KaosPiloten Bern - die etwas andere Business School

Die neuen Business Schools haben seit Jahren Konjunktur. Wer sie absolviert, kann sich recht sicher sein, für seine Karriere das bestmögliche Fundament gelegt zu haben. Die Crux des konventionellen Ausbildungssystems findet sich an der gleichen Stelle: Die Studierenden werden auf Effizienz getrimmt – auf der persönlichen Ebene und für ihre zukünftigen Arbeitgeber. Kreativität und der Blick über den eigenen Tellerrand bleiben dabei nicht selten auf der Strecke.

In Bern gibt es seit zwei Jahren die etwas andere Business School: Die KaosPiloten setzen nicht nur auf professionelle Exzellenz, sondern haben sich zum Ziel gesetzt, auch die Welt nachhaltig zu verbessern – und dabei individuelle Freiräume und Spass zu haben.

Das Konzept der KaosPiloten stammt aus Dänemark, wo die Schule seit 1991 durch den späteren Kulturminister Uffe Elbæk gegründet wurde. Heute hat sie Filialen in diversen Ländern und von Bern bis San Francisco. Die dreijährige Generalisten-Ausbildung in den Bereichen „Leadership“ und „Entrepeneurship“ legt ihren Fokus auf kreatives Projektmanagement, Innovation und interkulturelle Kompetenzen. Heute ziehen die KaosPiloten längst nicht mehr nur Kreative mit alternativem Ansatz an, auch für die Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik sind sie eine feste Grösse.

Das Curriculum in Bern gibt es für 50’000 Franken. Die Schule hat trotz ihres Preises und des akademisch nicht relevanten Abschlusstitels weniger Studienplätze als Bewerber. Die Studierenden kommen nicht nur aus der Schweiz, sondern auch aus anderen Ländern. Für Menschen aus dem „Weltsüden“ – in Bern sind es derzeit zwei Südafrikanerinnen – werden Stipendien vergeben.

Kreatives soziales Unternehmertum als Vision und Lebenshaltung

Die Vision der KaosPiloten liest sich spannend: Sie möchten nicht nur eine Ausbildung, sondern eine Lebenshaltung („mind set“) vermitteln und ihre Studierenden befähigen, ihr professionelles und privates Leben sinnstiftend und aktiv zu gestalten. In ihrem Konzept geht es um persönliches Wachstum und kreatives Unternehmertum, um Nachhaltigkeit und positiven gesellschaftlichen Wandel – kurz: um wertebasierte Führungspersönlichkeiten und Unternehmer, die – in den Worten von Mahatma Gandhi – der „Wandel sind, den sie sich selber wünschen“. Die Ausbildung selbst ist stark praxisorientiert. Die „Change Maker“ der neuen Generation wollen perspektivisch in einer globalen Community agieren, die neue Werte definiert und im realen Leben umsetzt.

Neues kulturelles Konzept – mit unternehmerischer Basis

Schulleiter Matti Straub-Fischer formuliert die beiden wichtigsten Fragen für den Alltag an der Schule: Ergibt eine Idee oder ein Projekt so viel Sinn, dass ich mich damit für längere Zeit beschäftigen will? Und macht mir das Spass? Auf den ersten Blick scheint es durchaus, als hätten archetypische – und gut betuchte – Vertreter der Generation Y bei den KaosPiloten einen geschützten Raum gefunden. Die Realität der Schule sieht allerdings völlig anders aus: Zum einen studieren in der Berner Dependance durchaus nicht nur junge Menschen. Einige der Studierenden haben bis vor kurzem in einem extrem leistungsorientierten Umfeld Führungsverantwortung getragen, für den ersten Berner KaosPiloten-Jahrgang hat sich beispielsweise auch ein Ex-Vorstand von Novartis eingeschrieben.

Eine ehemalige Controllerin und heutige KaosPilotin berichtet, was sie zur Entscheidung für den Studiengang bewogen hat: In grossen Unternehmen gebe es sehr viele sinnlose Strukturen und ebenso viel Demotivation der Mitarbeiter. Die Firmen müssten endlich eine grundsätzlich andere Kultur entwickeln. Zum anderen ist die Schule selbst ein Unternehmen, ihre Finanzierung ist bisher keineswegs gesichert. Für das kommende Studienjahr budgetieren die KaosPiloten einen Gesamtetat von 2,24 Millionen Franken, nur die Hälfte wird durch die Studiengebühren gedeckt. Der Rest stammt aus eigenen Projekteinnahmen sowie Sponsorengeldern.

