Vom Verpackungsdesigner zum Konkurrenten für Konservendosen - "Tetra Pak"

Dass wir den Produzenten des weltberühmten Getränke-Kartons in unsere Reihe aufnehmen, scheint auf den ersten Blick genauso unlogisch wie die Bezeichnung seines Produktes. Doch lesen Sie selbst, wie eine schwedische Firma „Schweizer Unternehmer-Geschichte(n)“ schrieb und warum ein viereckiger Behälter nach einem Dreieck benannt ist:

Ihren Ursprung hat die heute in aller Welt bekannte und gebräuchliche Kartonverpackung „Tetra Pak“ in Schweden. Hier befand sich die Firma „Åkerlund & Rausing“, deren Geschäftsführer Ruben Rausing zusammen mit dem Chemiker Erik Wallenberg ein neuartig beschichtetes und speziell versiegeltes Papier entwickelt hatte. Rausing plante, dieses als Verpackung für empfindliche Milch zu nutzen.

[vc_message color=“alert-info“ style=“rounded“]Schweizer Unternehmer-Geschichte(n)  Teil III

In loser Folge nehmen wir Sie mit auf Zeitreise in die Vergangenheit. Folgen Sie den Spuren namhafter Schweizer Unternehmen von den Anfängen bis in die Gegenwart und erleben Sie die Entwicklung einiger beispielhafter Produkte hautnah mit.[/vc_message]Mit der Umsetzung des Vorhabens beauftragte er neben seinem bereits bewährten Mitarbeiter Wallenberg zwei weitere Angestellte: den Ingenieur Harry Järund und den Verkaufsleiter Erik Torudd. Die drei verstärkten das Papier zunächst zu Karton und verarbeiteten es anschliessend zu Schläuchen, welche die Flüssigkeit aufnehmen konnten. Um verbrauchergerechte Portionsgrössen zu erhalten, hätten die Schläuche in bestimmten Abständen zerschnitten werden müssen – und wären durch die entstehende Öffnung unweigerlich wieder ausgelaufen.

Wallenberg, Järund und Torudd lösten das Problem, indem sie den befüllten Schlauch um jeweils 90º drehen und erst dann abklemmen liessen. Der überstehende Teil wurde mit dem restlichen Karton verschweisst, sodass der ursprüngliche Schlauch nun ein Tetraeder bildete – fertig war der neue Milchbehälter! Weil Rausing die ebenso einfache wie innovative Form der Verpackung gefiel, machte er ihre Bezeichnung zum Bestandteil des Namens. Als Schwede sprach er dabei jedoch nicht von einer Dreieck-Packung, sondern eben von einem „Tetra Pak“.

Den zu diesem Zeitpunkt noch wenig aussagenden Begriff liessen Rausing und Wallenberg 1950 als Marke schützen. Ob die schwedischen Behörden über diesen Wunsch gelacht oder mit nordischer Ruhe darüber hinweggesehen haben, ist nicht überliefert. Die beiden Erfinder müssen mit der Patentierung des Wortes aber bereits einen Plan verfolgt haben, denn schon im darauffolgenden Jahr gründeten sie eine Firma, die sie ebenfalls „Tetra Pak“ nannten.

Am 18. Mai 1951 bot das Unternehmen der schwedischen Bevölkerung erstmals Getränke in dem neu entwickelten dreieckigen Karton an. Auf ihren Durchbruch im übrigen Europa musste „Tetra Pak“ jedoch 10 Jahre warten. Diesbezügliche Überzeugungsarbeit gelang den Firmengründern mit einer vollautomatischen Abfüll- und Verpackungsanlage für pasteurisierte Milch, die sie in der Schweiz vorstellten. Damit kam diesem kleinen Land erstmals ein wichtiger Anteil an der Entwicklungsgeschichte von „Tetra Pak“ zu.


Das Unternehmen etablierte sich als Marktführer bei der Herstellung von Getränke-Verpackungen. (Bild: Baevskiy Dmitry / Shutterstock.com)
Das Unternehmen etablierte sich als Marktführer bei der Herstellung von Getränke-Verpackungen. (Bild: Baevskiy Dmitry / Shutterstock.com)


In den darauffolgenden Jahrzehnten etablierte sich das Unternehmen als Marktführer bei der Herstellung von Getränke-Verpackungen. Dabei unterlag nicht nur das Material, sondern auch die Form stetigen Verbesserungen und Weiterentwicklungen. Der mit Kunststoff beschichtete Karton erhielt eine Zwischenwand aus Aluminium, welche den Inhalt vor Vitaminverlust schützte und länger haltbar machte. Das ursprüngliche Tetraeder streckte sich zum „Tetra Brik“ – einem besser zu lagernden und einfacher zu transportierenden Quader, dem im Laufe der Zeit verschiedene Ausguss- und Verschlusslösungen hinzugefügt wurden.

Trotz der veränderten Form hat das Unternehmen seinem einmal gewählten Namen die Treue gehalten und veranlasst so Millionen Verbraucher auf der ganzen Welt, einen viereckigen Karton fälschlicherweise als „Tetra Pak“ zu bezeichnen. Darüber hinaus gilt das Wort unabhängig von Hersteller und Marke bis heute als Synonym für jede gleichartige Getränke-Verpackung. Und auch in Sachen Inhalt ist „Tetra Pak“ bei seinen Wurzeln geblieben: Nach wie vor stellt Milch den Löwenanteil der Produkte, die ihren Weg in den praktischen, licht- und luftundurchlässigen Karton finden. Von der weltweit abgefüllten Gesamtmenge entfallen sagenhafte 82 % auf den schwedischen Riesen – was bedeutet, dass das Unternehmen mehr als die Hälfte seines Gewinns aus der Verpackung von Milchprodukten erzielt.

Wen wundert es da noch, dass es 1993 zur Fusion mit Alfa Laval – einem Hersteller von Melkanlagen – kam. Im Rahmen dessen verlagerte die Firma ihren Hauptsitz nach Pully in die Nähe von Lausanne. Mit diesem Umzug schloss sich der Kreis zum Ausgangspunkt einer erfolgreichen Reise um die Welt und machte die Schweiz zum Dreh- und Angelpunkt eines der weltweit umsatzstärksten Unternehmen.

Von der Alpenrepublik aus leitet „Tetra Pak“ ein Netzwerk von über 160 Niederlassungen mit knapp 21’000 Mitarbeitern und fährt dabei Umsätze in Milliardenhöhe ein. Neben einem reichhaltigen Getränke-Sortiment landen seit einiger Zeit auch andere Produkte in den Kartons der Marke und ersetzen damit einen Grossteil bisher üblicher Verpackung. Eins von zahlreichen Beispielen hierfür ist die Zusammenarbeit mit dem Konservenhersteller „Bonduelle„, dessen Obst- und Gemüseerzeugnisse zunehmend im „Tetra Pak“ angeboten werden.

 

Oberstes Bild: © Pavel Ignatov – Shutterstock.com

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Mehr zu Christiane Dietering

Christiane Dietering hat eine handwerkliche, zwei kaufmännische und eine Autoren-Ausbildung absolviert. Sie arbeitet als freie Texterin, Rezensentin und Journalistin in den Themenbereichen Kunst und Kultur. Ihre Hauptauftraggeber sind Veranstalter von Musikaufführungen, Lesebühnen und Erotik-Events.

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