Borgward – feiert die traditionsreiche Marke bald Wiederauferstehung in der Schweiz? Teil 2

Nach der optisch ansprechenden und erfolgreichen Isabella brachte Borgward als kleinere Modelle Arabella und Alexander sowie das Oberklasse-Gefährt P 100 auf den Markt. Letzterer war das erste deutsche Auto mit Luftfederung. Das liess sogar die Stuttgarter Konstrukteure von Mercedes vor Neid erblassen.

Die Arabella hingegen erwies sich als Flop. Sie litt zu Anfang unter erheblichen Qualitätsmängeln, die für teures Geld nachgebessert werden mussten. Auch der Preis war zu knapp kalkuliert und bescherte für jedes verkaufte Exemplar einen Verlust von mehreren Hundert Mark.


Dies ist ein Bericht in zwei Teilen:

Wird die traditionsreiche Marke Borgward in der Schweiz wieder zum Leben erweckt? Teil 1

Borgward – feiert die traditionsreiche Marke bald Wiederauferstehung in der Schweiz? Teil 2


Unter der Leitung von Henrich Fokke entwickelte ein Borgward-Team ab 1956 einen dreisitzigen Hubschrauber, von dem bis 1958 zwei flugtaugliche Prototypen gebaut wurden. Borgward hoffte auf Aufträge der kurz zuvor gegründeten Bundeswehr. Entgegen seinen Erwartungen zeigte diese jedoch kein Interesse. Das Projekt wurde 1961 nach Investitionen von über vier Millionen Mark während des Konkursverfahrens eingestellt. Zwischen 1950 und 1958 engagierte sich Borgward darüber hinaus im Motorsport. Die anfänglichen Erfolge nahmen im jedoch bald stetig ab, sodass das Unternehmen schliesslich wieder ausstieg.

Carl F. W. Borgward war ein begnadeter Ingenieur und erhielt für seine Leistungen die Ehrendoktorwürde der TH Hannover sowie das grosse Bundesverdienstkreuz. Als Unternehmer hingegen scheiterte er, weil er sich zu wenig um finanzielle Aspekte kümmerte. So verfügte sein Firmenimperium immer nur über eine ausgesprochen dünne Kapitaldecke und lebte zu einem Grossteil von Lieferanten- und Wechselkrediten. Erschwerend kam hinzu, dass die einzelnen Unternehmen wie Konkurrenten gegeneinander arbeiteten: Jede Marke hatte eine eigene Einkaufs-, Entwicklungs- und Versuchsabteilung. Dies führte zu einer unwirtschaftlichen Vielfalt an Baureihen, die am Markt nicht abgenommen wurden. Synergieeffekte, wie sie heute bei grossen Autokonzernen gang und gebe sind, waren auf diese Weise nicht zu erreichen.

Insolvenz 1961 bzw. das Konkursverfahren sind bis heute umstritten. Viele Experten betrachten sie als abgekartetes politisches Spiel. Nach 1960 überlebte Borgward, damals immerhin Bremens grösster Arbeitgeber, nur noch mit staatlicher Unterstützung. Zuletzt bürgte der Bremer Senat für einen Kredit über 30 Millionen Mark, der in drei Raten ausbezahlt werden sollte. Als dann aber die schlechte wirtschaftliche Situation des Unternehmens publik wurde, geriet der Senat zunehmend unter Druck. Schliesslich zog er seine Bürgschaft für die letzte Rate zurück, worauf die Banken den Geldhahn zudrehten.

Borgward sah sich gezwungen, für eine von zwei Möglichkeiten zu votieren: unverzüglich in Konkurs zu gehen oder seine Firmengruppe dem Bundesland Bremen zu übereignen. Der Unternehmer entschied sich für die zweite Alternative. Aufsichtsratsvorsitzender wurde nun Johannes Semmler, ein Wirtschaftsprüfer und Jurist aus München. Er war jedoch – und das wirft ein schiefes Licht auf das gesamte Konkursverfahren – zugleich Aufsichtsratschef von BMW. Seine Neutralität wird bis heute angezweifelt.


Die Arabella hingegen erwies sich als Flop. (Bild: © talkCC BY-SA 3.0)

Bei der Abwicklung der einzelnen Borgward-Unternehmen stellte sich ausserdem heraus, dass sämtliche Gläubigeransprüche beglichen und alle Kredite zurückgezahlt werden konnten. Daher bestreiten Kritiker bis heute, dass wirklich eine Konkursreife vorlag. Carl F. W. Borgward starb zwei Jahre später.

Kommt es in der Schweiz zu einem Borgward-Revival?

Im Mai 2008 gründete Christian Borgward, der Enkel des Firmengründers Carl F. W. Borgward und jetzige Inhaber der Markenrechte, gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Karlheinz L. Knöss die Borgward AG im schweizerischen Luzern. Ihr erklärtes Ziel für das Revival der Premium-Marke ist ein „Paradigmenwechsel der Industrie“. Erste Vorbereitungen für eine Rückkehr der einstigen Edel-Marke begannen jedoch schon 2005.

Als Chefdesigner für die neue Borgward-Modellpalette konnten die beiden den Norweger Einar J. Hareide gewinnen. Dieser zeichnet unter anderem für die unverwechselbare Front der ersten E-Klasse für Mercedes sowie für das moderne Erscheinungsbild des schwedischen Autoherstellers Saab verantwortlich. Erste Studien und Zeichnungen liegen bereits vor. Konkretes über das endgültige Aussehen und die „inneren Werte“ des neuen Modells ist allerdings noch nicht an die Öffentlichkeit gedrungen.

Um auf unabhängige Weise die gesteckten Unternehmensziele und Markenwerte zu erreichen, entwickelt der „Borgward Technology Think Tank“ (B3T), ein Team von Ingenieuren des Unternehmens sowie ausgesuchten Entwicklungspartnern, das Technologiekonzept vollständig selbst,  Die genannten Ziele sind zum einen in der Tradition der Marke Borgward verankert, passen aber nach Ansicht beiden Initiatoren auch hervorragend in die Zukunft der Branche: Innovation, Qualität, Intelligenz, Zuverlässigkeit, Effizienz, Eleganz und Stil sowie Profitabilität. Ausser Automobilen plant die Borgward AG übrigens auch die Herstellung von Wasserfahrzeugen und Flugzeugen.

Wer sich als Autofan die ersten Entwürfe und Studien ansieht, kann nur hoffen, dass die Pläne der neuen Borgward AG zur Reife gelangen und die Automobilwelt bereichern werden.

 

Oberstes Bild: © Rudolf Stricker

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hat Germanistik, Geschichte und Philosophie studiert und ist zusätzlich ausgebildeter Mediendesigner im Segment Druck. Er schreibt seit über 30 Jahren belletristische Texte und seit rund zwei Jahrzehnten für Auftraggeber aus den unterschiedlichsten Branchen.

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