Welche Chancen und Gefahren sehen Verbraucher und Produzenten mit Blick auf die neuen Zollbestimmungen?

Es ist keine Neuigkeit, dass Schweizer ihre Einkäufe bevorzugt jenseits der eigenen Ländergrenzen tätigen. Der Einkaufstourismus läuft schon seit Jahren sehr gut. Ab Juli sollen nun neue Zollregelungen den Warenimport spürbar erleichtern; so verspricht es jedenfalls der Gesetzgeber, aber stimmt das wirklich?

Mehrwertsteuer und Zollabgaben werden zukünftig als zwei getrennte Positionen behandelt. Hierdurch soll ein grösseres Mass an Transparenz erreicht werden – ein Verfahren, dessen Vorteile sich zumindest auf absehbare Zeit in erster Linie den Zöllnern erschliessen wird. Die Grundsatzregel lautet, dass alle Waren, die in die Schweiz eingeführt werden, zu deklarieren sind. Jeder Schweizer hat bei der Einreise anzugeben, ob er die Freigrenze in Höhe von 300 Schweizer Franken überschreitet. Im positiven Fall hat er die Mehrwertsteuer auf den Gesamtbetrag der eingeführten Waren nachzuzahlen. Das Meldeverfahren an sich wird insofern vereinfacht, als dass es möglich sein soll, die Anmeldung per Smartphone, also auf elektronischem Weg, vorzunehmen.

Nach der Meldung ist zu prüfen, ob Zölle zu entrichten sind. Statt wie früher 17 gibt es nunmehr nur noch 5 Tarifgruppen, was die ganze Angelegenheit ebenfalls erleichtert: Alkoholika und Rauchwaren, Fleisch und Fleischzubereitungen, Fette, Butter, Rahm, Öle und Margarine. Ergebnisleitend bei der Festlegung diese Zölle waren der Schutz der Gesundheit und der Schutz der Schweizer Landwirtschaft. Mit Blick auf die Staatskasse liegt das Ansinnen auf der Hand. Die Zölle sollen den Umsatzausfall der einheimischen Agrarwirtschaft und die zusätzlichen Kosten, die aufgrund des Konsums von Drogen das staatliche Gesundheitssystem belasten, ausgleichen.

Zugleich möchte der Schweizer Staat den Verbraucher dazu anregen, statt im Ausland einzukaufen sich gezielt nach Alternativen im Inland umzusehen. Andere Produkte, zum Beispiel Milch, Gemüse, Obst, Getreideprodukten und Schnittblumen, dürfen dagegen ohne jede Mengenbeschränkung zollfrei eingeführt werden.


Ab sofort gelten in der Schweiz neue Zollvorschriften. (Bild: st.djura / Shutterstock.com)


Bevor es im Weiteren darum gehen wird, die Neuregelungen im Detail vorzustellen, sei an dieser Stelle noch vorausgeschickt, dass der Import von Waffen, gefälschten Markenprodukten und von geschützten Tieren weiterhin strengstens untersagt ist. Säuglingsnahrung und Säuglingsmilchpulver darf ausschließlich originalverpackt und dann nur bis zu einer maximalen Menge von 2 Kilogramm eingeführt werden. Einschränkungen gelten ausserdem für bestimmte Pflanzen- und Tierprodukte, so etwa Honig.

Neu festgelegt wurden die Mengen, die zollfrei bzw. zollpflichtig sind. Beispielsweise dürfen Konsumenten täglich 1 Kilogramm Fleisch (sofern es sich um Eigenbedarf handelt) in die Schweiz einführen. Dabei spielt es im Unterschied zu früher keine Rolle mehr, ob das Fleisch noch unverarbeitet oder bereits verarbeitet, ungewürzt oder gewürzt, ist. Auf den ersten Blick stellt diese Regelung ob des Wegfalls der Differenzierung eine Vereinfachung dar, und doch birgt sie auch einen Pferdefuss. Früher durften nämlich pro Tag 3,5 Kilogramm verarbeitetes Fleisch und ein halbes Kilogramm unverarbeitetes Fleisch in die Schweiz importiert werden. Für jedes über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus eingeführte Kilo Fleisch muss der Konsument nun 17 Franken bezahlen, bei Frischfleich hat sich der Betrag damit allerdings um 3 Franken reduziert.

