Warum Iacocca immer noch aktuell ist

Wer ist eigentlich Lee Iacocca? Diese Frage sei nur denjenigen verziehen, die weder eine Affinität zu Business noch zu Autos haben. Aber sei´s drum: Lee Iacocca war ein US-amerikanischer Automanager, welcher erst bei Ford eine beeindruckende Karriere machte und anschliessend Chrysler vor dem Bankrott retten konnte. Er beschrieb diese Erlebnisse in seinem Buch „Eine amerikanische Karriere“, welches als erstes Fachbuch dieser Art zu einem internationalen Bestseller wurde.

Was macht Iaccoca aus?

Professionalität, Kompetenz und – Leidenschaft. Damit lässt sich das Wirken von Iacocca zusammenfassen. Tolle Produkte herstellen ist das eine – aber mit ihnen richtig Geld zu verdienen macht die Sache erst perfekt. Iacocca schaffte es, das Feuer für das Big Business glaubhaft zu vermitteln und zeigt, was möglich ist, wenn man die Mittel und das Selbstvertrauen hat.

Seine wichtigsten Erfolge

Iacocca begann 1946 als Praktikant bei Ford. Obwohl er mit dem gleichzeitig dort beginnenden Robert S. McNamara – dem späteren Verteidigungsminister der USA – in seiner Karriere nur wenig Kontakt hatte, waren doch beide über die unorganisierten Zustände in diesem Weltkonzern überrascht. McNamara erzählt in seinem – übrigens ebenfalls äusserst empfehlenswerten – Film „The Fog of War“ einige Anekdoten, die man heute kaum noch glauben möchte: Wurde ein Manager entlassen, so sagte man ihm das nicht. Ford Senior schickte in der Nacht vor dem Rauswurf einen Trupp Hilfsarbeiter in das Büro des Geschassten, welche die Aufgabe hatten, die Möbel des in Ungnade Gefallenen zu zerhacken. Gleichzeitig wurden Rechnungen nicht nach Betrag, sondern nach Gewicht bezahlt. So kam es, dass Ford kurz nach dem Krieg trotz der vielen millionenschweren Rüstungsaufträge kurz vor dem Bankrott stand.

Die damalige Neustrukturierung und Professionalisierung der Betriebsabläufe erlebte Iacocca mit. Mit Fleiss und Leidenschaft erreichte er bereits 1964 den Platz des Generaldirektors. Iacocca wird häufig als „Vater des Mustangs“ beschrieben. Das ist zum grössten Teil richtig, wird ihm aber dennoch nicht gerecht. Grundsätzlich hat Iacocca den Automobilbau dahingehend revolutioniert, dass er erstmals den Kunden und seine Bedürfnisse zum Ausgangspunkt für eine neue Entwicklung nahm. So entstanden unter Iacocca bei Ford auch noch andere, bemerkenswerte Fahrzeuge. Ein Beispiel: Was in den USA der Mustang war, wurde in Europa – von der Perspektive des Umsatzbringers aus gesehen – der Fiesta.

Ende der 1970er Jahre überwarf sich Iacocca mit dem Ford-Erben Henry Ford III. Er beschreibt mit so drastischen Worten das despotische Verhalten dieses „sechzig Jahre alten Teenagers“, dass sein Buch ein echtes Lesevergnügen ist. Wer kennt nicht die Berufssöhne, welche mit dem goldenen Löffel im Mund sogleich in die Chefetage stolpern und ihre Mitarbeiter aus Desinteresse und Langeweile in den Wahnsinn treiben? Das gab es also auch schon vor 30 Jahren. 


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Richtig spannend wird es aber mit Iacoccas Wechsel zu Chrysler. Die Beschreibung der chaotischen Abläufe in diesem Weltkonzern treiben dem Leser mal die Lach- und mal die Schmerzenstränen in die Augen. Aber – obwohl er schier übermenschliche Kräfte aufbringen muss, schafft er den Turnaround. Iacocca erreicht mit neuen Modellen, neuen Vertriebsstrategien, neuen Mitarbeitern und neuen Ideen nicht nur die Rückkehr in die Gewinnzone. Chrysler schafft es unter Iacocca sogar kurzzeitig, Ford im Unternehmensgewinn zu überholen. Und wieder kommen mit Iacocca klangvolle Namen und Meilensteine der Automobilgeschichte auf den Markt: der Lincoln Continental Mark III, der Chrysler Voyager, der Dodge Omni und der Chrysler LeBaron (vor allem das Cabrio) gehen auf Iacoccas Konto.

Was gilt heute noch von Iacocca?

Zugegeben: In unserer durch Zeitverträge, Quartalszahl-Diktaten, bedrohliche Unternehmensberater und Work-Life-Balance-Forderungen der mitarbeitergeprägten Arbeitskultur ist es sehr schwer, ausgerechnet einem 30 Jahre alten Buch noch einen Erkenntniswert zuzusprechen. Aber die eigentliche Message von Iacocca liest sich zwischen den Zeilen: Er ist der Beweis, dass an dem ewigen Mantra des US-Films „Sei in dem, was du tust, der Beste“ irgendetwas Wahres dran sein muss. Zwei Weltkonzernen zu Umsatzrekorden verhelfen ist eine Leistung, welche man heute kaum noch einer Einzelperson zutrauen möchte. Dennoch: Gerade weil diese Zeit so hochdynamisch ist, kann der Rückblick auf einen, der es offensichtlich richtig gemacht hat, nicht schaden.

Nichts wirklich veraltet

Eine der nächsten gesellschaftlichen Aufgaben, welche die USA und England in den nächsten Jahren zu meistern haben, ist die Reindustrialisierung. Das gnadenlose Outsourcen der gesamten Industrieproduktion in die Billiglohnländer fordert heute seinen Tribut in der Feststellung, dass im eigenen Land die Verzweiflung, Obdachlosigkeit und der Verfall zunimmt. Ausgerechtet Iacoccas Wirkungsstätte Detroit ist hierfür das beste Beispiel. Wenn die Einwohner dieser Stadt aus Verzweiflung bereits auf Baustellenbrachen Äcker anlegen müssen, um überhaupt etwas zu essen zu bekommen, dann bekommen „Shareholder Value“ und „Geiz ist geil“ einen völlig neuen Stellenwert.

Wie man jedoch erfolgreich auch unter schwierigsten Voraussetzungen ein erfolgreiches Geschäft aufbaut, das kann man auch heute noch von Iacocca lernen. Zeit also, sich den Altvorderen wieder zuzuwenden und die Katastrophen der Dienstleistungsgeneration wieder in Ordnung zu bringen. Auch wenn Sarkasmus und Zynismus locken mögen – Iacocca wirkt wie ein Kompass, auf dem sich ein Manager einordnen kann. Es liegen gewaltige Aufgaben vor uns. Die Rezepte der Alten können dabei helfen.

 

Oberstes Bild: © Featureflashshutterstock.com

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