IT-Beschaffung: Outsourcing-Probleme beim Bundesamt für Informatik und Telekommunikation

Die Beschaffung von IT-Experten durch verschiedene Schweizer Bundesämter steht schon länger in der öffentlichen Kritik. Interne Ressourcen sind bei den Ämtern nur in sehr begrenztem Mass vorhanden. Die Lösung besteht meist darin, IT-Projekte outzusourcen.

Schwierigkeiten ergeben sich dabei von mehreren Seiten: Die IT-Branche moniert, dass die Ausschreibungsunterlagen oft so kompliziert sind, dass sie Firmen, die sich als externe Dienstleister bewerben wollen, vor erhebliche Probleme stellen. Oft enthielten sie zudem – unter anderem aufgrund eines profunden Wissensmangels – unflexible technische Vorgaben statt benutzer- und prozessorientierten Anforderungen, die den Entwicklern einen gewissen Spielraum liessen. Der Branchenverband Swico kritisiert zudem, dass der Bund die externen IT-Personalressourcen zum Teil ohne bestehende Projektspezifikationen „auf Vorrat“ kaufe, woraus sich Nachteile für kleine und mittlere Unternehmen ergeben, da letztere meist auf höhere Stundensätze angewiesen seien. Die parlamentarische Gruppe „ePower“, die sich als politische Interessenvertretung der IT-Branche profiliert, will die Problematik nun im Bundesrat zur Sprache bringen.

Deutlich wachsendes Volumen von Personal-Rahmenverträgen beim BIT

Die „Neue Zürcher Zeitung“ publizierte heute am Beispiel des Bundesamtes für Informatik und Telekommunikation (BIT) einen Bericht über den Umfang und die Risiken dieser Praxis. Die Personal-Einkäufe des BTI beschränken sich nicht auf IT-Spezialisten im engeren Sinne, sondern schliessen auch Berater, Projektleiter und Business-Analysten ein. Pro Jahr fliessen dafür öffentliche Gelder im Umfang von etwa 350 Millionen Franken. Die Kritiker der Outsourcing-Praxis meinen, dass diese viel zu teuer sei – die Externen kosten ein Vielfaches der Gehälter angestellter Mitarbeiter. Zudem verstärke sich sukzessive die Abhängigkeit von den Dienstleistungsunternehmen, parallel dazu versäume das Amt, entsprechendes Wissen und Ressourcen intern aufzubauen.

Ein Blick auf Simap, die digitale Beschaffungsplattform des Bundes, zeigt dass das BIT tatsächlich Personalressourcen in grossem Massstab einkauft. In den ersten sieben Wochen wurden dafür bereits 140 Millionen Franken ausgegeben. Das Volumen laufender Ausschreibungen, bei denen noch kein Zuschlag erfolgt ist, beläuft sich derzeit auf über 250 Millionen Franken. In der Regel geht es dabei um Personal-Rahmenverträge, die über mehrere Jahre laufen. Konkrete Projekte für den Personaleinsatz sind noch nicht bekannt, die Behörde hat bisher lediglich die allgemeinen Einsatzbereiche definiert. Auftragsvolumina und externe Mitarbeiter sind variabel abrufbar, die aufgeführten Summen beziehen sich zunächst auf die Obergrenzen. Im Vergleich zum Vorjahr hat das BIT im Hinblick auf den Einkauf externer Personalressourcen offenbar einen gewaltigen Sprung vollzogen. Die Gesamtausgaben für derartige nicht projektgebundenen Rahmenverträge beliefen sich von Januar bis Dezember 2013 auf nur 91 Millionen Franken.


Auch Technologieunternehmen wie die Swisscom kaufen bei externen Partnern Personalressourcen ein. (Bild: Jean Jannon / pixelio.de)


