Facebook kauft WhatsApp für 19 Milliarden US-Dollar

Wenn es eine bemerkenswerte Nachricht aus der IT-Welt der vergangenen Wochen gab, dann dürfte dies zweifelsohne die Übernahme von WhatsApp durch den „Halb“-Konkurrenten Facebook gewesen sein. Für das führende soziale Netzwerk hatte die Übernahme gleich mehrere Gründe – und WhatsApp-Gründer Jan Koum machte der Deal praktisch über Nacht zum Milliardär.

Fantasiezahlen oder gerechtfertigte Kaufpreise?

Vor etwa zwei Jahren hat Facebook den Foto-Sharing-Dienst Instagram für ungefähr eine Milliarde US-Dollar gekauft. Vor ebenfalls nicht allzu langer Zeit akquirierte Microsoft den Chat- und VoIP-Dienst Skype für ganze acht Milliarden US-Dollar. Kritiker warfen beiden Unternehmen vor, absolute „Mondpreise“ für Unternehmen gezahlt zu haben, die diese Summen einfach nicht wert waren. Nest, ein US-Hersteller von Geräten für die Steuerung des Haushalts, war Google 3,5 Milliarden US-Dollar wert.

Die Zahlen für die Übernahme von WhatsApp schlagen diesem Fass jedoch den Boden aus: Vier Milliarden US-Dollar hat Facebook dafür investiert, ausserdem wurden noch einmal etwa 180 Millionen Aktien im Wert von etwa zwölf Milliarden US-Dollar an WhatsApp übergeben. Zusammen mit weiteren drei Milliarden US-Dollar, welche über die kommenden Jahre an die Angestellten für die Applikation bereitgestellt werden sollen, beläuft sich der insgesamt gezahlte Kaufpreis auf 19 Milliarden US-Dollar – eine schier unfassbare Summe, wenn man sich ansieht, welchen vermeintlich einfachen Dienst WhatsApp überhaupt bereitstellt.

Ist WhatsApp diesen Preis wert?

Hinter der Applikation verbirgt sich im Prinzip nichts anderes als ein Messenger, wie ihn beispielsweise auch Skype, Facebook selbst, ICQ und zahlreiche ähnliche Unternehmen bereitstellen. Ein Pluspunkt von WhatsApp ist die einfache Art und Weise der Nutzung und die einfach unerhörte Popularität des Dienstes: Etwa 400 Millionen Anwender verzeichnet die Applikation für iOS, Android und Windows Phone derzeit.

Aber ein technologisches Wunderwerk verbirgt sich hinter WhatsApp nicht – das Gegenteil ist sogar der Fall: Bedenken bezüglich des Datenschutzes kursieren um WhatsApp bereits seit vielen Monaten. In den Zeiten der Datenskandale durch Geheimdienste machen den Datenschützern insbesondere die in den Vereinigten Staaten stationierten Servern zu schaffen.

Warum das Programm und die Mitarbeiter dennoch einen so hohen Kaufpreis wert waren, liegt an der in der IT-Welt hervorragend funktionierenden „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“-Mentalität. Es wäre sicherlich kein Problem, einen ähnlich funktionierenden Messenger zu programmieren – aber wie bewegt man 400 Millionen Anwender dazu, zu dieser anderen Applikation zu wechseln? Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und lässt sich nicht so einfach vom einfach funktionierenden Dienst abbringen. Und genau dahinter verbirgt sich auch der Grund für den Kaufpreis, denn Facebook bekommt auf diese Weise auch die Daten jedes einzelnen Nutzers von WhatsApp.

Wenn Wissen mehr wert ist als Produkt

Facebooks CEO Mark Zuckerberg erklärt die Gründe wie folgt: Facebooks eigener Nachrichtendienst war nicht so erfolgreich, wie sich die Führungsetage dies vorgestellt hatte. Ergo soll WhatsApp kommen und den eigenen Dienst „ergänzen“ – was langfristig so viel heissen dürfte wie „ersetzen“. Allerdings möchte Facebook die beiden Dienste zunächst nicht ineinander verweben: WhatsApp soll autonom weiterarbeiten, ebenso wie Facebook weiterhin eigenständig bleiben soll.


/ Shutterstock.com)


Während der eine Dienst nur für die Facebook-Freunde zuständig ist, kümmert sich WhatsApp um alle anderen Nutzer, die das soziale Netzwerk bislang nicht fesseln konnte. Letztendlich landen ohnehin alle Daten auf den Servern von Facebook, so dass es dem Mutterkonzern egal sein dürfte, welche Anwender sich für welches Produkt entscheiden.

Auch möchte Facebook dafür Sorge tragen, dass die Bemühungen von WhatsApp weiterhin erfolgreich bleiben und die Reichweite des Unternehmens sogar noch vergrössert wird. Interessant wird dabei zu beobachten sein, ob WhatsApp an seinen Richtlinien – „No Ads, No Games, No Gimmicks“ (in etwa: keine Werbung, keine Spiele, keine Spielereien) – festhalten können wird.

Warum sich die 19 Milliarden US-Dollar auszahlen könnten

Wie viel die Daten eines einzelnen Nutzers exakt wert sind, kann in festen Beträgen kaum geäussert werden. Fest steht aber, dass 400 Millionen Nutzer natürlich einen gewissen Wert haben: Hochgerechnet würde dies bedeuten, dass jeder Anwender von WhatsApp etwa 47,50 US-Dollar kostet – eigentlich handelt es sich dabei um einen Spottpreis, wenn man bedenkt, dass Facebook damit zielgerichtete Werbung schalten könnte, welche diesen Kaufpreis wahrscheinlich in sehr kurzer Zeit wieder amortisiert haben dürfte.

Ausserdem hat man dem Konkurrenten Google einen potenziellen Kandidaten für die Akquisition genommen: Dort müsste man sich nun beispielsweise mit Snapchat begnügen, einem ganz ähnlichen Dienst. Dieser sollte von Facebook letztes Jahr für drei Milliarden US-Dollar gekauft werden. Snapchat lehnte jedoch ab, da ihnen der Preis als zu niedrig erschien. Offenbar hatten sie Recht.

Und was denken die Nutzer?

Den Anwendern von WhatsApp hat die Übernahme nicht unbedingt geschmeckt: Das Image von Facebook als Datenkrake hat dafür gesorgt, dass sich viele Nutzer für den schweizerischen Dienst Threema entschieden haben. Praktisch über Nacht explodierten die Nutzerzahlen des Unternehmens Kasper Systems GmbH, aus ehemals 100’000 Nutzern wurden 300’000 Schreibwütige. Inzwischen verwenden geschätzt 1,4 Millionen Nutzer den Dienst. Sicherlich weht hier noch immer ein kleines Lüftchen im Vergleich zu Facebook – aber es zeigt doch deutlich, dass die Anwender nicht jede Entscheidung blind gutheissen.

 

Oberstes Bild: © Twin Design / Shutterstock.com

author-profile-picture-150x150

Mehr zu Agentur belmedia

Die Agentur belmedia GmbH beliefert die Leserschaft täglich mit interessanten News, spannenden Themen und tollen Tipps aus den unterschiedlichsten Bereichen. Nahezu jedes Themengebiet deckt die Agentur belmedia mit ihren Online-Portalen ab. Wofür wir das machen? Damit Sie stets gut informiert sind – ob im beruflichen oder privaten Alltag!

website-24x24google-plus-24x24
jQuery(document).ready(function(){if(jQuery.fn.gslider) {jQuery('.g-22').gslider({groupid:22,speed:10000,repeat_impressions:'Y'});}});