Ideenfindung für Existenzgründer: Warum die besten Ideen nicht neu sein müssen - und wie Sie auf sie kommen

Gründer erwarten häufig von sich, „neue“ Ideen zu haben. In einem Fall ist dieser Anspruch natürlich, nämlich dann, wenn jemand Gründer wird, weil er eine interessante Idee hat und bereit ist, diese selbst zu vermarkten. Umgekehrt wird es komplexer: Vielleicht wären Sie die perfekte Gründerpersönlichkeit, ausgestattet mit allen Eigenschaften erfolgreicher Entrepreneure – aber Ihnen fehlt die einzigartige, unverwechselbare „neue “ Geschäftsidee? Auch wenn jede Businessplanvorlage den Begriff des Unique Selling Point bis zur Ermüdung wiederholt: Machen Sie sich frei von dem Gedanken, das Ei des Kolumbus finden zu müssen.

Wirklich erfolgreiche Unternehmensgründungen basieren selten auf Produkt-Revolutionen. Die meisten der ihnen zugrunde liegenden Geschäfts -„Ideen“ sind in Wirklichkeit Produkt-Evolutionen: weiterentwickelte, verbesserte, kombinierte und zielgruppengerechtere Versionen eines vorhandenen Angebots. Natürlich haben viele Menschen einen Anspruch an sich selbst, avantgardistisch zu sein und als Erfinder eines völlig originären Prinzips in die Geschichte einzugehen. Nur: Wohlhabend werden sie dabei oft nicht, da sie auch den kompletten iterativen Anpassungsprozess ihrer Idee an die marktwirtschaftliche Realität mittragen müssen.

Trösten Sie sich: Es ist genauso eine künstlerische Leistung, etwas Vorhandenes so umzugestalten, dass es tatsächlich einen vorhandenen Bedarf deckt oder einen solchen wecken kann. Nur ein Beispiel: YouTube etwa hat nicht die Idee des Videoportals erfunden, aber es so nutzerfreundlich ausgestaltet, dass es zum Emblem der Branche werden konnte. Imitation ist nichts Verwerfliches – sie ist eingebettet in die menschliche Architektur und gehört zu den Überlebensinstinkten Neugeborener; daher die Wortschöpfung Homo imitans. Entscheidend für Ihre Ideenfindung ist also, potenziell marktreife, verbesserungswürdige Produkte und Strategien zu erkennen und Ihre Kreativität auf deren Optimierung zu lenken. Wir verraten Ihnen fünf Strategien, mit denen Sie Ihren Blick für diese Marktchancen schulen und die perfekte Geschäftsidee finden.

Noch ein Wort vorab zu Ethik und Urheberrecht: Ideendiebstahl ist immer eine unfeine Angelegenheit und eine wackelige Gründungsbasis für jeden Entrepreneur. Wenn Sie auf eine einem Urheber klar zuzuschreibende Idee stossen, die vor sich hin dümpelt und deren Marktpotenzial Ihnen klar vor Augen steht, versuchen Sie eine gemeinsame Lösung zu finden. Erwerben Sie die Rechte, unter Umständen auch über stille Beteiligungsanteile – oder nehmen Sie den Urheber gleich mit in das Unternehmen auf. Meist brauchen Unternehmer Entwickler und umgekehrt. Denken Sie in diesem Kontext grosszügig; das bringt Sie immer weiter als eine reine Aneignung der Idee, selbst wenn diese juristisch durchsetzbar sein sollte.

1. Definieren Sie Ihre Vorstellung von Kreativität neu

Kreativität definiert sich nicht hauptsächlich über die Erschaffung originärer Ideen – diese Tätigkeit ist eigentlich mit dem Geniebegriff verbunden – und wer erwartet ernsthaft, dass alle Entrepreneure geniehaft sein sollten? Kreativität besteht vielmehr darin, Bestehendes auf ungewöhnliche Art zu vernetzen, Synergien und Emergenzen zu erzeugen, bei denen das frisch gedachte Ganze mehr wird als die Summe seiner Teile. Machen Sie sich frei von dem Anspruch, dass Sie nur dann kreativ wären, wenn Sie etwas nie Dagewesenes erschaffen und konzentrieren Sie sich stattdessen auf Ihre Kapazitäten, Vorhandenes überraschend zu modellieren.

ToDo: Recherchieren Sie die Produktentwicklungen von Unternehmern, Marken, Produkten, Dienstleistungen, die Sie selbst für besonders kreativ halten und identifizieren Sie, aus welchen Puzzlestücken ihrer Vorläufer und Mitbewerber sie zusammengestellt sind.

