Swisscom: Neues Store-Konzept für ein zeitgemässes Marken-Image

Die Zukunft des Detailhandels ist ein Dauerthema. Worin besteht ein zeitgemässes Store-Konzept, das angesichts der wachsenden Online-Konkurrenz für Kunden attraktiv ist? Was erwarten heutige – in der Regel gut informierte, „mündige“ und anspruchsvolle – Kunden vom stationären Handel? Wie sieht echte Kundenorientierung heute aus und wie gestaltet sie sich in der Praxis?

Die Swisscom hat sich vor diesem Hintergrund für ein neues Store-Konzept entschieden, bei dem individuelle Beratung und Infotainment im Fokus stehen.

Der neue Swisscom-Ansatz ist insofern ein Sonderfall, als es dabei nicht um direkte Umsatzsteigerungen geht. Für den Unternehmensumsatz spielen die Stores nur eine sekundäre Rolle, da dieser grösstenteils aus langfristigen Telefon- und Internetverträgen stammt. Das neue Store-Konzept soll vor allem die Reputation der Marke Swisscom stärken. Trotzdem ist der Swisscom-Ansatz auch für andere Branchen und Produkte bedenkenswert.



Vom Ticketsystem zum Erlebnis-Store

Noch vor kurzem trafen Kunden in den Swisscom-Stores auf ein simples Prozedere: Ticket ziehen und warten, bis ein Kundenberater für sie Zeit hat. Im Rahmen des neuen Konzepts wurden die Ticketautomaten abgeschafft. Stattdessen begrüsst ein „Floor Manager“ die Kunden, sobald sie das Geschäft betreten, nimmt mit seinem Tablet einige Basisdaten sowie die aktuellen Wünsche der Shop-Besucher auf und berät sie, sofern gewünscht, in der Wartezeit zum im Laden ausgestellten Sortiment. Zu Beginn des Jahres arbeiteten 81 der 131 Swisscom-Shops auf Basis des neuen Konzepts, die restlichen Läden sollen bis Ende 2014 folgen. Die Investitionen für die Umstellung sind nicht unbeträchtlich, das Unternehmen spricht von einem Betrag in „mittlerer zweistelliger Millionenhöhe“.

Service-Optionen für „Digital Citizens“

Erste Umfragen zur Resonanz des neuen Store-Konzepts zeigen, dass die Umstellung darauf die Kundenzufriedenheit nicht verbessert hat. Sie liegt wie auch zuvor bei 8,6 von maximal zehn möglichen Punkten. Auch die Wartezeiten der Kunden haben sich nicht verkürzt. Im Tagesdurchschnitt liegen sie weiterhin bei etwa fünf Minuten, in Stosszeiten kann es auch etwas länger dauern, bis ein Verkäufer sich des Kunden annimmt. Der Swisscom-Shop-Verantwortliche Pierre-Luc Marilley erklärt jedoch, dass es bei der Umstellung gar nicht darum ging, diese Werte zu verbessern. Ihr Ziel besteht darin, dass das Unternehmen in der Öffentlichkeit als persönlicher und kundenfreundlicher wahrgenommen wird.

Das grundsätzliche Ziel der Massnahmen besteht darin, die Grenzen zwischen der Firma und ihren Kunden abzubauen und sich auf deren „Inspiration“ durch das Swisscom-Produktportfolio zu fokussieren. Zudem haben sich die Kunden selbst in den vergangenen Jahren stark verändert – die technikaffinen „Digital Citizens“ sind die am schnellsten wachsende Zielgruppe der Swisscom. Erfolg hat das Unternehmen mit seinen neuen Ansatz offensichtlich nicht nur bei ihnen. Die Kundenfrequenz in den neuen Shops hat sich insgesamt um zehn Prozent erhöht. Mehr als die Hälfte der Besucher nutzt die Wartezeit dazu, die ausgestellten Produkte auszuprobieren. Die Swisscom bietet ihnen in den Shops dafür die Inszenierung realer Lebenssituationen an, welche die Anwendung von digitalen Medien „erfahrbar“ machen und einen zusätzlichen Kaufanreiz schaffen sollen.

