Auszubildende im Unternehmen halten

Die Altersstrukturen in den Unternehmen der Schweizer Wirtschaft sind einem Wandel ausgesetzt. Immer mehr ältere Arbeitnehmer übernehmen den Grossteil der Leistungen, jüngere Arbeitnehmer und Auszubildende werden zur heiss begehrten Mangelware. Das gilt nicht nur für die Schweiz. Wurden bislang solche Arbeitnehmerengpässe in vielen Bereichen durch qualifiziertes Personal aus dem Ausland aufgefangen, stellen sich nach dem letzten Volksentscheid zur Zuwanderung die Weichen neu.

In spätestens drei Jahren wird die Regierung die Zuwanderung begrenzen müssen, dann wird es auch für hochqualifizierte und motivierte junge Arbeitnehmer aus dem Ausland schwieriger, in der Schweiz mit Beruf und Familie Fuss zu fassen. Umso wichtiger wird es jetzt, den Auszubildenden im Unternehmen ein höheres Mass an Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

Für den Eigenbedarf ausbilden

Noch vor nur zwei Jahrzehnten konnten es sich viele Ausbildungsbetriebe leisten, fertig ausgebildete Lehrlinge auch in andere Unternehmen zu entlassen. Sowohl die genügend grosse Anzahl an Bewerbern für Ausbildungsstellen als auch die Verfügbarkeit ausreichend vieler Jobs führten zu einer gewissen Bedenkenlosigkeit bei der Profilierung als Ausbildungsbetrieb. Viele Unternehmen konnten es sich leisten, auf eigene Lehrlinge zu verzichten und rekrutierten ihren fertig qualifizierten Nachwuchs lieber aus anderen Unternehmen. Mittlerweile ist die Luft am Markt der jungen Arbeitnehmer für die Unternehmen recht dünn geworden. Die Konzentration auf ausländische Arbeitnehmer und das Vernachlässigen der eigenen Auszubildenden fordern jetzt ihren Tribut. Die Altersstruktur in den Unternehmen ist geprägt von einem zunehmend älteren Stamm an Arbeitnehmern, junge Leute wandern teilweise ins Ausland ab.

Spätestens jetzt wird es für viele Betriebe Zeit, sich selbst um den eigenen Nachwuchs zu kümmern. Die Ausbildung für den Eigenbedarf an Arbeitskräften steht in vielen Unternehmen heute mit ganz oben auf der Agenda. Je mehr Firmen sich dafür entscheiden für den Eigenbedarf auszubilden, desto mehr Firmen ohne Ausbildungsangebote werden an der schwindenden Verfügbarkeit junger Beschäftigter zu knabbern haben.

Woher Auszubildende rekrutieren?

Es gibt inzwischen eine grosse Anzahl an Unternehmen, besonders kleinen und mittelständischen Betrieben, die schon jetzt nicht mehr wissen, wie und wo sie ihre eigenen Lehrlinge finden. Hier liegen die Ursachen nicht nur im teils oberflächlichen Umgang mit Lehrstellenangeboten in der Vergangenheit. Auch das Betriebsklima liess oftmals zu wünschen übrig, was durchaus kein Grund für Eltern ist, ihren Kindern das Unternehmen schmackhaft zu machen. Erfolgreiche Unternehmen haben indes schon seit langem im Recruiting auf den Nachwuchs der eigenen Mitarbeiter geschielt. Spezielle Angebote für die Kinder Betriebsangehöriger können hier ebenso interessant sein wie gezielte Anwerbemassnahmen über die Familien der Beschäftigten. Hier liegt auch heute noch ein grosses Potential für alle Unternehmen, die händeringend nach Nachwuchs suchen.

Darüber hinaus müssen Ausbildungsbetriebe jetzt auch dorthin gehen, wo sich die Jugend bewegt. Das Internet, hier speziell die sozialen Netzwerke, Ausbildungsbörsen und Ausbildungsmessen sind die richtigen Anlaufstellen für Betriebe, die auf der Suche nach Lehrlingen sind. Längst kommt das Wildschwein nicht mehr zur Eiche – sprich der junge Mensch zum Lehrbetrieb. Der Weg funktioniert mittlerweile andersherum meist besser. Ein aktives Suchen nach Auszubildenden ist für zukunftsorientierte Betriebe unumgänglich. Schön, wenn dabei im Betrieb beschäftigte Elternteile zu Kontaktvermittlern werden können.

