Die Schweiz ist keine Steueroase mehr

Uli Hoeness mit seinem „Spielgeld-Konto“ war nur die Spitze des Eisbergs. Die Schweiz galt in den vergangenen Jahren generell als die bedeutendste Steueroase schlechthin. Diesen eher zweifelhaften Ruf ist die Schweiz jetzt fast los. Denn: Die Behörden vieler Staaten haben inzwischen zu einem umfassenden Feldzug gegen die involvierten Banken sowie gegen die jeweiligen Konteninhaber geblasen. Und das nachweislich mit Erfolg.

Laut Schätzungen in einer Ende August veröffentlichten Studie der Beratungsgesellschaft PwC sollen die Geldhäuser in der Schweiz im Jahr 2013 noch etwa 200 Milliarden Franken von Ausländern, die ihr diesbezügliches Vermögen nicht deklariert hatten, verwaltet haben. Zum Vergleich: Vor 2010 waren es sogar 800 Milliarden Franken, die auf Schweizer Bankkonten vor dem Zugriff der Finanzbehörden quasi geschützt wurden.

Seit 2008 gehen die Behörden weltweit in die Offensive: Die Steueroase wird quasi trockengelegt

Dank des in der Schweiz geltenden weitreichenden Bankgeheimnisses nutzten Ausländer die hiesigen Banken als Hort ihres oftmals am Fiskus vorbeigeführten Vermögens. Erst als die entsprechenden US-Behörden im Jahr 2008 begannen, offensiv gegen vermeintliche Steuerhinterzieher und auch gegen die Kredit- bzw. Geldinstitute, die sie beherbergten, vorzugehen, konnten ein Umdenken und ein entsprechender Wandel im Hinblick auf das Bankgeheimnis eingeleitet werden. Nur kurze Zeit später folgten dann auch die Finanzbehörden der meisten europäischen Länder diesem Beispiel. Inzwischen haben etliche Kunden der Schweizer Banken ihre Konten den Finanzbehörden gegenüber offengelegt und ein Grossteil der in die Schweiz „ausgelagerten“ Gelder wieder zurück in das eigene Heimatland transferiert.

Nach Recherchen der Beratungsgesellschaft sind in den vergangenen Jahren etwa 350 Milliarden Franken von den entsprechenden Schwarzgeldkonten in der Schweiz wieder zurückgeflossen, wobei davon auszugehen ist, dass der grösste Teil dieser Gelder unversteuert gewesen sein dürfte. Von den rund 200 Milliarden Franken, die jetzt noch auf den Konten in der Schweiz schlummern, könnten zukünftig noch mal schätzungsweise rund 70 Milliarden die Schweiz verlassen. PwC-Experte Martin Schilling sieht die schlimmsten Geldabflüsse aber erst einmal als beendet an; zudem rechnet er mittelfristig mit einer expliziten Trendwende.

Bei der Einwerbung neuer Gelder hinkt die Schweiz asiatischen Standorten hinterher

Schliesslich müssen die Schweizer Banken in der Zukunft auch wieder neues Geld einwerben. Nach dem jetzigen Stand der Entwicklung werden die Schweizer Geldinstitute in den nächsten Jahren allerdings diesbezüglich erst einmal den stark boomenden asiatischen Standorten wie zum Beispiel Singapur oder Hongkong relativ deutlich hinterherhinken. In einigen Jahren aber kann die Schweiz seiner Meinung nach wieder Wachstumsraten von bis zu 5 % pro Jahr generieren.

Auffällig ist aber, dass gerade die kleinen Institute in den letzten Jahren weitaus stärker von den Abflüssen betroffen waren als die vergleichsweise grösseren. Dies liegt aber vornehmlich an den breiter gestreuten Geschäftsaktivitäten. So konnten zum Beispiel eidgenössische Riesen wie Credit Suisse oder auch UBS das nachhaltig schrumpfende Geschäft mit den Europäern durch entsprechend generierte Zuflüsse aus dem asiatischen Raum mehr als ausgleichen. Banken, die demgegenüber ihren geschäftlichen Fokus auf unversteuerte Gelder deutscher Kunden gelegt hatten, zeigten sich prinzipiell weitaus stärker betroffen von den schwindenden Geldern deutscher respektive europäischer Kunden.


Viele kleinere Banken in der Schweiz stehen unmittelbar vor dem Aus. (Bild: xtock / Shutterstock.com)
Viele kleinere Banken in der Schweiz stehen unmittelbar vor dem Aus. (Bild: xtock / Shutterstock.com)


Viele kleinere Banken in der Schweiz stehen unmittelbar vor dem Aus

Diesbezüglich muss berücksichtigt werden, dass die eher kleineren Anbieter nicht nur durch den Abfluss der Gelder vor Probleme gestellt wurden, sondern auch die diesbezüglich höheren Kosten vehement zu Buche schlugen. Durch die insgesamt höheren Anforderungen im Hinblick auf Kontrollen und Aufsichtspflicht sind nämlich zusätzliche Kosten generiert worden, die aufgrund des limitierten Kundenportfolios nur auf eine überschaubare Kundenanzahl abgewälzt werden konnten. Laut der PwC-Studie sind die diesbezüglichen Auswirkungen aktuell aber noch gar nicht wirklich durchgeschlagen.

So rechnen die Experten in der nächsten Zeit mit einem Verdrängungsszenario auf dem Finanzmarkt. Diesbezüglich wird prognostiziert, dass die kleineren, Verluste schreibenden Geldinstitute aus dem Finanzmarkt regelrecht verdrängt werden könnten. Oder aber Banken dieser Art werden ganz einfach von der übermächtigen Konkurrenz geschluckt respektive übernommen.

Dass diese Aussichten nicht von der Hand zu weisen sind, wird schon durch die aktuellen Zahlen belegt. Im Jahr 2008 waren in der Schweiz insgesamt 185 Institute ansässig, die in erster Linie die Gelder vermögender Privatkunden betreuten; im Jahr 2014 sind es lediglich noch 151. PwC-Experte Schelling prognostiziert in diesem Zusammenhang, dass in den nächsten Jahren durchaus weitere 20 bis etwa 25 % von der Bildfläche verschwinden. Für etliche Kandidaten wird es dabei ungemein schwer, ungeschoren über den Berg zu kommen.

Eins ist aber auch jetzt schon klar: Viele eidgenössische Banken haben inzwischen ein ähnlich angekratztes Image wie die Einrichtung Krankenkasse, die sich in der Schweiz stetig steigender Beschwerdezahlen ausgesetzt sieht.

 

Oberstes Bild: © PhotographyByMK – Shutterstock.com

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