Abhängigkeit von Externen statt Aufbau interner Kompetenzen

Dass heute weder Firmen noch Behörden ohne externe Spezialisten funktionieren können, ist unbestritten. Auch Technologieunternehmen wie die Swisscom kaufen bei externen Partnern Personalressourcen ein. Problematisch ist im Fall des BIT jedoch der „inhaltliche“ Umfang der Einkäufe sowie die Entscheidungsbefugnisse, welche die Externen erhalten. Wieso das BIT nicht darauf setzt, sich mittelfristig einen internen Pool von Beratern, Projektleiter, Analysten und im gewissen Umfang auch von IT-Experten aufzubauen, ist für Aussenstehende nicht nachvollziehbar. Teilweise sind die Externen sogar in die Planung weiterer Outsourcing-Aktivitäten, beispielsweise die Aufnahme der Bedürfnisse sowie die Erstellung von Spezifikationen, eingebunden. Im Klartext: Die hausinternen Expertisen und Ressourcen des BIT reichen offenbar nicht auf, um den eigenen Kundenwunsch zu formulieren. Die Abhängigkeit von Drittanbietern erhöht diese Praxis auf lange Sicht enorm.

Das BIT selbst hält die Vorwürfe für unberechtigt – das Amt habe seinen Einkauf externer Personalressourcen keineswegs vergrössert. Der vermeintliche Anstieg resultiere aus vermehrten Ausschreibungen für Technologiepartner – speziell im Vergleich zum Vorjahr, nachdem sich gezeigt habe, dass das BIT durch die Externen deutlich besser auf die Bedürfnisse seiner eigenen Kunden regieren konnte. Die Leistungen aus den Ausschreibungen würden nur bei „effektivem Bedarf“ bezogen. Der Personalbedarf vieler Projekte sei zudem nicht planbar, oft ergebe sich aus der Situation kurzfristig die Notwendigkeit, auf externes Fachpersonal zurückzugreifen.

Gründe für den Outsourcing-Trend: WTO-Recht und interne Neuausrichtung

Ein wichtiger Grund für diese „Vorratshaltung“ von Personalressourcen ergibt sich auch aus dem WTO-Recht, das für öffentliche Auftragsvergaben im Dienstleistungsbereich ab einem Auftragswert von 230.000 Franken eine offene Ausschreibung zwingend vorschreibt. Offene Ausschreibungen sind jedoch aufwändig und vor allem kostenrelevant. Allein die Kosten für die Erstellung der Ausschreibungsunterlagen könnten sich je nach Projekt auf bis zu 100.000 Franken addieren. Hinzu kommt der Aufwand auf Seiten der Bewerber-Firmen. Peter Fischer, der Chef des Informatiksteuerungsorgans des Bundes (ISB) hält den WTO-Schwellenwert für Informatikprojekte für sehr tief. Aufwand und Nutzen einer offenen Ausschreibung stünden hier erst ab einem Auftragsvolumen von ein bis drei Millionen Franken in einer akzeptablen Relation. Der Bund kann an der Situation jedoch nichts ändern, da die WTO-Regeln Vorrang vor nationalem Recht besitzen.

Die Aufgabe des ISB besteht darin, die Informatikstrategie des Bundesrates umzusetzen. In diesem Kontext übernimmt es für die Bundesverwaltung eigene standardisierte Dienstleistungen, daneben unterstützt es die einzelnen Amtsstellen und Fachabteilungen bei der Umsetzung ihrer IT-Projekte. Hierzu gehört die Ausbildung von Projektmanagern und anderem Fachpersonal ebenso wie die Sensibilisierung für riskante Schritte. Auch Peter Fischer bewertet die immer stärkere Auslagerung von Fachwissen an Externe als ein Risiko. Zwischen dem Aufbau eigener Personalressourcen und externen Auftragsvergaben müsse daher die richtige Balance gefunden werden.

Das BIT liess wissen, dass dieses Problem hausintern durchaus bekannt sei. Bedingt durch die Neuausrichtung des Amtes wurden in den Jahren 2011 und 2012 eigene Mitarbeiter nur sehr zurückhaltend eingestellt – inzwischen würden auch der interne Personalbestand sowie die internen Kompetenzen wieder ausgebaut. Nach eigenen Angaben hat das Amt 2012 etwa 20 Prozent seines Budgets für externe Mitarbeiter ausgegeben, ihr Anteil am gesamten Personal belief sich auf rund 17 Prozent. ISB-Chef Fischer sieht diese Zahlen auch im Vergleich zu privatwirtschaftlichen Unternehmen gleicher Grösse nicht als alarmierend an – trotzdem werde sein Haus ein Auge auf die künftige Entwicklung haben.

 

Oberstes Bild: © tashatuvango – Fotolia.com

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