Kundenzufriedenheit und Markenwahrnehmung als entscheidende Erfolgskriterien

Marilley erläuterte gegenüber der „Neuen Zürcher Zeitung“ auch die „historische“ Entwicklung der Swisscom-Store-Konzepte. Das alte Ticket-System stammt aus dem Jahr 2005, gemessen an den damaligen Verhältnissen war es eine effiziente und zeitgemässe Lösung, jedoch stark auf Wartezeiten orientiert. Die Umsatz- und Besucherzahlen der Stores seien damit zwar stabil geblieben, an den Bedürfnissen der „Digital Citizens“ ging das Konzept jedoch vorbei. Diese Kundengruppe spielt jedoch erst seit 2007 – nach dem iPhone-Launch und dem Siegeszug der Smartphones – eine Rolle.

Inzwischen besetzen sie das grösste Segment im Mobilgerätemarkt: 66 Prozent aller verkauften Mobiltelefone sind heute Smartphones. In der Startphase des neuen Projekts setzte die Swisscom zunächst noch auf die Unterstützung externer Berater, verliess sich danach jedoch zunehmend auf ihre eigenen Analysen und Erfahrungswerte. Unter anderem wurde mittels Befragungen erhoben, wie sich die Kunden im Geschäft bewegen und wo die „Schlüsselstellen“ für relevante Kundenerfahrungen liegen. 


Kundenzufriedenheit und Markenwahrnehmung waren die entscheidenden Kriterien für den Erfolg des neuen Store-Konzepts. (Bild: Paramath / Shutterstock.com)


Kundenzufriedenheit und Markenwahrnehmung waren die entscheidenden Kriterien für den Erfolg des neuen Store-Konzepts, da das Unternehmen die Läden vor allem als strategische Instrumente zur Markenpositionierung einsetzt. Für die Optimierung des eigentlichen Verkaufs flossen auch Erkenntnisse über Veränderungen des Kundenverhaltens ein: Wenn ein Kunde in einem Swisscom-Shop heute ein digitales Gerät erwerben will, hat er sich über die verschiedenen Optionen gewöhnlich schon online informiert, kommt also mit recht konkreten Vorstellungen in den Laden.

Hinzu kommt, dass viele Geräte und Servicepakete heute einen grösseren Erklärungsbedarf als früher haben. Im Klartext: Der Kunde wird sich statt für einen Online-Kauf nur dann für einen Kauf im Shop entscheiden, wenn er dort eine Beratungsqualität erhält, die ihm das Internet nicht bieten kann. Die Shops brauchen dafür natürlich auch komplex geschulte Mitarbeiter.

Auch das neue Store-Konzept wird weiter optimiert

Ursprünglich – bei den ersten Pilot-Versuchen im Jahr 2010 – hatte die Swisscom übrigens gar nicht geplant, die Ticketautomaten abzuschaffen, in der Praxis zeigte sich jedoch, dass sie von der Mehrzahl der Kunden nicht als angenehm empfunden wurden. Sowohl Kunden als auch Mitarbeiter wurden dadurch passiv – dies und der Fokus auf die Wartezeiten standen dem angestrebten Markenimage diametral entgegen.

Heute wird der Beratungsansatz bereits im ersten Kontakt mit dem „Floor Manager“ wirksam und durch die Kunden so positiv wahrgenommen, dass sie auch für die „Kinderkrankheiten“ des neuen Systems Verständnis zeigen. Für die Swisscom ist die „grosse Linie“ damit klar. Derzeit arbeiten ihre Experten bereits daran, auch das neue Store-Konzept zu optimieren und beispielsweise an sehr grosse, stark frequentierte Stores sowie hohen Besucherandrang anzupassen.

 

Oberstes Bild: © venimo / Shutterstock.com

Bildergalerie: Brem+Zehnder AG, Innenarchitektur, CH-5037 Muhen, www.brem-zehnder.ch

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