Facebook kauft Oculus VR

Facebook übernimmt den nächsten grossen und paradoxerweise gleichzeitig unscheinbaren Fisch am IT-Markt: Für etwa 2,04 Milliarden Franken hat das soziale Netzwerk Oculus VR übernommen.

Hinter dem Unternehmen steht ein Hersteller von Virtual-Reality-Brillen – und warum dieser Kauf so wichtig ist, zeigt dieser Artikel.

Wer ist Oculus VR?

Oculus VR war bislang vor allem in den Kreisen der Computerspieler eine Marke: Das junge Unternehmen hat sich vor einiger Zeit über die Plattform Kickstarter finanzieren lassen. War am Anfang nur ein kleiner, siebenstelliger Betrag für den Beginn der Arbeiten an einer Virtual-Reality-Brille notwendig, konnten die Gründer von Oculus VR inzwischen fast 80 Millionen Franken einnehmen. Das Ziel war damals klar: Man wolle eine wirklich alltagstaugliche Brille herstellen, welche Spieler besser als je zuvor in die Spielwelten saugen konnte.

Das erste Echo jener Spieler fiel dann auch überragend aus: Ältere, als „ausgespielt“ gehandelte Titel konnten eine ganz neue Faszination entfalten. Die Sogwirkung in Spielen sei immens: Man schaut sich einfach auf natürliche Weise mit dem eigenen Kopf um, was dazu führt, dass sich auch das Sichtfeld der Spielfigur entsprechend ändert. Ein höheres Mass an Immersion ist auf dem derzeitigen Stand der Technik nicht möglich. Entsprechend ungeduldig wartet man in der Spielergemeinde seit 2012 auf die Veröffentlichung der finalen Version der Brille – und genau dies könnte jetzt durch Facebook ein grosses Problem werden. Die Reaktionen fallen entsprechend aus.


Oculus VR – Virtual-Reality-Brillen. Stefano Tinti / Shutterstock.com


Gründe für den Aufkauf

Facebook und Virtual-Reality-Brillen – das hat auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun. Mark Zuckerberg sieht das anders: Mobile Geräte seien die Plattformen der Zukunft und dort wolle Facebook natürlich nicht die zweite Geige spielen. Oculus VR habe die Chance, eine der sozialsten Plattformen aller Zeiten zu werden und die Art und Weise, wie wir mit anderen Menschen kommunizieren – sei es für die Arbeit oder nur zur Unterhaltung -, zu ändern. Da Facebook nicht hinter eventuelle Konkurrenten zurückfallen wolle, war der Kauf nur ein logischer Schritt – so lautet jedenfalls Zuckerbergs Argumentation.

Ein eventueller Konkurrent wäre beispielsweise Sony, welches jüngst ebenfalls eine solche Brille vorgestellt hat – und seit einiger Zeit ist schliesslich auch der Spielemarkt im Fokus von Facebook. Während der Pressekonferenz zur Akquisition von Oculus VR wurde der CEO von Facebook natürlich auch auf die Zukunft der Brille als Spielemedium angesprochen – doch Zuckerberg wiegelte ab. Spiele seien zwar ein wichtiger Markt für eine solche Brille, aber die zahlreichen anderen Anwendungsmöglichkeiten wären noch besser: virtuelles Lernen, Konversationen mit dem Arzt oder Sportevents im Stadion. Das mag alles faszinierend klingen, aber ob sich die Oculus-Brille jetzt tatsächlich noch als Spielergerät durchsetzen kann, dürfte fraglich sein. Das wird insbesondere die ursprünglichen Investoren, welche die Datenbrille überhaupt Realität werden liessen, stören.

Unbeantwortete Fragen und eine unsichere Zukunft

Dabei ist mehr Kapital zunächst immer begrüssenswert: Wenn ein junges Start-up wie Oculus VR plötzlich über mehrere Milliarden Franken verfügt, können technische Probleme auf einmal beseitigt werden. Die bislang klobige Brille könnte verkleinert, die Leistung verbessert und die Stromaufnahme gesenkt werden. All das sind positive Auswirkungen einer solchen Akquisition. Aber für all das müssen auch wieder einmal viele Freiheiten geopfert werden. Wichtige Fragen sind beispielsweise:

  • Facebook ist nicht gerade als der personifizierte Datenschutz bekannt. Daten werden gesammelt, gespeichert und ausgewertet, Werbung wird für jedes einzelne Mitglied gesondert ausgewählt und die NSA-Spionageaffären werfen ebenfalls kein gutes Licht auf das Netzwerk. In der von Enthusiasten gefüllten Fangemeinde der Oculus-Brille sieht man all das gar nicht gerne. Kann Facebook also in Bezug auf eine Datenbrille, die am Ende wie Google Glass aussehen könnte, vertraut werden?
  • Nach den letzten Planungen sollte die Oculus-Brille auch eine integrierte Kamera für Aufnahmen der Umgebung beinhalten. Einem jungen, durch Kickstarter finanzierten Start-up hätte man in dieser Hinsicht vertraut – kann das auch für Facebook gelten?
  • In welche Richtung wird Facebook die Brille lenken? Zuckerberg erwähnte dabei die eigene, grosse Spieleplattform – und er hat damit Recht. Allerdings beschränken sich jene Spiele vor allem auf Browsergames für den Appetit zwischendurch. „Echte“ Spiele sind doch eher Mangelware, aber genau diese waren bislang das Ziel von Oculus VR. Wird also weiterhin an einer Optimierung auf die grossen Titel in diesem Wirtschaftszweig gearbeitet oder gehen die Bemühungen nun in Richtung der typischen Facebook-Spiele?

Ungestörte Entfaltung?

Diesen Fragen werden sich Zuckerberg und Oculus VR früher oder später stellen müssen. Bis dahin geniessen aber vor allem die Gründer von Oculus ein entspanntes Leben: 350 Millionen Franken in bar hat Facebook dem Unternehmen zugeschoben, weitere 1,42 Milliarden Franken wurden in der Form von Aktien von Facebook selbst ausgeschüttet. Weitere 266 Millionen Franken sollen überwiesen werden, sobald „bestimmte Ziele“ erreicht werden – ohne diese für die Öffentlichkeit genau zu benennen.

Eingreifen möchte Facebook in das Tagegeschäft von Oculus zunächst nicht: Die Firmenzentrale soll sich weiterhin in Irvine befinden, Mitarbeiter werden weder abgezogen noch hinzugestellt. Es bleibt – zumindest aus Sicht der ehemaligen Spender bei Kickstarter – zu hoffen, dass sich Oculus VR tatsächlich nicht zu weit von den eigenen Stärken entfernt.

 

Oberstes Bild: © Artisticco / Shutterstock.com

jQuery(document).ready(function(){if(jQuery.fn.gslider) {jQuery('.g-22').gslider({groupid:22,speed:10000,repeat_impressions:'Y'});}});