Anreize schaffen

Unternehmen, die Jugendliche für eine Ausbildung begeistern wollen, müssen heute andere Anreize setzen als bei anderen Generationen. Die internationale Wirtschaftswelt ist enger zusammengerückt und immer mehr junge Leute suchen ihr Glück auch im Ausland. Hier kommt es entscheidend darauf an, was ein Ausbildungsbetrieb seinen Lehrlingen über die reine Ausbildung hinaus zu bieten hat. Eine qualifizierte Ausbildung kann der deutschsprachige Schweizer nämlich auch gut in Deutschland oder Österreich finden. Dort werden Auszubildende teilweise ebenso intensiv gesucht. Also entscheidet sich die Auswahl oftmals danach, was über die Ausbildung hinaus geboten wird. Entsprechende Anreize gibt es viele. Beispielsweise eine Übernahmegarantie nach erfolgreicher Ausbildung, Sonderprämien für absolvierte Ausbildungsetappen, firmenspezifische Vergütungen in Form erhöhter Lehrlingsentgelte, besondere Zuwendungen möglicherweise in Form ermässigter Abgabe firmentypischer Produkte und Leistungen. Hier ist die Fantasie der Unternehmen gefragt. Oftmals reicht schon ein Blick in entsprechende Foren im Internet, um herauszufinden, was die künftigen Auszubildenden wollen.


Richtig spannend wird es dann, wenn die Lehrzeit der Auszubildenden dem Ende zu geht. Dann müssen Weichen gestellt werden, um zumindest die Arbeitskräfte zu halten, die das Unternehmen selbst braucht. (Bild: Rainer Sturm / pixelio.de)


Ausgelernte im Unternehmen halten

Richtig spannend wird es dann, wenn die Lehrzeit der Auszubildenden dem Ende zu geht. Dann müssen Weichen gestellt werden, um zumindest die Arbeitskräfte zu halten, die das Unternehmen selbst braucht. Dabei gilt es rechtzeitig zu agieren und nicht erst abzuwarten, welche Lehrlinge als junge Arbeitnehmer im Betrieb bleiben wollen. So zahlt es sich durchaus aus, wenn schon Auszubildende bei erreichter beruflicher Reife in verantwortungsvollere Positionen gebracht werden und dort ihre Fähigkeiten ausprobieren können. Das steigert das Selbstbewusstsein ebenso wie die Bindung an das Unternehmen. „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“, mit dieser alten Weisheit werden heute kaum noch Auszubildende für das Verbleiben im Unternehmen motiviert. Bringen Sie den jungen Leuten die Wertschätzung entgegen, die sie sich mit ihrer Lern- und Arbeitsleistung verdient haben. Damit schaffen Sie gute Voraussetzungen dafür, dass junge Leute im Unternehmen bleiben. Wenn die Umgebungsvariablen stimmen, sind günstige Betriebswohnungen, die Aussicht auf eine betriebliche Altersvorsorge und besondere sozialpolitische Massnahmen wie etwa eine flexiblere Arbeitszeit für junge Mütter und Väter auch geeignet, die Auszubildenden später im Unternehmen zu halten. Eine gute Portion Weitblick hilft hier genauso wie der genauere Blick in das Leben der Jugendlichen selbst. 

 

Oberstes Bild: @ Butch – Fotolia.com

author-profile-picture-150x150

Mehr zu Olaf Hoffmann

Olaf Hoffmann ist der kreative und führende Kopf hinter dem Unternehmen Geradeaus...die Berater.
Neben der Beratertätigkeit für kleine und mittlere Unternehmen und Privatpersonen in Veränderungssituationen ist Olaf Hoffmann aktiv in der Fort- und Weiterbildung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.
Als Autor für zahlreiche Blogs und Webauftritte brilliert er mit einer oftmals bestechenden Klarheit oder einer verspielt ironisch bis sarkastischen Ader. Ob Sachtext, Blogbeitrag oder beschreibender Inhalt - die Arbeiten des Autors Olaf Hoffmann bereichern seit 2008 in vielfältigen Formen das deutschsprachige Internet.

website-24x24
jQuery(document).ready(function(){if(jQuery.fn.gslider) {jQuery('.g-22').gslider({groupid:22,speed:10000,repeat_impressions:'Y'});}});