Warum mehr Informationen nicht von Vorteil sind

Gerade in Unternehmen, welche in IT-nahen Branchen tätig sind, geht der Trend hin zu immer mehr Informationen auf einmal, welche gleichzeitig verarbeitet werden – am besten auf dem Computer, Notebook und Smartphone. Zwar gibt es daran rein logisch nichts auszusetzen (wer mehr Informationen gleichzeitig erhält, hat gegenüber anderen Mitarbeitern offensichtlich einen Vorteil), aber die Grenzen dieser Arbeitsweise werden nur selten diskutiert. Analysieren wir also, ob der Mensch in der Welt der Multimonitor-Multigeräte überhaupt klarkommt.

Wie Unternehmen mehrere Monitore nutzen

Derzeit werden Multimonitor-Setups in Unternehmen auf folgende Weise genutzt:

– Für Informationen:
Auf einem Monitor wird gearbeitet, auf dem anderen werden Informationen eingeblendet. Das heisst, dass auf dem zweiten Gerät keine Eingaben nötig sind. Informationen können in diesem Zusammenhang Nachrichten, E-Mails, Social Networks oder Social Intranets sowie Börsenkurse oder Wetterdaten sein. Die Reichweite ist hier je nach Unternehmen praktisch unbegrenzt.

– Für „grosse“ Anwendungen:
Videobearbeitung, CAD-Programme, grosse Tabellen oder ähnliche Dokumente lassen sich häufig einfacher ausführen und bearbeiten, wenn der Anwender mehr Platz hat. Zwar muss dieser dann den Kopf hin und her bewegen, aber dieser kleine Makel ist angesichts des grossen Zuwachses an Produktivität zu verschmerzen.

Für den zweiten Anwendungsfall gibt es praktisch keinen Ersatz. Als reines Informationsdatenblatt gerät der zweite Monitor in letzter Zeit jedoch in die Kritik, denn entgegen der verbreiteten Meinung führen die zusätzlichen Informationen nicht immer zu einer erhöhten Produktivität – das lässt sich auch mit einigen Zahlen untermauern.

Volle Konzentration

Beispielsweise argumentiert Gloria Marks von einer Universität in Kalifornien, an der sie sich der Erforschung von Ablenkungen am Arbeitsplatz verschrieben hat, dass der zweite Monitor eher ablenkt als hilft. Vergleichbar wäre dies in etwa mit dem Versuch, mit der Tastatur zu schreiben und gleichzeitig die Maus zu bewegen (probieren Sie das ruhig einmal aus – es ist eine echte Qual). Der Fokus auf ein einziges Arbeitsinstrument hingegen führe dazu, dass zwar die Geschwindigkeit der aufgenommen Informationen und auch der abgelieferten Arbeit sinke, aber dafür steige die Qualität der abgeschlossenen Projekte drastisch. Mit anderen Worten: Der Trend zum Multimonitor-Setup ist ein zweischneidiges Schwert.


Nach den Ausführungen von Frau Marks dauert es etwa eine halbe Stunde, bis wir wieder mit voller Konzentration zur Arbeit zurückkehren können. (Bild: Pressmaster / Shutterstock.com)
Nach den Ausführungen von Frau Marks dauert es etwa eine halbe Stunde, bis wir wieder mit voller Konzentration zur Arbeit zurückkehren können. (Bild: Pressmaster / Shutterstock.com)


Marks wirft dafür auch einige Zahlen in den Raum: In einem durchschnittlichen Büro werden Arbeitnehmer demnach alle vier bis elf Minuten abgelenkt. Das kann sowohl beruflich bedingt sein, wenn also beispielsweise eine E-Mail eintrifft, oder auch durch die Atmosphäre im Büro passieren („Na, wie war dein Wochenende?“). Wir werden also praktisch ständig von unserer Arbeit abgelenkt. Gleichzeitig dauert es nach den Ausführungen von Frau Marks jedoch etwa eine halbe Stunde, bis wir wieder mit voller Konzentration zu unserer Arbeit zurückkehren können. Würden wir also immer den Durchschnitt von elf Minuten treffen, kämen wir niemals zu einer wirklich konzentrierten Zeitperiode für unsere Arbeit.

Der Übeltäter

Ein sehr gutes „Hilfsmittel“, um sich während der Arbeit ablenken zu lassen, stellt demnach jener zweite Monitor da – oder auch ein Smartphone, ein Tablet oder ein ähnliches Gerät, welches einen vergleichbaren Zweck erfüllt. Eine E-Mail blinkt in der Taskleiste, von einer Nachrichtenagentur kommt eine eigentlich unbedeutende, aber doch irgendwie anziehende Eilmeldung, ein Freund schreibt eine interessante Nachricht bei Facebook – und schon vergehen wieder Minuten und aus diesen Minuten wird irgendwann vielleicht auch eine Stunde. Wer nur die Arbeit auf einem einzigen Monitor vor sich sieht, rutscht deutlich seltener in diese „Falle“, denn schliesslich gibt es ausser der reinen Arbeit nichts weiter zu tun.

Wer vielleicht regelmässig von Zuhause aus arbeitet, kennt das Dilemma: Überall winken Ablenkungen, der Fernseher, das Internet, ein Buch, der Kühlschrank oder andere Annehmlichkeiten sind nur einen Mausklick oder einige Schritte entfernt. Ein hohes Mass an Disziplin ist in diesen Fällen gefordert. Genauso verhält es sich mit mehreren Geräten oder auch nur einem zweiten Monitor am Arbeitsplatz: Er kann zwar helfen – davon ist auch Gloria Marks überzeugt -, aber das heisst nicht, dass es ein Allheilmittel gegen Produktivitätsschwund in Unternehmen ist.

Aber was sagen die Zahlen?

Bislang kann Marks zu diesem Aspekt noch keine Studien vorweisen. Während also die Wirksamkeit von zwei Monitoren bei der Arbeit zweifelsfrei belegt ist (jedoch nicht in allen Fällen), fehlt eine Studie zum Ablenkungspotenzial noch. Bis dahin können wir selbst im Umfeld darauf achten, dass mehr Informationen nicht immer eine höhere Produktivität und Konzentration bedeutet. Wenn Sie sich selbst nicht sicher sind, können Sie es einfach ausprobieren: Schalten Sie für eine Woche den zweiten Monitor oder das Smartphone während der Arbeit ab und schauen Sie, wie sich dies auf Ihr Arbeitsverhalten auswirkt – und ziehen Sie daraus dann die richtigen Schlüsse.

 

Oberstes Bild: © everything possible – Shutterstock.com

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