Die Schweizer Fleischproduzenten haben sich von dieser Neuregelung eine Ankurbelung des Binnenmarktes erhofft, denn schon seit einer ganzen Weile haben Sie die Privatimporte von Fleisch buchstäblich satt. Schätzungen zufolge soll jeder zehnte der 1,1 Milliarden Schweizer Franken, die jedes Jahr im Ausland für Waren ausgegeben werden, ein „Fleisch-Franken“ sein. Dass Fleisch nunmehr mit einem einheitlichen Zoll belegt wurde, der die Fleischproduzenten teilweise schlechter stellt, hat zu Protesten seitens der Landwirte, Detailhändler und Metzger geführt.

In ihren Augen ist die Neuregelung kontraproduktiv. Sie wird sogar dazu führen, dass der Fleischtourismus neue Impulse erhält. Guten Grund für diese Annahme haben sie, denn der die Zollbehörde hat die Obergrenze für den Import von Fleisch in Höhe von 20 Kilogramm pro Person gestrichten; das wiederum bedeutet nichts anderes, als dass jeder Schweizer so viel Fleisch wie er will einführen kann – solange er die 17 Franken Zoll pro Kilogramm bezahlt, versteht sich.

Die Schweizer Fleischlobby hat im Vorfeld für eine Höhe von 25 bis 30 Franken pro Kilogramm Importware plädiert, da sie sich grundsätzlich benachteiligt sieht. Da die Qualitätsstandards in der Schweiz für „Normalfleisch“ denen von Biofleisch in Deutschland sehr nahe kommen, fühlen sich viele schweizerischen Landwirte, Fleischproduzenten und Metzger ohnehin benachteiligt. Bereits die Einstandspreise für Schweine-, Rind- und Kalbfleisch liegen oft beim Doppelten der deutschen Kollegen. Vor allem grenznahe Betriebe erleiden hierdurch extreme Nachteile und sind oft nicht mehr konkurrenzfähig.

Es gibt aber noch einen weiteren Anlass, der auf der Schweizer Seite viel Ärger hervorruft. Entgegen der früheren Zollverordnung spricht die neue nun nur noch von „Fleisch und Fleischzubereitungen“, aber nicht mehr von „Fleisch und Fleischwaren“. Während die Zollbehörden in dieser Formulierung auch Salami und Wurst eingeschlossen sieht, behauptet die Fleischlobby, dies sei keineswegs klar der Fall, sondern im Gegenteil: Nun könnten auch noch tonnenweise Schinken und Salami importiert werden, ohne dass dafür einen Franken Zoll gezahlt werden müsste.



Die Einfuhr von alkoholhaltigen Getränken sieht wie folgt aus: Statt der bislang erlaubten zwei Liter zollfreien Getränken bis 18 Volumenprozent ist es nunmehr erlaubt, fünf Liter einzuführen. Für hochprozentigen Alkohol gelten dieselben Regelungen wie früher. Hier darf weiterhin nur 1 Liter zollfrei eingeführt werden. Richtig teuer wird es dagegen für alle, die mehr als nur sechs Liter Wein oder Bier in die Schweiz einführen möchten. Pro Liter sind 2 Franken zu entrichten (vgl. dazu früher: erst ab dem 21. Liter wurde der Konsument mit 3 Franken zur Kasse gebeten, vom 3. bis zum 20. Liter waren dagegen nur 60 Rappen zu entrichten).

Werfen wir last, but not least noch einen Blick auf die Freigrenzen für Tabakprodukte. Sie wurden durchgehend erhöht, nämlich auf wahlweise 250 Zigaretten oder 250 Gramm Tabak oder 250 Zigarren, die zollfrei in die Schweiz eingeführt werden dürfen (vgl. zuvor 200 Zigaretten oder 250 Gramm Tabak oder 50 Zigarren).

Für alle anderen Fälle und weitere Informationen sei an dieser Stelle auf die für jedermann öffentlich zugänglichen Deklarationsvorschriften verwiesen.

 

Oberstes Bild: Es ist keine Neuigkeit, dass Schweizer ihre Einkäufe bevorzugt jenseits der eigenen Ländergrenzen tätigen. (© Vereshchagin Dmitry / Shutterstock.com)

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