So trainieren Sie Ihre Entscheidungsfindung

Je mehr Verantwortung Sie tragen, desto mehr Entscheidungen kommen pro Tag auf Sie zu. Dies kann sich zu mehreren Hundert sogenannter Mikroentscheidungen (Micro Choices) summieren, von denen nur ein Bruchteil bewusst durchgespielt und unter Berücksichtigung aller möglichen Konsequenzen getroffen wird.

Diese Fülle an unbewussten Entscheidungsprozessen führt nicht selten zu einer Art „Entscheidungsmüdigkeit“, bei der Sie sich plötzlich mit einer Reihe von stark konkurrierenden Optionen konfrontiert sehen und einfach keine sinnvolle Wahl mehr treffen können.

Auch externe Bedingungen können zu einer derartigen mentalen Blockade führen. Wenn etwa die möglichen Resultate Ihrer Entscheidung ausserordentlich schwerwiegend sind und Auswirkungen auf viele Menschen und Prozesse haben werden. Oder wenn Sie ein sehr methodischer Mensch sind und einfach das Gefühl haben, dass Ihnen noch nicht genug Informationen zur Verfügung stehen, um eine wirklich intelligente Wahl zu treffen (werfen Sie dann manchmal einfach eine Münze und spielen Sie das Ergebnis geistig durch – das befreit).



Dennoch bleibt Ihnen häufig nichts anderes übrig, als auch unter solchen erschwerten Bedingungen zu einer Entscheidung zu kommen. Es ist eines der auszeichnenden Kriterien von guten Unternehmern, auch aus diesem punktuellen Vakuum heraus noch zwischen den Optionen zu wählen und dann eine davon zu exekutieren. Die folgenden vier Übungen können Ihnen bei der Entwicklung dieser Art von Selbstdisziplin helfen, die sich vor allem junge Entrepreneure oft sehr schnell aneignen müssen.

1. Vergessen Sie Ihr Image

Die unbewusste Frage „Was werden andere von mit denken, wenn ich Entscheidung x oder y treffe“ ist eines der grössten Hindernisse auf dem Weg zu einer wirklich abgewogenen Wahl. In vielen Fällen werden Sie im nach hinein feststellen, dass Sie die Entscheidung an und für sich eigentlich schon getroffen hatten, Sie sich aber aus Gründen Ihrer Reputation oder des Unternehmensimages damit zurückgehalten haben, dies vor sich selbst zuzugestehen.

Damit verlieren Sie einerseits wertvolle Zeit und andererseits auch an Vertrauen in die eigene Sachkompetenz – eine Eigenschaft, die essenziell für Ihren Erfolg ist. Fragen Sie sich bei Ihrer nächsten Entscheidungskrise also ehrlich, warum Sie noch nicht auf der einen oder anderen Seite angekommen sind. Wenn es sich nicht um einen sachgebundenen, inhärenten Grund handelt, dann tun Sie zumindest so, als ob alles andere nicht relevant wäre, um wenigstens zu einem theoretischen Ergebnis zu kommen. Ob und wie Sie dieses hinterher implementieren, ist dann immer noch der nächste Schritt.

2. Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl

Bei den meisten Entscheidungen haben Sie eine unmittelbare Intuition dafür, welche Option die günstigere wäre. Erst Millisekunden danach fängt Ihre Ratio an, die zur Verfügung stehenden Daten logisch gegeneinander abzuwägen, um eine „fundierte“ Entscheidung zu treffen. Neuro-kognitive Tatsache ist jedoch: Diese blitzartigen Eingebungen sind mitnichten ein Ratespiel, mit dem Ihr Unterbewusstes Sie aufs Glatteis führen will. Stattdessen stellt es Ihnen in diesem vorbewussten Moment alles an entwicklungsgeschichtlicher und biografisch gewonnener Weisheit zur Verfügung, über die es verfügt – und damit sprechen wir von einer unermesslich wertvollen und komplexen Ressource.

Wenn das nächste Mal Ihre Intuition anspringt, wagen Sie das Experiment, auf sie zu hören und ihre Empfehlungen durchzuspielen, so absurd sie auf den ersten Blick zu sein scheinen. Auf Ihre Vernunft können Sie sich anschliessend immer noch verlassen. Wenn deren innerer Zensor aber erst Mal die Oberhand gewonnen hat, steht Ihnen Ihr Bauchgefühl als Entscheidungsbarometer nicht mehr zur Verfügung.

3. Warten Sie ab, bevor Sie sich Hilfe suchen – und geben Sie dann die Spielregeln vor

Es könnte Sie sonst in das sogenannte „Wahlparadox“ treiben: Statt Ihnen tatsächlich Hilfe bei der Entscheidungsfindung als Prozess zukommen zu lassen, tendieren die meisten Menschen dazu, noch mehr mögliche Alternativen zu listen – und damit die Entscheidung schwieriger statt leichter zu machen, weil nun wiederum mehr Optionen berücksichtigt sein wollen. Wenn Sie sich Hilfe suchen, dann machen Sie deutlich, dass Sie bereits wissen, zwischen was Sie sich entscheiden müssen und nur noch Hilfe bei der Beleuchtung der zur Verfügung stehenden Module brauchen.

4. Machen Sie sich Ihren ethischen Standpunkt klar

Häufig können Manager oder Unternehmer eine Wahl nicht treffen, weil diese in ihnen verschiedene Persönlichkeitselemente anspricht, die aus moralischen Erwägungen respektive unterschiedliche Entscheidungen treffen würden. Meist hilft es bereits, sich dies transparent zu machen und die existierenden „Personen“ zunächst gleichberechtigt ihre Positionen vorbringen zu lassen, statt die eine aufgrund von Angst vor unangebrachter Emotionalisierung nicht zu Wort kommen zu lassen.

Häufig findet sich danach ein Kompromiss, mit dem nicht nur alle zufrieden sind, sondern der auch noch einen ansonsten unbeachteten Aspekt der Gesamtsituation beleuchtet und berücksichtigt. Die Grundregel sollte immer und unter allen Umständen lauten: So sehr Sie auch Geschäftspartnern, Kunden und Investoren mit Ihrer Entscheidung entgegenkommen möchten, bleiben Sie authentisch.

Unser ganzes Sein wehrt sich dagegen, eine Wahl treffen zu sollen, die unserem innersten Wertekodex widerspricht. Selbst wenn Sie es tun, werden Sie sich danach nicht wohlfühlen – und das wiederum wirkt sich im zweiten Schritt auf Ihre Bereitschaft aus, Ihre Wahl in die Tat umzusetzen und mit den sich daraus ergebenden Tatsachen auch zu leben.

 

Oberstes Bild: Mehrere kleine und große Entscheidungen werden im Laufe des tages getroffen (Bild: © ra2 studio – Fotolia.com)

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Mehr zu Caroline Brunner

Caroline Brunner ist freiberufliche Online-Journalistin mit Fokus auf Arbeitspsychologie, Entrepreneurship, Kommunikation, Karriereplanung, Nachhaltigkeit und Verbraucherthemen.

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