Wie viel Multitasking verträgt der Erfolg?
VON Olaf Hoffmann Organisation
Dabei wird dem Multitasking fälschlicherweise ein viel zu grosser Stellenwert beigemessen. Interessanter erscheint mir da die Frage, wie viel konzentrierter jemand an nur einer Sache arbeiten kann. Und ebenso interessant ist die Frage, wie hoch die Qualität der einzelnen Arbeiten beim Multitasking zu bewerten ist. Das lässt schliesslich auch auf den Erfolg des Viele-Dinge-zur-selben-Zeit-Tuns schliessen.
Ein Selbstversuch
Während ich diesen Beitrag schreibe, versuche ich, gleichzeitig zu rauchen, auf einem kleinen Fenster auf dem Monitor eine interessante Reportage über Urzeitmenschen zu verfolgen und mir das Thema für einen weiteren Beitrag in dieser Rubrik zu überlegen.
Echtes Multitasking eben, bei dem ich merke, dass ich immer wieder zumindest gedanklich zwischen einzelnen Aspekten hin- und herwandere. Ups, jetzt ist mir Zigarettenasche in die Tastatur gefallen. Und worum ging es jetzt eigentlich im Fernsehbeitrag?
Ein Blick auf den bislang geschriebenen Text offenbart eine Menge an Rechtschreib- und Interpunktionsfehlern, selbst die Gross- und Kleinschreibung scheint ausser Kraft gesetzt. Ein Thema für den nächsten Beitrag ist mir darüber längst nicht eingefallen. Nicht mal eine wenigstens oberflächliche Idee.
So richtig scheint das mit dem Multitasking nicht zu klappen. Aber immerhin bin ich ja auch nur ein Mann und vielleicht deshalb schon von Natur aus nicht mit dieser Gabe beschenkt worden.
Konzentration auf eine Sache lohnt sich eher
Nunmehr schreibe ich wieder konzentriert an diesem Beitrag und blende möglichst viele der infrage kommenden Ablenkungen aus. Und siehe da, das Schreiben wird wieder flüssiger, die Gedanken ordnen sich besser und im Ergebnis kann dieser Beitrag nur besser werden als sein Anfang.
Studien haben ergeben, dass das sogenannte Multitasking in der Weltwirtschaft zu Leistungsausfällen in einer Grössenordnung von etwa 450 Milliarden Dollar jährlich führt. Das alles nur, weil Ablenkungen von der eigentlichen Aufgabe zu Verschiebungen in der Konzentration auf das Wesentliche führen.
Spricht man mit Beschäftigten, von denen Multitasking regelrecht abgefordert wird, so machen diese überdurchschnittlich mehr Fehler als Kollegen, die zielgerichtet eine Sache zu Ende arbeiten dürfen, bevor sie mit einer anderen beginnen. Neben einer gestiegenen Fehlerhäufigkeit beim Multitasking wird auch von schnellerer Erschöpfung und weniger Zufriedenheit mit den Arbeitsergebnissen schlechthin gesprochen. Insofern führt sich die Schönrednerei des Multitaskings eigentlich selbst ad absurdum.
Warum Multitasking Unsinn ist
Stellen Sie sich vor, ein Berufskraftfahrer beschäftige sich nicht ausschliesslich mit der konzentrierten Teilnahme am Strassenverkehr, sondern checkt und beantwortet ganz nebenher auf dem Smartphone noch seine E-Mails. Die Gefahr, dass es hier zu einem folgenschweren Unfall kommt, ist verhältnismässig gross. Noch wahrscheinlicher wird der Unfall, wenn neben der Arbeit an den E-Mails vielleicht auch noch gegessen, geraucht und getrunken wird. Rein theoretisch ist das alles während des Autofahrens möglich, dürfte aber keinesfalls dazu beitragen, dass der Berufskraftfahrer sicher sein Ziel erreicht.
Genauso geht es jedoch vielen Beschäftigten in Bereichen, in denen vom Arbeitgeber per se Multitasking abverlangt wird. Entsprechend weniger zufriedenstellend sind dann auch die Arbeitsergebnisse, zumindest in einzelnen Tätigkeitsbereichen. Geht man jedoch davon aus, das jede Tätigkeit einen wirtschaftlich relevanten Stellenwert im Unternehmen hat, dann dürften Ausfälle zumindest in einzelnen Bereichen fast schon die hingenommene Realität sein.
Für Unternehmen, die rundum auf Qualität setzen, erweist sich daher Multitasking von selbst als Unsinn, der nicht zu rechtfertigen scheint. Besser ist es, für jede eingeforderte Tätigkeit einen entsprechenden zeitlichen und inhaltlichen Rahmen zu setzen oder gegebenenfalls auch mehrere Mitarbeiter einzusetzen, die dann jeweils konzentriert an einer Aufgabe arbeiten.
Verschwendete Zeit
Studien haben gezeigt, dass der Mensch in etwa 25 Minuten braucht, um sich wieder in eine Tätigkeit einzufinden, die vorher abrupt unterbrochen wurde. Besonders betroffen davon sind Arbeiten, bei denen eine gewisse geistige Aktivität vonnöten ist. Es vergeht also knapp eine halbe Stunde, bis das Gehirn sich wieder voll auf eine Sache konzentriert hat, von der es zuvor regelrecht abgeschnitten wurde. Viel Zeit, wenn man sich einen normalen Arbeitstag mit seinen ohnehin schon vielen Ablenkungen anschaut.
Zeit aber auch, die beim Fehlen von Störungen und Mehrfachbelastungen produktiver hätte genutzt werden können. Beispielsweise dazu, zunächst diesen Beitrag zu schreiben, um anschliessend während einer Zigarettenpause das Thema für den folgenden Artikel zu überdenken. Und das Fernsehen am Arbeitsplatz kann bis auf wenige Ausnahmen ohnehin unterbleiben. Es sei denn, man bezieht die Themen für seine Arbeit eben direkt aus den Medien. Dann können ein paar Minuten Ablenkung durchaus auch nicht schädlich sein.
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