novum ist die Gruppeneinigung zwischen der Schweizer Finma, der britischen FCS und der US-amerikanischen Terminmarktaufsicht CFTC. Da die Banken bereits früh ihre Zustimmung zu einer Einigung gegeben hatten, wurde ihnen ein Drittel der ursprünglich angesetzten Strafsumme erlassen. Die Untersuchung der britischen Barclays-Bank ist noch nicht abgeschlossen, sie ist daher kein Bestandteil der aktuellen Einigung.

Mangelnde „Lernfähigkeit“ der Banken

In die Bemessung der Bussgelder sind nach Angaben der Behörden verschiedene Faktoren eingeflossen: Die relevanten Umsätze des Hauses, die Schwere der Verstösse sowie frühere Unregelmässigkeiten, die Kooperationsbereitschaft der Bank sowie die Frage, inwieweit das Management des betroffenen Bereiches von den Manipulationsversuchen wusste. Die Untersuchungen umfassten die Zeit von Januar 2008 bis Oktober 2013. Im gleichen Zeitraum wurden auch die Manipulationen des Referenzzinssatzes Libor aufgedeckt. Die Finanzaufsichtsbehörden liessen wissen, dass die Höhe der aktuellen Bussen im Vergleich zum Libor-Skandal auch daraus resultiert, weil die Banken sich seitdem offensichtlich nicht als lernfähig erwiesen haben. Trotz der geringen Regulation des Devisenmarktes hätten die Institute sich um ein besseres Risikomanagement und wirksame Kontrollen kümmern müssen.

Profitmaximierung und rechtswidrige Marktabsprachen

Die Verfahren gegen die fünf Banken ergaben, dass deren Devisenhändler im Untersuchungszeitraum zumindest versucht haben, durch das gezielte Auslösen von Stopp-Loss-Orders ihren eigenen Profit zu maximieren sowie die Referenzwerte für diverse Währungspaare zu manipulieren. Weitere Vorwürfe zielen auf den Austausch von Kundeninformationen sowie Marktabsprachen zwischen den Instituten – zum Schaden anderer Marktteilnehmer und auch der eigenen Kunden.

Warum stehen die Referenzwerte im Fokus?

Anders als Aktien werden Devisen rund um die Uhr gehandelt. Ein Schlusskurs ist in diesem System nicht vorgesehen, wird von manchen Kunden – Fondsgesellschaften, Pensionskassen oder Vermögensverwaltern jedoch trotzdem eingefordert, um eine einheitliche Bewertung ihres Portfolios vorzunehmen. Referenzwerte bieten hier eine Lösung, einer der bekanntesten ist der WM/Reuters Benchmark, der täglich um 16 Uhr Londoner Zeit ermittelt wird. Wenn ein Kunde eine Währung zu einem bestimmten Referenzwert ordert, trägt auch die Bank ein Risiko, da sie für solche Transaktionen den Referenzkurs garantiert, kann also durchaus ein Interesse an einer bestimmten Höhe des Kurses haben. Eine legale Möglichkeit der Einflussnahme besteht darin, dass Devisenhändler eigene Positionen bereits vor dem sogenannten Fixing und der Publikation des Referenzwertes mit gegenläufigen Positionen anderer Händler „auflösen“ – beide Banken machen dabei weder Gewinne noch Verluste. Die Absprachen zwischen den fünf Instituten zielten jedoch darauf, bestimmte Positionen zu verstärken, dabei einzelnen Händlern ein grösseres strategisch einsetzbares Ordervolumen zuzuspielen und damit Einfluss auf den Referenzwert auszuüben.


Gegen fünf Grossbanken, darunter auch die Schweizer UBS, wurden Rekordbussen wegen der Manipulation von Wechselkursen verhängt. (Bild: Pincasso / Shutterstock.com)
Gegen fünf Grossbanken, darunter auch die Schweizer UBS, wurden Rekordbussen wegen der Manipulation von Wechselkursen verhängt. (Bild: Pincasso / Shutterstock.com)


Chat-Protokolle belegen die Fixierung diverser Händler auf Gruppeninteressen

Manipulationen von Stopp-Loss-Aufträgen richten sich dagegen direkt gegen Kundeninteressen. Mit einer Stopp-Loss-Order sichert sich der Kunde durch einen vorab festgelegten minimalen oder maximalen Kurs gegen Verluste ab. Die Devisenhändler der fünf Banken sollen solche Aufträge ihrer Kunden beabsichtig – also nicht zwangsläufig kursabhängig – ausgelöst haben. Weitere Vorwürfe beziehen sich auf das Ausnutzen vertraulicher Kenntnisse über die Handelsstrategien einzelner Kunden. Belege für die Praxis liefern vor allem Protokolle von Online-Chats der Banker. Seit 2007 begannen die Händler damit, solche Chat-Systeme intensiv zu nutzen – nicht nur hausintern, sondern auch bankenübergreifend. Aus manchen Chat-Gruppen entstanden im Lauf der Zeit geschlossene Gemeinschaften, deren Mitglieder sich laut Angaben der Finma den Interessen der Gruppe stärker verpflichtet fühlten als ihrem Arbeitgeber oder ihren Kunden. Die Banker-Chats waren bereits 2012 im Umfeld des Libor-Skandals in Verruf geraten. Auch in den aktuellen Fällen monierten die Behörden mangelnde Kontrolle durch das Management.

Mehrere Strafverfahren in der Schweiz

In der Schweiz hat die Bundesanwaltschaft wegen der Devisenmanipulationen mehrere Strafverfahren gegen Devisenhändler eröffnet. Die Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Jeannette Balmer, teilte mit, dass sich die Verfahren nicht gegen Banken, sondern gegen Einzelpersonen richten, es gehe dabei um den Verdacht der Verletzung des Berufs- und Bankgeheimnisses sowie der ungetreuen Geschäftsbesorgung, worauf jeweils Haftstrafen von bis zu drei Jahren stehen. Zur Vorbereitung der Verfahren standen die Strafverfolger im Rahmen der Amtshilfe mit der Finma sowie der Schweizer Wettbewerbskommission in Kontakt.

 

Oberstes Bild: © JMiks – Shutterstock.com

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