Perspektivisch sollen auch die Studierenden ihre Studiengebühren durch Projektarbeit verdienen. Damit beides funktioniert, müssen die Angebote der KaosPiloten wettbewerbsfähig sein und die Interessen ihrer Kunden im Blick behalten. An ihre kommerzielle Tätigkeit stellen sie trotzdem einen hohen Anspruch: Sie wollen eine Win-win-Situation für alle Seiten schaffen – Gewinn und exzellente Arbeit für den Kunden, Kreativität und Freiraum für sich selbst, Veränderung der Welt im Sinn von Nachhaltigkeit sowie sozialen Werten.

Externe Kooperationen für exzellente Lehre und Projektarbeit

Auch die Ausbildung der KaosPiloten basiert vor allem auf Projektarbeit. Dabei geht es weniger um Theorie und blanke Ratio, sondern darum, mit Hilfe selbst erarbeiteter und jeweils konkreter Erkenntnisse Lösungen zu finden. Auch Intuition erhält bei diesem Ansatz ihren Raum – aus Sicht der KaosPiloten ist sie für viele Innovationen einer der entscheidenden Faktoren. Gleichzeitig holen sich die KaosPiloten anerkannte Kapazitäten mit ins Boot. Den Unterricht bestreiten vorwiegend externe Dozenten auf Basis des jeweils aktuellsten Wissensstandes ihrer Fachgebiete.

Auch in anderer Hinsicht sind diese Kooperationen wichtig: Die Schule baut sich auf diese Weise ein Netzwerk mit zum Teil hochkarätiger Besetzung auf. Die Studierenden erhalten Zugang zu realen Aufträgen – als Lerngrundlage und zur Eigenfinanzierung. Übrigens stammen nur die wenigsten von ihnen aus einem reichen Elternhaus. Die meisten von ihnen jobben neben ihrem Studium, auch den ausländischen KaosPiloten erlaubt ihr Visum eine Wochenarbeitszeit von 15 Stunden.


Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und Spass. (Bild: Cienpies Design / Shutterstock.com)


Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und Spass – ein marktfähiges Modell?

Und welche Zukunft haben die KaosPiloten vor sich? Sind sie ein exotisches Modell, das seine Attraktivität in absehbarer Zeit wieder verloren haben wird? Eine Studie der Universität Oslo beschreibt sie als ein Hybrid-Konzept, das einige Widersprüche aufweist: Akademische Bildung – aber ohne den traditionellen Anspruch von Ratio und unabhängiger Forschung, starke Marktorientierung – aber mit sozialen Zielen. Der Erfolg der KaosPiloten zeige, dass das Bildungssystem im Wandel ist.

Die wichtigsten Auswirkungen dieses Wandels könnten noch etwas in der Zukunft liegen. Die Berner Business School wird wie alle anderen KaosPiloten-Dependancen unternehmerisch geführt – auf der Grundlage von Nachhaltigkeit, Spass und Verantwortung für das grosse Ganze. Immerhin haben sich die KaosPiloten inzwischen über 20 Jahre nicht nur auf dem Bildungsmarkt, sondern auch mit ihrem Projekt-und Kooperationskonzept behauptet, was nahelegt, dass es sich bei diesem Ansatz um eine marktfähige Maxime handeln könnte. Die Wirtschaft teilt möglicherweise nicht ihre Idee der Weltverbesserung, macht aber die Erfahrung, dass viele Prozesse durch die Ideen der KaosPiloten besser funktionieren.

Schulleiter Straub-Fischer sagt dazu, dass es den KaosPiloten nicht darum geht, den Kapitalismus abzuschaffen. Die Fragen, die sie sich persönlich stellen – beispielsweise „Wie viel brauche ich?“ oder „Was ist mir wichtig? – führen jedoch auf lange Sicht und in der Multiplikation dazu, dass sich der Kapitalismus perspektivisch in seinen Fundamenten wandelt.

 

Oberstes Bild: © Andrey_Popov / Shutterstock.com

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