Das Bienensterben und wie ihm begegnet wird

Der plötzliche Tod ganzer Bienenvölker ist ein Phänomen, welches in beunruhigendem Masse immer häufiger beobachtet wird. Nicht selten findet der Imker sein gesamtes Volk tot vor dem Einflugloch liegen. Zehntausende dieser Vorfälle werden in den USA und in Europa jedes Jahr gemeldet.

Die Brisanz dieser Entwicklung ist nicht hoch genug einzuschätzen. Weniger in der Honigproduktion, sondern vielmehr in der Bestäubung von Nutzpflanzen liegt die eigentliche wirtschaftliche Bedeutung der Honigbiene. Fällt diese aus, bleiben ganze Obstplantagen unbefruchtet, was die Entstehung und damit auch die Ernte von Kirsche, Apfel und Birne verhindert.

Immerhin: Es scheint, als sei der Hauptverursacher dieser Entwicklung gefunden. Schuld ist eine winzige Milbe, welche sich in den Bienenstöcken einnistet und sich in schlimmster Zeckenmanier an den fleissigen Immen und ihrer Brut festsetzt. Die Bienen werden von den Parasiten mit dem furchterregenden Namen „Varrora Destructor“ geschwächt und zudem mit Viren infiziert. Wird eine Biene bereits im Larvenstadium befallen, überlebt sie dies nicht oder kommt verkrüppelt zur Welt.

Begünstigt wird das Bienensterben durch die Monokulturen in der Landwirtschaft. Wo hektarweise nur ein absolut gleichförmiges Nahrungsangebot zur Verfügung steht, ist die Abwehr- und Entwicklungsfähigkeit einer Biene nachhaltig gestört. Es besteht also dringender Handlungsbedarf, wenn die Nahrungsmittelversorgung aufrechterhalten werden soll.

Eine Idee ist, wie so häufig, der verstärkte Einsatz von Chemie. Doch dies hat auch bei diesem Parasiten nur eine vorübergehende Wirkung. Wie andere Schadinsekten auch, sind die Varrora-Milben in der Lage, Resistenzen auszubilden. Ausser einer Verseuchung von Land und Flur erreicht man mit dem Einsatz von Chemie mittelfristig überhaupt nichts.

Erstaunlich ist, dass sich unsere europäischen Bienen die Invasion durch diese kleine Milbe überhaupt gefallen lassen. Die Ursache darin liegt in ihrer Domestizierung. Über Jahrhunderte hinweg wurde die Biene auf Ertrag und vor allem auf ein friedfertiges Wesen hingezüchtet. Dies sollte vor allem die industrielle Imkerei begünstigen, die mit vergleichsweise phlegmatischen Bienen wesentlich einfacher zu bewerkstelligen ist als mit Bienen mit hohen physischen Abwehrreflexen. Doch damit wurde leider auch die Reaktionsfähigkeit dieser Insekten auf Eindringlinge stark reduziert.

Afrikanische Bienen haben dieses Problem beispielsweise nicht. Die Bienen der Tropen lassen sich keinen Invasor in ihrem Stock gefallen, sondern töten alles, was nicht hineingehört, sofort ab und werfen es hinaus. Die Rückkreuzung scheint also ein naheliegender Lösungsansatz zu sein.

Obwohl die Forderung seitens der Landwirtschaft schon geäussert wurde, sieht man bislang von Einkreuzungen widerstandsfähiger Bienenarten ab. In den 1980er-Jahren führten ähnliche Experimente in Mittelamerika zu fürchterlichen Katastrophen. Kreuzungen aus einer heimischen und einer afrikanischen Biene haben zu einer neuen Sorte geführt, welche als „Mörderbienen“ bekannt wurden. Diese extrem reizbaren Insekten waren bald für ihre überfallartigen Attacken gefürchtet, die häufig mit einigen Todesopfern geendet haben.



Doch es wäre nicht Europa mit seinen Tüftlern, Denkern und Ingenieuren, wenn nicht auch hier intelligente und innovative Konzepte gegen die Varrora-Milbe entwickelt würden. Behandlungsformen mithilfe von Milch- oder Oxalsäuredämpfen haben sich recht wirkungsvoll gegen diese kleinen Spinnentiere erwiesen. Gänzlich ohne Chemie arbeitet dagegen der VarroraController der gleichnamigen Firma aus Österreich. Ihre Idee war es, mit einer exakt gesteuerten Hyperthermiebehandlung der Milbe den Garaus zu machen. Der Erfolg scheint durchschlagend zu sein, die Begeisterung der Imker kennt keine Grenzen.

Dennoch ist kein Grund zur Beruhigung angezeigt. Ausser der Varrora lauern auch andere Parasiten auf ihre Chance, den Bienen zu Leibe zu rücken. Es ist vielmehr notwendig, weiterhin Ursachenforschung zu betreiben und das Übel mit sinnvollen Massnahmen zu bekämpfen.

Die landstrichweise monokulturelle Nutzung der vorhandenen Ackerflächen kann weder gesund noch sinnvoll für die Natur sein. Monokulturen provozieren stets das flächenbrandartige Auftreten von Schädlingen, welche sich gerade auf die angebaute Nutzpflanze spezialisiert haben. Die dazu passenden Nützlinge gehen mit der Reduktion der Biodiversität durch den intensiv-monotonen Anbau der Feldfrüchte jedoch ebenfalls verloren.

So ist der als „Bücherskorpion“ bekannte „Chelifer cancroides“ seit jeher ein Erzfeind aller Arten von Kleinmilben. Dieser winzige, tatsächlich mit den gefürchteten Schnappern und Stechern verwandte Räuber scheint eine ausgesprochen nützliche Waffe gegen das Bienensterben zu sein. Gerade die gefürchtete „Varrora Destructor“, welche den Bienenvölkern so sehr zusetzt, scheint dem kleinen Beisser mit den riesigen Zangen besonders gut zu schmecken. Doch keine Angst, der Bücherskorpion ist so klein, dass für Menschen absolut keine Gefahr von ihm ausgeht. Gerade dieser Nützling wurde aber in seinem Bestand durch den intensiven Einsatz chemischer Insektenvernichtungsmittel extrem dezimiert.

Glücklicherweise hat man diesen Umstand inzwischen erkannt, die Bedeutung des Bücherskorpions spricht sich langsam bei den Imkern herum. Dennoch: Ein Umdenken tut not. Bei allem Verständnis für profitorientiertes Denken, es muss andere Wege geben, als es stets auf Kosten von Natur und Umwelt durchzufechten.

Auch wenn es uns gelingt, dem Sterben der Bienenvölker Einhalt zu gebieten, ist der Warnschuss dieses Phänomens unüberhörbar. Es bedarf einer anderen Sichtweise auf Versorgung, Gewinnstreben und Fürsorge für die Welt, in der wir leben. Dies muss nicht gleich mit Gewinnverzicht einhergehen. Sorgsamkeit, Intelligenz und Achtsamkeit sind letzten Endes auch für den Erhalt von Umsatz, Absatz und Marge immens wichtig.

 

Oberstes Bild: © l i g h t p o e t – Shutterstock.com

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