2. Denken Sie lateral

Die Voraussetzung hierfür: Eine konstante Offenheit gegenüber existierenden Modellen, Technologien, Strategien, Menschen und ihren Ideen – allerdings aus echter intellektueller Neugierde, nicht aus dem Zwang heraus, die nächste mögliche Nische oder ein marktfähiges Produkt synthetisieren zu können. Suchen Sie nicht verzweifelt nach dem zündenden Einfall, der zu Ihrer Geschäftsgrundlage werden kann. Das zwängt Ihre Phantasie in eine lineare, ergebnisorientierte Richtung. Diese müssen Sie einschlagen, sobald die Idee vorhanden ist und zum Produkt werden soll – vorher brauchen Sie einen systemischen Ansatz, bei dem Sie nichts als mögliche Inspirationsquelle ausschliessen.

ToDo: Setzen Sie sich mindestens dreimal die Woche völlig neuen Erfahrungen aus, die Ihre bisherige Inspirationsmatrix sprengen – haben Sie bis her als Erstes den Wirtschaftsteil der Zeitung gelesen? Wählen Sie jetzt das Feuilleton.


Denken Sie in Lösungen, nicht in Ideen. (Bild: JMG / pixelio.de)


3. Denken Sie in Lösungen, nicht in Ideen.

Ideen kommen von alleine, sie lassen sich nicht suchen – Probleme allerdings schon. Suchen Sie systematisch nach unerfüllten Bedürfnissen, Wünschen und Problemen innerhalb der Branche oder bei der Zielgruppe, für die Sie produzieren oder der Sie Serviceleistungen anbieten möchten. Dies setzt bei jedem Menschen automatisch einen Lösungsfindungsprozess in Gang, der zur Ideengenerierung führt.

ToDo: Setzen Sie sich detailliert mit statistischem Material zu Ihrer Zielgruppe auseinander. Lesen Sie Branchenmagazine und spezialisierte Foren, vor allem solche, in denen Fragen gestellt und Probleme diskutiert werden. Gehen Sie zu Branchentreffen und hören Sie genau zu, wo Bedarf kommuniziert und Lücken diagnostiziert werden.

4. Jonglieren Sie angstfrei mit Ihren Ideen

Viele Gründer behüten ihre Idee und diskutieren Sie höchstens mit engen (und kritikfreien) Freunden. Dies ist verständlich im Falle von technologischen Patenten, die auf ihren Eintrag warten. In allen anderen Fällen führt es zu Produkten, die unreif auf den Markt gelangen und dort erst die Korrekturphasen durchlaufen, die sie schon im Ideenstadium hätten ertragen sollen – mit wesentlich weniger Kostenaufwand.

Gehen Sie den umgekehrten Weg : Diskutieren Sie Ihre Ideen mit jedem und allen, die Ihnen über den Weg laufen und eine interessante Perspektive darauf bieten könnten. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dabei gestohlen und von jemand anders umgesetzt wird, ist extrem gering; der Gewinn bedeutend grösser. Eine Idee ist untrüglicherweise dann gut, wenn Sie bei vielen Zuhörern aus verschiedenen Hintergründen ein spontanes „Whow“ hervorruft. Ob dem so ist, werden Sie aber nur wissen, wenn Sie sie vorher streuen.

ToDo: Suchen Sie sich bewusst viele verschiedene Zielgruppen (und nicht nur die, die Sie als die Ihre bereits im Visier haben), innerhalb derer Sie Ihre Ideen diskutieren. Nutzen Sie hierfür den persönlichen Dialog, aber auch die sozialen Netzwerke. Werden Sie Mitglied in einer Bandbreite an Social Media Gruppen. Halten Sie die Reaktionen fest und fragen Sie präzise nach, was genau Ihrem Gegenüber an Ihrer Idee gefallen hat.

5. Suchen Sie Ihre Ideen in der Zukunft

Die erfolgreichsten Ideen werden nicht diejenigen sein, die in der Vergangenheit funktioniert haben, sondern die, die in der Zukunft funktionieren werden. Imitative Kreativität macht niemals den Fehler, bereits funktionierende, auf dem Markt durchgesetzte Modelle neu zu formulieren, sondern aus Ideen hinsichtlich des Kommenden, noch nicht dagewesenen, Angebote und Strategien zu destillieren.

ToDo: Umgeben Sie sich mit so vielen „gegenströmigen“ Persönlichkeiten wie möglich; Menschen, die in der Lage sind, den Fesseln des sozialen und kulturellen Status-Quo zu entkommen. In den meisten Fällen verfügen diese über wertvolle Zukunftsinformationen, die Ihnen wichtig genug erscheinen, um soziale Akzeptanz hinten an zu stellen.

 

Oberstes Bild: @ fotomek – Fotolia.com

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Mehr zu Caroline Brunner

Caroline Brunner ist freiberufliche Online-Journalistin mit Fokus auf Arbeitspsychologie, Entrepreneurship, Kommunikation, Karriereplanung, Nachhaltigkeit und Verbraucherthemen.

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